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070 - Komplott der toten Moerder

070 - Komplott der toten Moerder

Titel: 070 - Komplott der toten Moerder
Autoren: Fritz Steinberg
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bedeutete Corson und den beiden uniformierten Polizisten, sich nach vorne zu setzen. Er wolle mit dem Festgenommenen allein reden.
    Er stand schweigend vor der kläglichen Gestalt, als seine Beamten gegangen waren.
    „Wir wissen alles über Paris und Düsseldorf“, sagte er ruhig.
    „Alles?“ Der ausgemergelte Mann richtete sich etwas auf. „Sie wissen nicht einmal den Anfang, Polizist.“
    „Die Frau auf dem Montparnasse. Die andere Frau in dem Schloßpark. Die Frau aus dem Zug, die Sie dann auf einem Düsseldorfer Friedhof beinahe umgebracht hätten. War das nicht Ihre … Arbeit?“
    „Meine?“
    Plötzlich mußte sich Superintendent Albert Thomas gegen die Wand des Wagens stützen: Ein Schwindelanfall – so etwas wie ein leises Sirren, das seinen Kopf erfüllte. Er bildete sich ein, rauschende Baßgongs und einen schauerlichen, näher kommenden Gesang zu hören. In diesem Augenblick erinnerte er sich nicht an den Bericht, den er eine halbe Stunde vorher telefonisch aus Düsseldorf erhalten hatte. Er begriff nur instinktiv, daß er in Gefahr war. Er stemmte sich mit seiner ganzen Willenskraft gegen die merkwürdigen Empfindungen. Dann fiel ihm auf, daß die Umrisse des Gefangenen mehrere Male für Sekundenbruchteile vor seinem Blick verschwammen, bis der Mann doppelt dazusitzen schien.
    Ein Ächzen kam aus Thomas’ Mund. Er mobilisierte seine letzten Kräfte. Und während er das tat, fing er den Blick des Gefangenen auf. Es war ein triumphierender Blick.
    Thomas hörte tief in sich, wie der schauerliche Chorgesang näher und näher kam. Das Doppeltsehen kam wieder und blieb. Er spürte, wie ihn etwas berührte … kalt, schleimig, nicht von dieser Welt. „Sie sind Jack the Ripper!“ rief Thomas in höchster Bedrängnis.
    Der Chorgesang, das Doppeltsehen und die gräßliche Berührung hörten mit einem Schlag auf, als seien sie nie dagewesen.
    „Sie sind Jack the Ripper!“ wiederholte er langsam.
    Der schmutzige, abgerissene Gefangene kreuzte mit einer eleganten Bewegung, die zu seinem Äußeren nicht im geringsten paßte, seine Arme vor der Brust und schlug beide Beine übereinander. „Ich bin Jack the Ripper“, sagte er. „Und was wollen Sie nun damit anfangen, Polizist? Wenn Sie darüber auch nur ein Wort zu anderen sagen, wandern Sie ins Irrenhaus.“
    „Ich habe nicht die Absicht. Aber überlegen Sie mal, was man mit Ihnen tun wird, wenn ich wahrheitsgemäß die Presse wissen lasse, daß Sie Jack the Ripper zu sein behaupten? Nein, so kommen wir nicht weiter.“
    „Was mich betrifft, ich bin nicht scharf darauf, weiterzukommen, wie Sie das nennen. Wenn Sie den Mann, dessen Körper ich augenblicklich benutze, zu lebenslänglich oder zum Tode verurteilen lassen, oder wenn er in ein Irrenhaus eingeliefert wird, dann bin ich schon längst in einem anderen Menschen, den Sie nicht kennen.“
    „Zwei Fragen, Jack the Ripper!“
    „Fragen können Sie ja. Ob ich antworte, steht auf einem anderen Blatt.“
    „Erstens“, sagte Thomas. „Haben Sie eine Erklärung für das, was mit Ihnen geschehen ist? Ja, ich weiß – Neonstrahlen. Aber weshalb gerade Sie und Ihresgleichen? Weshalb nicht Albert Einstein? Christus? Kaiser Karl der Große?“
    Das abgezehrte Gesicht verzog sich. „Weil wir in der Hölle so eine Art Elite bilden, nehme ich an. Obwohl zum Beispiel Kaiser Karl der Große ein paar tausend Menschen mehr umgebracht hat als ich.“
    „Elite der Hölle? Wissen Sie denn, wie die Hölle aussieht?“
    „Ich weiß es. Aber Sie können von mir keine Schilderung erwarten. Schneiden Sie doch auch ein paar Frauen kaputt, Polizist. Dann werden Sie es schon sehen.“
    „Zweite Frage. Wer sind Sie?“
    „Ich bin Jack the Ripper.“
    „Sehr witzig! Welcher wirkliche Name verbirgt sich dahinter?“
    Der Unbekannte lehnte sich zurück und lachte Thomas ins Gesicht. „Nein, mein Lieber. So machen wir das nicht, wie Sie es sich gedacht haben. Der berühmte Verbrecher der Neuzeit, nie gefaßt – und Sie lösen den Fall nach fünfundachtzig Jahren? Fast tut es mir leid für Sie – aber so geht es nicht. Jack the Ripper wird immer Jack the Ripper bleiben, und wenn ihr alle vor Neugier platzt!“
    Der Wagen bremste stark ab und hielt mit einem Ruck. Thomas riß die Tür auf und sah hinaus. Vor ihm tauchte ein dunkelgesichtiger Mann mit Kraushaar auf, in dessen Hand ein Messer blitzte. Thomas machte instinktiv eine blitzschnelle Abwehrbewegung – und das Messer fuhr nicht in seine linke Brustseite,
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