0671 - Killer-Kobolde
Frage der Zeit, bis die ersten Flammen hervorschlugen.
Ich schaute Eperon nach und zündete mir eine Zigarette an. Die paar Minuten Ruhe wollte ich mir noch gönnen, überlegte dabei auch, ob ich über eine Leiter hoch auf den Sendemast klettern sollte, denn von dort war der Überblick phänomenal.
Das ließ ich bleiben, auch die Zigarette blieb in der Packung. Statt dessen konzentrierte ich mich auf etwas anderes.
Ich hörte Musik!
Es war unwahrscheinlich, denn die Klänge drangen aus der Erde her an meine Ohren. Unter meinen Füßen und tief im Innern des Hügels verborgen, spielten sie.
Bisher hatte ich die Musik noch nicht vernommen. Sie klang für meine Ohren fremd, was sicherlich an den altertümlichen Instrumenten lag, mit denen die Spriggans ausgerüstet waren.
Die Überraschung dauerte nicht lange, ich konzentrierte mich nur auf die Musik, hielt den Kopf dabei gesenkt, um erkennen zu können, ob sich der Boden veränderte.
Er blieb so, wie er war, nichts hellte ihn auf.
Nur die Musik wanderte…
Und meine Blicke wanderten mit, denn das neue Ziel lag schräg hinter mir, wo sich die Baracke befand, in der Art Eperon sein Büro eingerichtet hatte.
Sollte sich mein Verdacht bestätigen?
Ich ging jedenfalls einige Schritte in die bestimmte Richtung. In der Baracke tat sich nichts. Auch nicht am Fenster des Büros. Da war keine Bewegung zu sehen.
Doch die Musik blieb, und sie wanderte auch weiter. Wenn ich mich nicht sehr irrte, mußte ihr Zentrum bereits unterhalb der Baracke liegen.
Mit raschen Schritten lief ich vor bis zur Tür, die verschlossen war. Die frischen, forschen Klänge der Mundharmonika, mischten sich mit dem hohl klingenden Pfeifen, das entsteht, wenn geschickte Lippen gegen Grashalme blasen. Untermalt wurden diese Melodien vom leicht pochenden Rhythmus der Maultrommeln und den etwas helleren Klängen flotter Tambourins.
Ich dachte über die Melodie nach und versuchte sie einzuordnen. Daß es eine Musik war, die zum Kampf führen sollte, daran wollte ich eigentlich nicht glauben. Sie hörte sich eher forsch an und auf eine gewisse Art und Weise fröhlich.
Nur traute ich den kleinen Kobolden nicht. In den Sagen wurden sie stets als Scherzbolde dargestellt, allerdings waren ihre Scherze nicht immer spaßig für die Betroffenen, manche konnten übel ausgehen. Da sich auch in den folgenden Minuten nichts tat und die Musik konzentriert auf einem Fleck blieb, wollte ich die Baracke betreten, um bei Dr. Eperon zu sein.
Ich war nicht schnell genug.
Zuerst klirrte die Scheibe seines Büros. Der Mann hatte sie eingeworfen, weil ihm wohl keine Zeit mehr blieb.
Dann hörte ich seine Schreie und verstand die Worte soeben noch. »Sinclair… kommen Sie! Die… Spriggans sind da. Der Boden… verdammt, er… verschlingt mich…«
Ich raste los.
***
Der nächtliche Wind wehte über den Hügel und begleitete Sukos Gang durch seine leise, summende Melodie.
Der Hügel war ein Hort der Einsamkeit, ein Platz innerhalb der normalen Welt zwar und trotzdem irgendwo nicht dazugehörend. Er brachte ein Stück Legende mit, er war wie der Buckel eines Ungeheuers, bewachsen und von einer Kraft erfüllt, die nur darauf wartete, endlich erlöst zu werden.
Möglicherweise hatte die Ruine ähnliches erlebt. Sie war jedenfalls durch irgendeinen Umstand zerstört worden. Die noch vorhandenen Reste schauten stumpf und tot aus der Landschaft hervor, wobei sie von zahlreichen Pflanzen und Moosschichten überdeckt waren und somit eine gewisse Patina bekommen hatten.
Der Sendeturm lag längst hinter Suko. Auch wenn er sich umdrehte, konnte er den Mast nicht sehen, aber von den Geistern hatte er ebenfalls nichts zu Gesicht bekommen.
Er war darauf eingerichtet, ihnen blitzschnell entgegenzutreten. Seine Dämonenpeitsche steckte schlagbereit im Gürtel. Seinen Überlegungen nach mußten sie einfach etwas tun, denn er hatte ihre Ruhe gestört. Seine Überlegungen beschäftigten sich auch mit dem geheimnisvollen Spriggans-Friedhof, der hier irgendwo sein mußte.
Erkennbar jedenfalls nicht. Weder Grabstein noch irgendwelche aufgestellten Kreuze fielen ihm auf, nur eben die unterschiedlich hohen Trümmer des alten Klosters.
Welcher Orden hinter den Mauern gewohnt hatte, wußte Suko ebenfalls nicht. Um mehr herauszufinden, brauchte er einfach Glück. Die Wolkendecke lag zwar dicht unter dem Himmel, sie war allerdings an gewissen Stellen aufgerissen worden. Immer dann, wenn plötzlich Böen einfielen und sie
Weitere Kostenlose Bücher