Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0690 - Rückkehr zur Zentaurenwelt

0690 - Rückkehr zur Zentaurenwelt

Titel: 0690 - Rückkehr zur Zentaurenwelt
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
Tradition fortführen wollten. Es ist nicht gut, wenn ein Magischer oder ein Mensch allein an der Spitze Sans steht. Das gesamte Volk muss sich repräsentiert fühlen.«
    Das klang für Zamorra wie eine auswendig gelernte Erklärung, aber er unterbrach den jungen Zentauren nicht.
    »Wir haben Boten in die Dörfer und Städte geschickt und nach den Weisesten Ausschau halten lassen. So haben wir einen menschlichen und einen magischen Fürsten gefunden.«
    »Und was ist mit dem dritten?«
    »Da wir nicht wussten, woraus die dritte Fürstenfamilie bestand, haben wir uns für einen religiösen Fürsten entschieden, der dafür sorgen soll, dass kein wichtiger Gott bei den Feiertagen übersehen wird und wir nicht versehentlich ein Tabu bei unseren Anordnungen verletzen.«
    »Eine logische Entscheidung«, stimmte Zamorra zu, was den Zentauren zu freuen schien. Er warf Rekoc einen kurzen Blick zu, als wolle er ihm sagen: Siehst du, ich weiß doch, wie man mit dem Menschen redet.
    Tatsächlich fand Zamorra diese Idee - mochte sie von Habsul-Kornadrusimlak selbst oder von Rekoc stammen - für gut. Sie erinnerte ihn an die antiken Römer und ihr »Standbild des Unbekannten Gottes«, das sie errichtet hatten, um keinen Gott zu verärgern, der zwar irgendwo existierte, von dem sie aber -noch - keine Kenntnis besaßen. Dies war vor allem wichtig in einer Zeit, da ständig neue andere Völker oder Volksstämme entdeckt und möglichst unterworfen wurden; auch die Sklaven oder anderen Nationen entstammenden Legionäre sollten zu ihren eigenen Göttern beten können. Das schuf Vertrautheit, Respekt und sogar Toleranz. Welcher Gott es auch gerade sein mochte - jeder mochte sich in dem Standbild repräsentiert fühlen.
    Etwas, dachte Zamorra, von dem wir modernen Gegenwartsmenschen, gleich welcher Religion wir angehören, durchaus lernen sollten…
    Vage entsann er sich, dass die Zentauren einst irgendwie mit Rom zu tun gehabt hatten, ehe es sie nach San verschlug… vielleicht war Habsul-Kornadrusimlaks Idee vor diesem Hintergrund entstanden?
    Zamorra griff nach einem Stück Fleisch in einer der Schüsseln, aber von einem anderen Tisch schoss ein langer Tentakel hervor und schnappte es ihm unter den Fingern weg. Überrascht sah der Parapsychologe auf.
    Am hinteren Teil der Tafel saß ein Oktopuswesen, das den Tentakel gerade wieder einrollte und sich das Fleischstück in den vogelartigen Schnabel schob. Nur Sekunden später wiederholte es das Spiel an einem anderen Tisch.
    Nicole grinste. »Wir hätten Fooly mitnehmen sollen. Ein solches Fest wäre ganz nach seinem Geschmack.«
    »Ja, aber wer baut nachher den Palast wieder auf?«
    Seine Gefährtin wollte etwas entgegnen, aber beide bemerkten in dem Moment einen Soldaten, der an die Tafel trat und Rekoc etwas ins Ohr flüsterte. Der Geheimdienstchef hob die Augenbrauen und stellte leise eine Frage. Nach der Antwort des Soldaten nickte er.
    »Es scheint so, als hielte auch der heutige Tag noch Überraschungen bereit«, sagte Rekoc etwas lauter. »Ich freue mich, dass noch ein weiterer Gast den Weg zu diesem Fest gefunden hat.«
    Er deutete zur Tür.
    Zamorra und Nicole drehten sich um. Der Soldat, der mit Schild und Speer den Eingang bewachte, trat respektvoll einen Schritt zurück und gab den Weg in den Saal für eine Frau frei, die beide Menschen kannten.
    »Nefir«, sagte Nicole überrascht.
    ***
    Die Kriegerin betrat den großen Festsaal, in dem es langsam ruhig wurde. Ihr Blick streifte die Diener, die hektisch zwei weitere Stühle an den Ehrentisch brachten, die Flugdrachen vor den Fenstern und die Gäste, von denen sie die meisten kannte.
    Nur die Namen wollten ihr nicht einfallen, als sie mit kleinen Schritten bis zu ihrem Stuhl ging und sich niederließ. Jetzt erst lockerte der Meister den Griff um ihren Arm und setzte sich ebenfalls.
    Ein junger Zentaur gab zuerst ihr, dann dem Meister die Hand. Er sagte etwas, das Nefir durch den Nebel in ihrem Geist kaum verstehen konnte. Es klang wie eine Begrüßung. Sie nickte vage, ohne zu antworten.
    Neben dem Zentauren saß ein Mann, der sie mit bestürztem Blick ansah. Sie erkannte ihn wieder - und wusste auch seinen Namen.
    Zamorra, dachte sie. Dieser Mann war der Anlass, aus dem sie ihre Wanderung angetreten hatte, obwohl er selbst natürlich nichts davon wissen konnte. An jenem Tag, als die Zentaurenarmee gegen San Lirri ritt, hatte die Kriegerin versucht ihn zu töten. Das war ein Fehler, den sie auf ihrem Weg in die Wüste hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher