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0662 - Wächter der Knochengruft

0662 - Wächter der Knochengruft

Titel: 0662 - Wächter der Knochengruft
Autoren: Werner Kurt Giesa
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den Brüsten trug. »Weg«, wiederholte Cantor. »Tun Sie es weg! Es…«
    Bancroft sah den Arzt an. »Nur eingeschränktes Sprachvermögen, ja? Genau so klingt es«, sagte er spöttisch.
    Severin zuckte mit den Schultern. Er wirkte etwas ratlos.
    Nicole beugte sich noch weiter über die Patientin. Das Amulett, das sie über der transparenten Bluse trug, schwenkte näher zu Cantor.
    Da bäumte die sich auf, stieß Nicole zurück. Mit beiden Händen. Das Gestell mit der Infusionsflasche kam ins Wanken.
    Nicole ging sofort auf Abstand.
    Mary-Ann Cantor sank nicht auf das Kissen zurück. Sie saß hochaufgerichtet.
    »Gehen Sie, sofort!« befahl der Arzt. »Sind Sie wahnsinnig geworden, die Patientin dermaßen…«
    Er erstarrte.
    Cantor hatte die Augen geöffnet.
    Das waren keine Menschenaugen mehr. Und was zwischen ihren Lippen hervorzuckte, war keine Menschenzunge.
    Sie zischte wie eine Schlange!
    Nicole hakte das Amulett von der silbernen Halskette los. Sie warf es zu Mary-Ann Cantor hinüber.
    Die kreischte schrill auf und sprang aus dem Bett.
    »Soviel zum Rest des Lebens im Rollstuhl«, bemerkte Bancroft trocken.
    Auch von den Brüchen an Beinen und Hüfte war nichts festzustellen. Cantor jagte mit zwei schnellen Sprüngen zum Fenster und wollte sich einfach hindurch nach draußen werfen.
    Nicole war schneller.
    Sie hechtete auf Cantor zu, fing sie ab. Sie prallten zwar beide gegen die Scheibe, aber mit schon merklich gedämpfter Wucht. Im gleichen Augenblick begann sich Cantor zu verwandeln.
    Ihr Körper verformte sich.
    Innerhalb weniger Sekunden hatte Nicole es mit einer menschengroßen Königskobra zu tun…
    ***
    Fast hätte der Wächter die mit dem Schwert bewaffnete Schlange nicht mehr beachtet. Aus seinen leeren Augenhöhlen sah er das Skelett an, das sich langsam aufrichtete. Dabei begann es sich zu verfärben.
    Die bleichen Knochen wurden allmählich dunkler.
    Auch die anderen Gerippe begannen sich zu regen.
    Der Wächter wußte, daß sie unter dem Bann des ersten standen. Wenn er lebte, erwachten auch die anderen. Nach so langer Zeit…
    Es durfte nicht geschehen.
    Das Schwert mußte wieder dorthin, wo es jahrtausendelang gesteckt hatte, damit der Knöcherne nicht wieder zu neuem unheiligen Leben erwachen konnte.
    Da führte die Schlange einen wilden Streich mit dem Schwert!
    Der Wächter trat zurück. Er schlug mit der Fackel nach der Schlange. Funken sprühten dem Biest entgegen, trieben es zurück, aber es ließ das Schwert nicht aus dem Maul fallen. Einmal mehr hatte der Wächter das Gefühl, die Waffe sei eine Verlängerung der Zunge mit seiner gespaltenen Spitze…
    Und irgendwie hatte er damit nicht völlig unrecht…
    Das dunkle Skelett stand jetzt aufrecht.
    Die anderen brauchten mehr Zeit, sich zu erheben. Aber dem Wächter war klar, daß er verloren war, wenn sie es schafften, allesamt beweglich zu werden. Dann war alles umsonst, die ganze Zeit des Hütens und Wartens.
    Dann kam das Ende.
    Er hoffte, daß er es noch verhindern konnte. Deshalb mußte das Schwert wieder in das schwarze Skelett gestoßen werden.
    Aber im Moment sah es nicht so aus, als würde dies gelingen. Denn der Wächter besaß selbst keine Waffe.
    Wieder stieß die Schlange mit dem Schwert nach ihm. Er konnte gerade noch ausweichen.
    Was sollte er tun?
    ***
    Commander Nick Bishop, einstiger Hohepriester und jetziger Führer des Ssacah-Kultes, hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, hin und wieder zu überprüfen, was seine Untertanen taten.
    Dazu rief er seine drei Diener zu sich in die Suite. Draußen auf dem Korridor bewegten sie sich in menschlicher Gestalt, aber in ihrem engen Quartier und auch jetzt in der Suite legten sie ihre Kleidung ab und verwandelten sich in menschengroße Kobras.
    In dieser Gestalt konnten sie ihm bei seiner Beschwörung dienlich sein.
    Sie stellten die Magie zur Verfügung, die Bishop brauchte, um in die Ferne zu greifen. Sie wurden seine Augen und seine Ohren.
    Kaum hatte er sich in jenen magischen Zustand versetzt, in welchem er Verbindung zu anderen aufnehmen konnte, als er Mary-Ann Cantors intensive Impulse spürte. Die verwandelte Dienerin befand sich in Gefahr. Sie wurde bedrängt mit einer gefährlichen silbernen Magie… das verfluchte Amulett des Erzfeindes Professor Zamorra!
    Bishop überlegte nicht lange.
    Er benötigte Cantors Hilfe nicht mehr.
    Sie hatte ihre letzte Pflicht getan, indem sie die Drachenschlangenskulptur in die unterirdische Anlage gebracht hatte, in der es das
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