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067 - Der Redner

067 - Der Redner

Titel: 067 - Der Redner
Autoren: Edgar Wallace
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wütete, half er, sie festzuschnallen. Eine halbe Stunde später mußte sie sich auf der Polizeistation verantworten. Sie erklärte in gebrochenem Englisch und vielen flämischen Worten, daß sie das Opfer eines gemeinen Angriffs sei, bis der Redner sie scharf zurechtwies und sie an ihre früheren Sünden erinnerte, die sie schon mehrfach mit der Polizei in Berührung gebracht hatten.
    Sie war eine böse, gewalttätige Frau und der Schrecken ihrer Nachbarschaft. Fünfzehn Jahre lang hatte sie die Schweden, die Holländer und Schotten tyrannisiert, die in Keller Row in Greenwich wohnten. Die meisten von ihnen waren Seeleute und nahmen in unregelmäßigen Zwischenräumen auf den Schiffen Dienst, die von den VictoriaDocks abfuhren.
    Mrs. Stalmeesters schimpfte noch eine Weile über die Gesetze und die Polizei, aber schließlich beruhigte sie sich.
    »Fünfzehn Jahre wohne ich nun schon in der Gegend, und noch nie habe ich einen Streit mit jemand gehabt. Im Gegenteil, ich habe immer ruhig und zurückgezogen gelebt. Mein Sohn gibt mir sechs Pfund wöchentlich. Ich habe mich noch mit keinem Menschen verkracht, nur einmal mit meinem Bruder, aber das ist schon furchtbar lange her .«
    Dann erzählte sie naiv eine Geschichte aus ihrem früheren Leben, ohne sich bewußt zu werden, daß sie damit ein Vergehen gegen Gesetz und Ordnung bekannte. Sie war sogar stolz auf ihre Handlungsweise. Mr. Rater hörte zu, ohne etwas zu erwidern.
    Die Sache war vor vielen Jahren passiert, und schließlich handelte es sich dabei nur um Formalitäten. Deshalb wollte er gegen die Frau nichts unternehmen. Aber er war doch neugierig genug, die Angaben auf ihre Wahrheit hin nachzuprüfen.
    Am nächsten Morgen wurde Mrs. Stalmeester von dem Polizeigericht mit einer empfindlichen Geldstrafe belegt, und außerdem erhielt sie eine ernste Verwarnung. Sie zahlte die Summe und die fällige Miete. Geld hatte sie genug, aber sie war von Natur aus geizig. Dann kehrte sie wieder in ihre Wohnung zurück, wo sie im darauffolgenden Winter starb.
    Der Redner erfuhr nichts von ihrem Tod. Er war zu jener Zeit durch den Diamantendiebstahl in Chislehurst vollauf in Anspruch genommen. Der Fall lag ziemlich kompliziert, und obwohl man die Diebe fassen konnte, verzögerte sich ihre Verhaftung durch ungünstige Umstände so lange, bis die vierzehn großen Diamanten aus Lady Teighmounts altmodischem Diadem beiseite geschafft worden waren. Die alte, wertlose Goldfassung fand man allerdings. Der Redner war von diesem Resultat nicht gerade sehr befriedigt.
    »Ich sage Ihnen die reine Wahrheit, Mr. Rater«, erklärte Harry Selt, der Hauptschuldige. »Ich habe die Steine einem Juden verkauft, seinen Namen kenne ich nicht. Er arbeitet mit einem großen Mann auf dem Festland zusammen. Nur zweihundert Pfund hat er mir dafür gegeben - damit kann man keine Sprünge machen. Ich habe gar keinen Grund, Ihnen was vorzulügen. Sie wissen ja selbst, wie viele Leute Sie deswegen schon ins Gefängnis gebracht haben.«
    Mehr bekam der Redner aus Harry nicht heraus, und das war sehr unangenehm. Lady Teighmount war nämlich entfernt verwandt mit einem der Minister, und dieser bat eines Tages Mr. Rater zu sich, um einmal unter vier Augen mit ihm zu sprechen.
    »Ich bitte Sie um eine persönliche Liebenswürdigkeit«, sagte er. »Meine Tante will die Diamanten unter allen Umständen wiederhaben. Sie sind ein Geschenk ihres verstorbenen Mannes - allerdings noch aus den neunziger Jahren. Und der Wert, den sie ihnen beimißt, ist eigentlich nur persönlich sentimentaler Art. Ist es Ihnen nicht möglich, durch Ihre Beziehungen zu der Verbrecherwelt die Steine zurückzukaufen? Zweitausend Pfund will ich für die Wiederbeschaffung zahlen, und es sollen keine weiteren Nachforschungen angestellt werden -«
    »Das verträgt sich nicht mit meinem Diensteid«, entgegnete der Chefinspektor nüchtern.
    »Ich weiß, ich weiß. Ich frage Sie auch nur, ob Sie mir den persönlichen Gefallen tun wollen, die Steine auf inoffiziellem Wege zu beschaffen?« Der Redner nickte nur, denn er hatte seiner Meinung nach schon genug gesprochen.
    Man kann einen Hehler niemals direkt angehen, besonders ein Polizeibeamter ist dazu nicht imstande. Mr. Rater begann daher seine schwierigen Nachforschungen damit, daß er zunächst den Hundehändler Alf Barkin aufsuchte. Mit diesem Mann hatte er lange Auseinandersetzungen, die ihn nicht viel weiterbrachten. Dauernd schüttelte Barkin den Kopf und sagte:
    »Ich weiß wirklich
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