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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl
Autoren: Edgar Wallace
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hältst.«
    »Gerade weil er etwas von Chemie versteht«, lächelte Reef. »Bei meinen Minengeschäften werden mir oft die abenteuerlichsten Pläne unterbreitet. Da ist mir ein Mann sehr wertvoll, der mir genau die geologischen Formationen angeben kann, aus denen ein Mineral stammt.«
    Er hatte die Hand auf der Türklinke, als Frensham ihm nachrief: »Einen Augenblick, Julian! So eilig hast du's wohl nicht. Natürlich berührt mich nicht im geringsten, was dieser Mensch von Ursulas Geld angedeutet hat. Aber — es ist doch wohl alles in Ordnung, wie? Ich habe neulich die Liste der Papiere überprüft. Sie scheinen ziemlich gut und sicher.«
    Julians Ausdruck um den Mund verriet jetzt gutmütigen Ärger.
    »Soviel ich weiß, hat Ursula ihre Halbjahresdividenden pünktlich erhalten«, grollte er. »Aber natürlich, wenn du dem Rat des ›gerissenen Kerls‹ folgen willst — dieser Bursche wird auf seine alten Tage schrecklich ehrlich und bedenklich! —, dann schicke ruhig deinen Buchhalter zu mir, mein lieber Onkel, und laß ihn die Papiere mitnehmen oder gib sie einer Bank —«
    »Red keinen Unsinn!« unterbrach Frensham hastig. »Kein Mensch hat behauptet, daß du das Vermögen nicht genauso verwalten kannst wie irgendeine Bank. Du hast doch keins der Papiere ausgetauscht?«
    »Natürlich habe ich sie ausgetauscht!« rief Julian heftig. »Wenn ich sehe, daß eine Aktie unrentabel wird, stoße ich sie ab und kaufe eine günstigere. Ich habe mir über Ursulas Geld in diesem letzten Jahr mehr den Kopf zerbrochen als über alle meine eigenen Geschäfte. Als ich zum Beispiel die erste Nachricht von der Baisse in Brasilien erhielt, verkaufte ich die Brasilianischen Eisenbahn-Aktien, ehe der Markt flau wurde. Damit habe ich ihr über tausend Pfund gerettet. Du wirst dich auch erinnern, daß ich dir mitteilte, daß ich die Spanischen Straßenbahn-Aktien —«
    »Ich weiß, ich weiß«, unterbrach Frensham ihn eilig. »Es liegt mir fern zu behaupten, daß du das nicht glänzend gemacht hast. Nur, sieh mal, Julian, ich bin ein armer Mensch und nicht sehr vorsichtig. Aber ich muß an Ursulas Zukunft denken.«
    Damit verließ ihn Mr. Julian Reef. Auf dem Weg zu seinem Büro überlegte er, was wohl geschehen wäre, wenn der Onkel seinen Vorschlag angenommen und Ursulas Vermögen in die Hände eines tüchtigen Bankiers gelegt hätte. Denn die Aktien im Wert von sechzigtausend Pfund, die er für sie verwaltete, waren durchaus kein pures Gold mehr.

3
    Ursula Frensham hatte ein kleines Auto, und Lord Frenshams Villa in Hampstead bot ihr willkommene Gelegenheit, das Haus in London nach Belieben zu verlassen. Sie kannte Tonys Gewohnheiten. Er war ein leidenschaftlicher Fußgänger. Wenn er ihren Vater im Büro in der City besuchte, pflegte er seinen Wagen vorauszuschicken und ließ ihn an der Parkecke in der Avenue Road warten. Er hatte die Hälfte der Fitzjohn Avenue zurückgelegt, als Ursula in ihrem Zweisitzer in die Straße einbog und ihn anrief. Er drehte sich mit einem solchen Ruck um, daß sie gewahr wurde, daß sie ihn aus tiefstem Sinnen aufgestört hatte.
    »Steigen Sie ein — Sie Kampfhahn«, gebot sie ernst.
    »Ich bin zwar allerhand«, erwiderte er und setzte sich an ihre Seite, »aber ein Kampfhahn bin ich nicht. Ist es übrigens nicht ein bißchen komisch, mit einem Zylinder in einem Sportwagen zu thronen?«
    »Sie können ja tun, als ob Sie der Hausarzt wären«, entgegnete sie schlagfertig. »Aber wirklich, Tony, Sie haben mich sehr gekränkt. Vater ist wütend. Der arme Julian!«
    »Ich schäme mich sehr«, gestand er. »Meine alten südafrikanischen Unsitten hängen mir noch schrecklich an.«
    »Ja, Sie sind ein Barbar«, zürnte sie. »Was ist denn los, Tony? Womit haben Sie denn alle so erbittert? Ich weiß ganz genau, daß Sie Julian gereizt haben. War es wegen meines Geldes?«
    Er blickte sie verdutzt an. »Haben sie Ihnen das gesagt?« fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, ich hab's geraten«, sagte sie ruhig. »Ich mache mir auch Sorgen, Tony — nicht meinetwegen, aber ich glaube, wenn mit meinem Geld etwas geschähe, das würde wohl Vaters Ende sein. Sie müssen bedenken, der arme liebe Mann hat sein ganzes Leben lang geschuftet und sich abgerackert. Der Titel hat ihm nichts eingebracht als alte Landhäuser voller Hypotheken und böswilliger Pächter. Tatsächlich versteht Väterchen nichts von Geschäften.«
    »Und Julian?« fragte Tony und blickte gerade vor sich hin.
    Eine Weile blieb sie die
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