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0679 - Der Blutbrunnen

0679 - Der Blutbrunnen

Titel: 0679 - Der Blutbrunnen
Autoren: Jason Dark
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Ich hatte auch zuvor keinen Menschen außer mir auf dem Parkplatz gesehen.
    Entweder war der andere später gekommen oder er hatte bereits hier zwischen den Fahrzeugen oder unter den Bäumen gelauert.
    Ich drehte mich um.
    Es war eine langsame Bewegung. Ich wollte, falls tatsächlich jemand hinter mir stand und mir feindlich gesinnt war, ihm keine Gelegenheit geben, mich anzugreifen.
    Es war der Schatten, der vor mir aus dem Schnee in die Höhe wuchs wie eine Figur, die kräftige Hände einfach dahingestellt hatten und sie nicht mehr abholen wollten.
    Die Person, eine Frau, rührte sich nicht vom Fleck. Deutlich waren ihre Atemfahnen vor dem Mund zu sehen.
    Sie trug einen langen, dunklen Mantel, hohe Winterstiefel und eine Wollmütze auf dem Kopf. Daß überhaupt eine Frau vor mir stand, erkannte ich allein an den Gesichtszügen unterhalb des Mützenrands. Noch etwas fiel mir auf.
    Die Frau trug an der rechten Hand einen hellen Kunststoffeimer.
    Der Metallring drückte dabei in ihre Handfläche, und im Eimer befand sich eine Masse, die warm sein mußte, denn über der Oberfläche verteilten sich dünne Dunstschwaden.
    Sie sprach nicht, auch ich blieb stumm, aber ich wollte diese Mauer durchbrechen, weil ich davon ausging, daß sie nicht zufällig hier auf dem fast leeren Parkplatz erschienen war.
    Ich deutete ein Nicken an. Niemand störte uns. Wir konnten leise sprechen und verstanden uns auch. »Wer sind Sie, Madam?«
    Sie räusperte sich. »John Sinclair?«
    »Es ist möglich…« Ich dachte darüber nach, daß sie meinen Namen etwas singend ausgesprochen hatte, so wie es die Franzosen taten.
    »Ja oder nein?«
    »Gut, ich bin John Sinclair!«
    Ich hörte sie atmen. »Dann habe ich Sie endlich gefunden. Es war ein langer Weg.«
    »Es kommt darauf an, wie man das Problem angeht, finde ich. Darf ich fragen, was Sie von mir wollen?«
    Sie runzelte die Stirn, schaute zu Boden und räusperte sich. »Das ist nicht so einfach zu sagen, aber es steht noch eine Rechnung offen. Eine sehr alte.«
    »Tatsächlich? Sie machen mich neugierig, Madam.«
    »Hier«, sagte sie und hob die rechte Hand mit dem Eimer an. Sie trug nicht einmal Handschuhe.
    Vielleicht war mein Gehirn trotz allem noch zu sehr benebelt, sonst hätte ich schon zuvor reagiert und nicht erst dann, als sie den Eimer vorschleuderte und mir seinen dunklen, schwappenden Inhalt entgegenkippte.
    Ich kam nicht so schnell weg. Erstens lag es an meiner Reaktion, zweitens, war es zu glatt. Durch die heftige, rein instinktiv geführte Bewegung, rutschte ich aus, fiel hin und die Flut aus dem Eimer ergoß sich über mich.
    »Da, Hector de Valois, da hast du das Blut aus dem Brunnen! Das ist erst der Anfang!«
    Während ich noch auf dem Boden lag und die Welt nicht mehr verstand, rannte die Unbekannte weg…
    ***
    Ich kam mir vor wie ein Mensch, der von vier Seiten zugleich blockiert wurde.
    Ich hörte mich atmen und lauschte den Tropfen, die platschend auf dem Eisboden aufschlugen. Das Zeug bekam ich auch zu schmecken.
    Verdammt, es war tatsächlich Blut!
    Im ersten Moment nach dieser Erfahrung schwappte eine Welle der Übelkeit in mir hoch. Mit beinahe übermenschlichen Kräften riß ich mich zusammen und sagte mir selbst, daß ich nur nicht in irgendwelche Panik verfallen dürfte.
    Da war eine Frau gekommen und hatte einen Eimer Blut über mich geleert. Zwar ungewöhnlich, aber nicht tödlich. Ihre Worte allerdings hatten mich stärker irritiert. Sie hatte mich mit zwei Namen angesprochen! Einmal als John Sinclair, dann, als sie das Blut über meinen Körper gekippt hatte, als Hector de Valois. Und in ihrer Stimme hatte ein französischer Akzent mitgeschwungen.
    Über dieses Problem dachte ich vorläufig nicht nach. Ich wollte nur so rasch wie möglich aus dieser Kälte heraus und dachte daran, daß ich fürchterlich aussehen mußte.
    Über und über mit Blut beschmiert, das auch jetzt noch aus meiner Kleidung rann und in dicken, roten Tropfen zu Boden klatschte, wo es den Schnee schmolz und makabre, blutige Ränder hinterließ. Wer das sah, mußte annehmen, das hier wer weiß was geschehen war.
    Ich kniete noch immer. Meine Hände froren allmählich ein, weil ich sie gegen die harte Schneefläche gedrückt hatte. In meinem Kopf tuckerte ein kleines Bergwerk, und die Stiche strahlten in verschiedene Richtungen hin ab.
    Aufstehen, Sinclair, sagte ich mir, sonst wird die Schmiere zwischen deinen Knochen noch zu Eis.
    Mit müden Bewegungen drückte ich mich in die
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