Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0679 - Der Blutbrunnen

0679 - Der Blutbrunnen

Titel: 0679 - Der Blutbrunnen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sich schon auf ihre Phantasie verlassen.
    Es bestand noch eine Chance…
    Plötzlich kam sie sich vor, als wäre in ihrem Innern etwas zerrissen. Veronique wollte nicht mehr bleiben und zuhören. Einfach nur weglaufen, die Tür erreichen.
    Sie tat es.
    Es war ein Hetzen, ein Fliegen, eine Flucht vor sich selbst und dem Grauen im anderen Zimmer. Die Strecke kam ihr doppelt so weit vor, und sie hatte das Gefühl, durch eine fremde Umgebung zu rennen.
    Die Tür – und der Schatten!
    Wie ein großes, zackiges, dunkles Irrlicht tanzte er über das Rechteck hinweg.
    Die Frau wußte, daß sie keine Chance mehr hatte. Sie rannte trotzdem weiter, aber hinein in eine Kälte, die anders war als diejenige, die das Haus umgab.
    Der Schatten strahlte sie ab, und der Schatten war es auch, der sie zurücktrieb. Automatisch setzte sie ihre Füße.
    Sie bekam kaum mit, daß sie dabei einen leichten Stuhl umwarf.
    Für sie war allein der Schatten wichtig, der ihr langsam nachkam.
    Und dann hörte sie die Stimme.
    Sie war so dumpf und grauenvoll. Sie klang abermals unheimlich und erinnerte an ein Röhren aus der Hölle. Veroniques Rücken vereiste, als sie die Worte hörte.
    »Nein, du kannst mir nicht entkommen. Du gehörst zu den Bewohnern von Coray, wo jeder Mensch sein Opfer für meinen neu erweckten Blutbrunnen geben wird.«
    Ihr Körper wurde nicht in der Mitte geteilt, obwohl sich das harte Stechen so anfühlte, als wäre eine fremde Kraft dabei, ihn in zwei Teile zu reißen.
    Sie drehte sich wie unter Zwang und veränderte dabei auch nicht ihre Haltung.
    Vor ihr stand Leroque. Nicht mehr als Schatten, sondern als Gestalt! Und sie sah so aus, wie man sich den Schrecken an sich ausmalte. Der Körper war umhüllt von einer dunkelbraun bis schwarz schimmernden Kutte, deren Kapuze in die Höhe gezogen war und vom Kopf nur das Gesicht freiließ. Ein Gesicht mit einer etwas dunklen Haut, als hätte die Gestalt zu lange in der Sonne gelegen.
    Ein ebenfalls dunkler Bart umwuchs den Mund und verbarg auch das Kinn.
    Die Augen sahen aus wie durch Asche gefärbtes Eis. So dunkel, so kalt, ohne Leben.
    Die Gestalt strömte etwas aus, das nichts Menschliches mehr an sich hatte. Es war das Böse, und es mußte aus der tiefsten Hölle emporgestiegen sein.
    Seine Hand war stahlhart, als sie an ihrer Kehle entlangfuhr. Und plötzlich sah sie das Messer. Leroque hatte es mit der anderen Hand unter der Kutte hergeholt.
    Es war ein spitzes Dreieck, und es sah aus, als bestünde es aus einem glasähnlichen Material, keinesfalls jedoch aus Stahl.
    Sie schloß die Augen. Deshalb sah sie nicht, wie Leroque den Arm hob, ihn anwinkelte und mit der Waffe über die dünne Haut am Hals der Frau entlangstrich.
    Veronique merkte die Berührung, sie fror plötzlich ein, dann schallte ihr das Lachen entgegen, und einen Moment später verlor sie den Boden unter ihren Füßen, als der andere sie anhob, sich mit ihr zusammen drehte und die Gestalt dann über seine Schulter schleuderte.
    Er öffnete die Tür.
    Wind peitschte gegen ihn und die Frau. Es war eiskalt, aber nicht so kalt wie die Kälte in ihrem Innern. Dafür war die Angst vor dem Tod verantwortlich…
    ***
    Sie hatten das Dorf verlassen, waren in einer langen Menschenkette zum Brunnen gegangen, um ihre Vorbereitungen zu treffen, die völlig normal wirkten, denn sie entzündeten Fackeln und bauten mit ihnen einen großen Kreis.
    Eine runde Insel aus Feuer in der stockdunklen Nacht. Das Licht wallte, es bewegte sich in bestimmten Rhythmen, weil es den heranwehenden Windstößen einfach gehorchen mußte. Manchmal legten sich die Flammen auch flach, dann zauberten sie lange Schatten auf den schneebedeckten Boden, die dort bizarre Tänze aufführten, als wäre ein Dirigent im Hintergrund dabei, sie zu begleiten.
    Es war eine Welt für sich geworden. Obwohl sich die Hauptperson noch nicht in ihrer Nähe befand, spürte ein jeder die andere, die unheimliche Atmosphäre, die von dieser Stelle ausging.
    Die Menschen taten nichts. Sie hatten sich zwischen die einzelnen Fackeln gedrängt, warteten und drehten ihre Gesichter dem Brunnen zu, über den ebenfalls der flackernde Widerschein floß und das Spiel aus rotgelbem Licht und Dunkelheit noch stärker anheizte.
    Der Brunnen war das Zentrum. Er würde wieder anfangen zu sprudeln, wenn das Blut der Menschen ihn speiste.
    Noch lag er still da und vereist. Der Schnee klebte an ihm, aber die Wärme sorgte dafür, daß die ersten Kristalle tauten und einige Flächen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher