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0699 - Schule des Satans

0699 - Schule des Satans

Titel: 0699 - Schule des Satans
Autoren: Claudia Kern
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führt, hat jemand die Worte »filii noctis« in den Stein geritzt…
    ***
    Alex war misstrauisch. Dass der hochgewachsene, dunkelblonde Gastdozent, den Direktor Pearce als Professor Zamorra vorgestellt hatte, genau zu diesem Zeitpunkt aufgetaucht war, erschien ihm seltsam. Ein Zusammenhang mit den Ereignissen der letzten Tage war nicht auszuschließen, deshalb nahm sich der Teenager vor, den Professor erst einmal zu beobachten. Sie mussten vorsichtig sein, denn der Feind konnte überall lauern.
    Wenigstens ist die Zeit auf unserer Seite , dachte er.
    Alex’ Gedanken kehrten zum Unterricht zurück. Zamorra hatte ein Thema gewählt, das außerhalb des Lehrplans lag. Er sprach über das römische Reich und die Menschen, die darin gelebt hatten. Er konzentrierte sich nicht auf Feldzüge und Cäsaren, sondern auf das alltägliche, ganz normale Leben. Und darin war er gut. Wäre es nicht vollkommen unmöglich gewesen, hätte der Teenager angenommen, Zamorra habe das alte Rom tatsächlich einst gesehen.
    ... Woher sollte er auch wissen, dass dem tatsächlich so war? Dass Zamorra bei seinen Zeitreisen in die Vergangenheit wirklich und leibhaftig öfters im antiken Rom gewesen war? Und -zwar dabei nicht in Rom, aber er war sogar dabei gewesen, als die Schriften der Sibylle von Cumae verbrannten, dieser antiken weissagenden Hexe… [1]
    Vor Alex’ Augen entstand das Bild einer antiken Welt, so wie die Händler in den Straßen Roms und die Legionäre in fernen Ländern sie empfunden hatten. Der Professor hatte anfangs noch etwas unsicher gewirkt, aber mit jeder Geschichte, die er über Seuchen im griechischen Viertel oder die Ausbildung von Gladiatoren erzählte, wuchs das Interesse im Klassenraum. Und das merkte auch Zamorra, denn er nahm sich Zeit, um die Ereignisse auszuschmücken und gestaltete sie damit so plastisch, dass der Teenager seinen eigentlichen Plan - die Erniedrigung eines weiteren Lehrers - beinahe vergaß.
    »Stellt euch einen Legionär vor«, sagte Zamorra gerade, »der auf dem Weg nach Hause ist. Das Jahr ist 242 vor Christus. Er und seine Kameraden haben gerade Sizilien unterworfen und…«
    »241«, unterbrach ihn Alex rasch. »Das ist das Jahr, in dem die Römer Sizilien eroberten.«
    Er genoss es, als alle Schüler sich zu ihm umdrehten und er ganz im Mittelpunkt des Interesses stand. In einigen Gesichtern, vor allem in Prasads, sah er ungläubiges Staunen. Jeder wusste natürlich, dass diese Stunde nicht Teil des Lehrplans war und sich daher auch nicht in den Datenbänken befand. Mit seinem kurzen Kommentar hatte er seine Legende um ein weiteres Stück vergrößert.
    Der Gastlehrer nickte. »Natürlich. Sizilien wurde 241 unterworfen. Vielen Dank für die Korrektur.«
    Dann fuhr er mit seiner Geschichte fort und Alex hätte sich am liebsten selbst einen Tritt gegeben. Er hatte sich austricksen lassen, hatte nur für einen kurzen Moment der Bewunderung preisgegeben, dass sein Wissen nicht aus den Datenbänken stammte. Damit hatte er seinen Feinden bewiesen, dass tatsächlich mehr hinter seinem Wissen steckte, als ein einfacher Betrug. Die falsche Jahreszahl war eine Falle, in die er blind hineingestolpert war. Er musste lernen, vorsichtiger zu werden.
    Es wunderte Alex nicht, dass Zamorra bis zum Ende der Stunde keine einzige andere Jahreszahl erwähnte.
    Der Teenager stand auf, als der Glockenschlag den Unterricht beendete und gesellte sich zu Jimmy und Mort. »Mit diesem neuen Lehrer stimmt etwas nicht«, sagte er leise. »Ich glaube, dass Pearce ihn auf uns angesetzt hat.«
    Mort warf einen verstohlenen Blick auf Zamorra, der sich an das Pult gelehnt hatte und die Fragen einiger Schüler beantwortete. »Wieso sollte der Direktor extra einen Lehrer aus Frankreich holen, um das zu tun?«
    »Und wenn er kein Lehrer ist?«, fragte Jimmy zurück. »Mein Vater sagt, dass manche Menschen nur vorgeben, etwas zu sein, aber in Wahrheit auf diese Weise deine Geheimnisse ausspionieren wollen.«
    Dein Vater muss es ja wissen, dachte Alex. Laut sagte er: »Das lässt sich herausfinden.«
    Wozu gab es schließlich das Internet?
    ***
    »Das gibt Ärger«, seufzte Norman, als sie wieder in seinem Büro waren. »Das Internet ist für die meisten hier so wichtig wie die Luft zum Atmen.«
    »Dann müssen sie die Luft halt für ein oder zwei Tage anhalten«, sagte Nicole, von der die Idee, das komplette Netz abzuschalten, stammte.
    Zamorra nickte. »Alexander ist nicht dumm, das hast du selbst gesagt. Früher oder
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