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0686 - Engel der Finsternis

0686 - Engel der Finsternis

Titel: 0686 - Engel der Finsternis
Autoren: Claudia Kern
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gegen einen Baumstamm. »Und dieses Problem schleppt ihr seit hundertsechzig Jahren mit euch herum. Er ist da draußen, ihr seid hier drin. Eins muss man diesem Hanhepi lassen: Hartnäckig ist er.«
    »Er hofft, dass die Barriere eines Tages fallen wird. Sie ist nur so stark wie ich. Es ist schon passiert, dass Menschen sie durchbrochen haben. Dein Flugzeug war seit langer Zeit wieder der erste Kontakt.«
    Zamorra dachte an den Cadillac, den er im Stall gefunden hatte. Damit hatte wohl auch jemand die unsichtbare Wand durchdrungen.
    »Und was macht ihr mit den Leuten, die so nach Paradise Lost kommen?«, fragte er mit einem gewissen Eigeninteresse.
    Der Indianer lächelte und zeigte damit, dass er verstand, worauf die Frage abzielte. »Ich glaube, dass das Leben dieser Leute dem Krähengott geweiht ist und sie deshalb hierher gekommen sind. Normalerweise bemühen sich Katherine und die anderen, sie so schnell wie möglich in die Dorfgemeinschaft zu integrieren und sie ihre alte Welt vergessen zu lassen. In deinem Fall ist das leider misslungen. Es ist schon zu lange her, dass sie das tun mussten. Sie wissen nicht mehr, wie es ist, mit jemandem in einem Dorf zu leben, der sie verletzen oder gar töten kann: Das macht ihnen Angst.«
    »Verständlich«, sagte Zamorra leise. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es sein musste, in dieser völligen Sicherheit zu leben ohne die Furcht, krank zu werden, sich zu verletzen oder zu sterben. Ein Leben ohne Risiken, isoliert von der Welt. Kein Wunder, dass sein Auftauchen ihnen einen solchen Schock versetzt hatte.
    Der Parapsychologe sah den Priester einen Moment lang an. »Du wirst mich nicht gehen lassen, richtig?«
    »Ich kann dich nicht gehen lassen. Wenn ich die Barriere öffne, dringt Hanhepi ein und tötet uns alle. Ich werde dich auch nicht bitten, ihn zu töten, denn es ist meine Schuld, dass der Krähengott ihn verlassen hat. Ich will nicht noch mehr Fehler begehen.«
    Das war eine Überraschung, denn Zamorra war sich sicher gewesen, dass Wakinyan das Thema früher oder später ansprechen würde.
    »Aber wie sonst könnte ich dir helfen?«, fragte er.
    »Ich möchte -«
    »Da ist er!«, schrie eine Stimme plötzlich.
    Zamorra fuhr herum und sah Fackeln zwischen den Bäumen aufleuchten. Einige der Dorfbewohner, die sich mit Mistgabeln und Äxten bewaffnet hatten, kamen aus dem Wald hervor und liefen auf ihn zu. Sie sahen aus wie ein Lynchmob.
    Mit einem Fluch kam der Dämonenjäger auf die Beine.
    »Wenn du mich so lange hier festhalten wolltest, bis sie mich finden, dann ist dir das gelungen«, sagte er verärgert und schwang sich auf das Pferd.
    Wakinyan schüttelte den Kopf. »Nein, ich…«
    Zamorra hörte ihm nicht mehr zu. Vielleicht hatte der Indianer wirklich nichts von dem Suchkommando gewusst, doch er war nicht bereit, sich auf diesen Verdacht hin von einer Mistgabel aufspießen zu lassen.
    Er gab dem Pferd die Sporen und ritt im gestreckten Galopp auf den Wald zu.
    Die wütenden Rufe der Menge folgten ihm.
    ***
    Katherine legte den Kopf in den Nacken und sah auf zu Wakinyan, der über ihr schwebte. Sie glaubte nicht, ihn jemals so wütend gesehen zu haben. Unwillkürlich dachte sie an die Bilder biblischer Racheengel, die ihr als Kind soviel Angst gemacht hatten.
    »Wieso tut ihr das?«, rief er den Dorfbewohnern zu. »Der Krähengott hat diesen Mann auserwählt. Wie könnt ihr es wagen, ihn zu jagen wie ein Tier?!«
    »Er hat mich geschlagen!«, schrie Howard zurück. »Vielleicht sterbe ich sogar daran!«
    Katherine wusste, dass er nicht daran sterben würde, aber viele andere hatten ihre früheren Leben bereits so stark vergessen, dass sie den Unterschied zwischen einem Kratzer und einer tödlichen Wunde nicht mehr erkennen konnten.
    »Der Krähengott selbst wünscht diesem Mann den Tod«, sagte jemand in der Menge.
    Wakinyan schwang sich in der Luft in seine Richtung. »Woher willst du wissen, was der Krähengott wünscht, Pete? Er spricht durch mich, durch niemand sonst.«
    Die Menge wurde ruhig. Einige senkten die Köpfe, andere wandten sich mit betretenen Gesichtern ab.
    Katherine schluckte, als der Priester sie ansah, aber es war zu spät, um nach Ausflüchten zu suchen. Sie musste Wakinyan die Wahrheit sagen.
    »Er hat zu mir gesprochen«, gestand sie.
    Der Priester schwebte zu Boden und blieb vor ihr stehen.
    »Du hast das Ritual allein durchgeführt?«
    »Ja.«
    »Und er hat zu dir gesprochen?«
    »Das stimmt«, log Katherine. Sie hatte zwar das
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