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0674 - Im Höllenloch

0674 - Im Höllenloch

Titel: 0674 - Im Höllenloch
Autoren: Jason Dark
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Unterhaltung dauerte nicht lange, und Mandra drehte sich zu uns um, weil er übersetzen wollte.
    »Klappt es?« fragte Suko. »Will er überhaupt mit dir reden?«
    Mandra Korab wiegte den Kopf. »Wir sind zu einem nicht gerade günstigen Zeitpunkt hier erschienen.«
    »Weshalb?«
    »Er wird seine Buße vollziehen und gleichzeitig zeigen, wie weit er schon in seiner Askese und seiner Vollkommenheit gelangt ist.«
    Leicht irritiert schüttelte ich den Kopf. »Da komme ich nicht mit, Mandra.«
    Der Inder nickte. »Kann ich verstehen, John. Es ist auch nicht einfach. Ich möchte euch warnen. Was ihr gleich sehen werdet, ist für europäische Augen unglaublich. Auch für uns Inder ist es nicht normal, aber eine Tatsache und keine Illusion. Ihr habt auf dem Weg hierher selbst erlebt, zu was Menschen fähig sein können, wenn sie es geschafft haben, ihre eigenen Schwächen zu überwinden.«
    »Und der Meister hier?«
    »Steht ganz oben!«
    »Er wird uns also unwahrscheinlich vorkommen.«
    »Ja.« Mandra war sehr ernst. »Ihr braucht bei dem Experiment nicht zuzuschauen…«
    »Doch, wir werden.«
    »Dann okay. Moment noch.« Der Inder drehte sich um und redete mit dem Bärtigen. Dessen Augen blieben auf uns gerichtet, als wollten die Blicke bis in unsere Seelen hineingleiten. Als er nickte, wußte ich, daß wir gewonnen hatten.
    Mandra kam wieder zu uns. Sehr dicht blieb er vor uns stehen. »Haltet euch zurück! Tut nichts!«
    »Gut.«
    Eine Lücke war gebildet worden. Wir erwischten einen ersten Blick auf den Meister. Er trug eine lange Hose mit weiten Beinen. Sein Oberkörper war nackt, nur um den Hals hatte er einen giftgrünen Schal gewickelt. Er war vielleicht in meinem Alter, besaß aber weniger Haare als ich. Sie wuchsen mehr auf der hinteren Kopfhälfte und fielen lockig in den Nacken.
    Drei Männer waren hinter ihn getreten. Zwei hielten den Meister an den Schultern fest, ein dritter faßte nach dem Schal. Ich erwischte einen Blick in die Augen des ungewöhnlichen Mannes. Sie machten auf mich einen ungewöhnlichen Eindruck. Sie waren vorhanden, sahen aber nicht klar aus, sondern schienen in der Flüssigkeit zu schwimmen.
    Dann öffnete er den Mund!
    Wie ein Klumpen schnellte die Zunge hervor, und der Mann machte auf mich den Eindruck, als müßte er sich jeden Augenblick übergeben.
    Einer reichte ihm einen Spieß, den er mit der rechten Hand umschloß. Der Vergleich mit einem Schaschlikspieß kam mir in den Sinn, aber auch ein bestimmter Verdacht, den ich Sekunden später bestätigt bekam.
    Der Meister schob den Spieß quer durch seine ausgestreckte Zunge, ohne daß ein Tropfen Blut hervorquoll.
    Ich schluckte, denn ich spürte an meiner Zunge einen Phantomschmerz. Meine Kehle wurde trocken. Ich drehte den Kopf, um Suko anschauen zu können.
    Mein Freund beobachtete den Meister mit einem ebenso scharfen Blick, wie es Mandra Korab tat.
    Der Mann hinter dem Meister hielt noch immer den Schal mit beiden Händen an den Enden fest.
    Als der Meister den Spieß durch die Zunge geschoben hatte, zog er den Schal fester zusammen, als wollte er ihm die Luft abdrücken.
    Ich glaubte, einen Traum zu erleben und ahnte auch, daß die Vorstellung noch nicht beendet war.
    Der Meister blieb in seiner Haltung. Er hockte über den Boden, die Beine ausgebreitet. An den Schultern hielten sie ihn, und nicht das leichteste Zittern durchraste seinen von der Askese gezeichneten Körper.
    Sekunden vergingen. Der Stab steckte quer in der Zunge. Auf dem großen Platz am Ufer des Ganges schien es nur uns zu geben. Trotz der Hitze spürte ich den kalten Schauder auf meinem Leib, der sich überall festgesetzt hatte. Die anderen Stimmen hörte ich nicht. Wir schwebten in einer Oase der gespannten Ruhe.
    Ich atmete nur sehr flach, weil ich keinen andern stören wollte, erst recht nicht den Meister, der seine Arme ausgebreitet hatte und zwei Finger der rechten Hand zuckend bewegte.
    Damit hatte er einem der Männer ein Zeichen gegeben, das dieser auch begriff.
    Einer der anderen Männer zog aus seinem Gürtel ein langes, dünnes Messer. Ein anderer brachte ein goldenes Gefäß, das er unter das Kinn des Meisters hielt.
    Das Messer wurde dem Mann in die Hand gedrückt!
    Wieder stockte mir der Atem. Es war einfach zu viel, es war ungeheuerlich. Ich wollte auch sprechen und eingreifen, doch es ging alles blitzschnell.
    Ich sah noch den scharfen Reflex, als das dünne Messer von oben nach unten sauste.
    Einen Lidschlag später bestand die Zunge des
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