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067 - Der grausame Götze

067 - Der grausame Götze

Titel: 067 - Der grausame Götze
Autoren: Dämonenkiller
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der hünenhafte Mann mit dem grauen Schnurrbart: „Ja.
    Sie warten auf uns. Gehen wir! He, Posten!"
    Die gelbe Tür wurde einen Spalt weit geöffnet. Sonja und Tschelkanin huschten hinein. Sie befanden sich in einer Temperaturschleuse, die mit warmer, unerträglich feuchter Luft gefüllt war. Ein kleines Fenster in der dahinterliegenden Tür zeigte einen breiten, angenehm hellen Korridor. Der Posten salutierte kurz und öffnete die Tür. Die Neuankömmlinge nahmen ihre Pelzkappen ab. In diesem Teil der riesigen unterirdischen Anlage war es wieder mäßig kühl.
    „Kennen Sie den Weg, Genossin?" fragte Iwan, unter dessen Pelzmütze eine spiegelnde braungebrannte Glatze zum Vorschein kam.
    „Nein. Ich kenne den Plan und den Zweck, aber ich war nicht hier, als Sarchow und die anderen eingefroren wurden."
    Iwan schüttelte sich und lachte rauh. Doch sein Gelächter klang gezwungen. Er schien sich zu fürchten. Jedenfalls fühlte er sich ebenso unsicher wie Sonja. Sie gingen geradeaus und bogen mehrmals ab. Sonja sah, daß sich hier unter dem Hügel eine kleine wohlausgestattete Siedlung befand. Krankenhausgeruch drang in ihre Nasen, als sie sich dem verbotenen „Inneren Bezirk" näherten.
    „Eine gespenstische Vorstellung!" sagte Sonja. „Wie lange schon ist Sarchow - da drinnen?"
    „Etwas mehr als fünf Jahre."
    „Und die anderen?"
    „Teils länger, teils weniger lang. Es sind insgesamt siebenunddreißig."
    „So wenige?" Sonja blieb stehen. Unter dem Isolierasphalt knisterten die Heizschlangen.
    „Erstens ist es teuer, zweitens aufwendig, drittens haben wir damit kaum Erfahrungen, und außerdem glaube ich nicht daran, daß die meisten Menschen einen solchen Aufwand wert sind!" antwortete Iwan. Seine Stimme war tief und klang angenehm.
    „Da mögen Sie recht haben, Genosse Tschelkanin", stimmte Sonja zu.
    Sie gingen auf den nächsten Posten zu, der sichtlich aufgeregt und nervös war. Auch die Besucher aus Moskau konnten sich der Faszination nicht entziehen. Aber sie erwarteten kaum eine Sensation. Sie waren skeptisch, selbst jetzt, als sie die Tür zum innersten Teil der Anlage durchschritten und wieder in den Bereich der eisigen Kälte kamen. Hinter den dicken Wänden aus Stein, Metall und Schichten aus Isoliermaterial zirkulierte flüssiger Stickstoff mit einer Temperatur von minus einhundertzweiundneunzig Grad.
    Mit einem dumpfen, satten Geräusch schloß sich die Tür. Eine Gruppe von ungefähr fünfundzwanzig Besuchern wartete hier. Hinter einer raumhohen Glasscheibe sah man noch eine große Gruppe weißgekleideter Ärzte. Das Gemurmel der Gespräche verstummte kurz und setzte wieder ein, als die beiden Regierungsvertreter - ebenfalls verdiente Spitzenmediziner - begrüßt wurden.
    „Sie haben schon angefangen. Dort drüben!"
    Iwan und Sonja hatten die Listen während des Fluges studieren können. Hier unter der Hügeloberfläche von Dormogorsk schliefen verdiente Militärs, einige Schachmeister, zwei Klaviervirtuosen, mathematische Genies und eine Handvoll anderer Menschen, die entweder mehr geleistet hatten als andere oder auf dem besten Weg dazu waren. Ihr Schicksal war die Krankheit gewesen. Krebs, Tumoren, psychische Leiden, andere, mit den Mitteln der Medizin nicht besiegbare Krankheiten... Man hatte es riskiert, die Menschen einzuschläfem und tiefgekühlt schlafen zu lassen. Was den berühmten Alexander Sarchow betraf, den Philosophen, so war man sicher, ihn behandeln zu können.
    „Wir warten schon eine halbe Stunde. Sarchow wird hoffentlich in der Lage sein, sich sechzehnhundert Tage nach dem Einschlafen wieder zurechtzufinden."
    „Wie lange dauert es noch?"
    Iwan richtete die Frage an den staatlichen Verwalter dieser Siedlung. Ein Teil von Dormogorsk war Alterssitz für Militärs und Politiker.
    „Kann ich leider nicht sagen. Gehen Sie einfach dort hinein - der Chefarzt wird mehr wissen. Wir dürfen nicht hinein. Asepsis, verstehen Sie?"
    Es gab für dieses kühne Wagnis keinerlei Erfolgsgarantie. Es mangelte der Wissenschaft an Erfahrungen, und natürlich zweifelten auch die russischen Ärzte daran. Aber sie versuchten es trotzdem. Eine winzige Chance war besser als gar keine. Alle jene sechsunddreißig Schläfer konnten schon längst tot sein, vielleicht auch Sarchow. Aber sie waren nicht erst als Tote eingefroren worden, sondern noch lebend. Alle waren unheilbar krank gewesen. Ihr Tod hätte durch keine Macht und keine Kunst der Welt verhindert werden können.
    Sonja erinnerte sich,
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