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0686 - Engel der Finsternis

0686 - Engel der Finsternis

Titel: 0686 - Engel der Finsternis
Autoren: Claudia Kern
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dem Konzept geworfen und er hatte darüber nachdenken müssen, wo er die Geschichte anfangen sollte.
    »Hör mir zu«, sagte der Indianer.
    ***
    Hanhepi schlich durch das Unterholz. Sein feines Gehör nahm die Stimmen zweier Menschen wahr, die sich in einiger Entfernung unterhielten. Er hätte zu gerne gewusst, worüber sie sprachen, aber er konnte keinen Zauberspruch durch die Barriere schicken. Also musste er noch näher heran.
    Eigentlich ging er damit kein großes Risiko ein, denn Wakinyan konnte ebenso wenig auf diese Seite durchdringen wie er auf die andere. Und selbst wenn, hätte er ihn nicht töten können.
    »Der Frust der Unsterblichkeit«, murmelte Hanhepi sarkastisch. »Manche können noch nicht einmal mehr töten, wen sie möchten. Was -«
    Er unterbrach sich, als er in der Dunkelheit zwei Menschen ausmachte, die im Gras saßen und miteinander sprachen. Den einen erkannte er sofort. Es war Wakinyan, der seine Schwingen auf dem Rücken zusammengefaltet hatte. Aber wer war der andere?
    Hanhepi flüsterte einen Zauberspruch, um die Geräusche, die er im Wald machte, zu dämpfen. Vorsichtig schlich er bis an den Rand der Barriere. Er kniff die Augen zusammen und starrte so konzentriert in die Dunkelheit, dass sie nach einer Weile zu tränen begannen.
    Aber so sehr er sich auch anstrengte, er konnte den Mann, der Wakinyan gegenübersaß, nicht erkennen -obwohl er ihn deutlich genug sah.
    Hanhepi kannte ihn nicht, war ihm noch nie zuvor begegnet.
    Der zweite Überlebende, dachte er plötzlich. Wakinyan redete mit dem Fremden, der die Barriere verändern wollte. Die Stimme des Priesters klang jedoch nicht so, als würde er den Weißen zurechtweisen.
    Hanhepi wich langsam von der Barriere zurück und tauchte zwischen den Bäumen unter.
    Seine Gedanken überschlugen sich. War es möglich, dass Wakinyan das Flugzeug absichtlich hatte abstürzen lassen, um den Fremden auf die andere Seite zu holen?
    Hanhepi bezweifelte zwar, dass er die Macht dazu hatte, aber sein verfluchter Krähengott hatte ihm möglicherweise geholfen. Plante der Priester vielleicht sogar, die Kontrolle über die Barriere an den Fremden zu geben, um seine eigenen magischen Kräfte zu befreien?
    Hanhepi schwang sich in die Luft, als die Bäume weniger wurden und er genügend Platz hatte, um seine Flügel auszubreiten.
    Egal, welche seine Theorien stimmte, eins war völlig klar: Wakinyans Pläne gingen ohne den Fremden nicht auf, so wie seine ohne Smith zum Scheitern verurteilt waren.
    Hanhepi wusste, dass die Zeit zum Handeln gekommen war.
    Der zweite Überlebende musste sterben.
    ***
    Duane schlief.
    In seinen Träumen war er jung und die Welt breitete sich vor ihm aus wie das große offene Land, das er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern durchquerte. Tief im Inneren wusste er, dass es die Zeit, an die er dachte, nie gegeben hatte.
    Die Tage und Nächte auf dem rum pelnden Planwagen waren nicht erfüllt gewesen mit der Freude der Freiheit, sondern mit der Angst vor dem Tod. Aber das störte Duane nicht, denn nur in diesen Träumen war er glücklich.
    Dann dachte er nicht an seinen alternden, unsterblichen Körper und an das schreckliche Schicksal, das seine Schwestern ereilt hatte. Er dachte auch nicht an Wakinyan und seinen zögerlichen Entschluss, Katherines Bitten nachzugeben. Wenn er nicht gewesen wäre…
    Duane drehte sich im Schlaf unruhig auf die Seite, als könne er so die Bilder vertreiben, die sich ihm plötzlich aufdrängten.
    Aber sie kamen trotzdem.
    Er sah seine Mutter wieder vor dem Planwagen liegen, wo sie sich im Fieberwahn hingeschleppt hatte. Wenn Duane nur ein wenig älter gewesen wäre, hätte er ihren Körper zurück in den Wagen tragen können, aber so blieb ihm nichts anderes übrig, als eine Decke über ihr auszubreiten und sie so warm wie möglich zu halten. Sie redete kaum noch mit ihm, schrieb aber weiter in ihr Tagebuch, das sie wie einen Schatz hütete.
    Im Wagen schrien und husteten die Zwillinge. Auch sie hatten Fieber Duane wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war bis auch er sich ansteckte. Er hatte sich in seinem kurzen Leben noch nie so verlassen gefühlt.
    Und dann standen sie vor ihm.
    Die Engel der Finsternis.
    So zumindest hatte seine Mutter sie genannt, als sie die beiden geflügelten Indianer erblickte. Duane hatte ihnen keinen Namen gegeben. Er kletterte nur voller Panik in den Planwagen und zog das Gewehr hervor, das seinem Großvater gehört hatte. Angeblich hatte der damit vor langer
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