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0656 - Labyrinth der 1000 Tode

0656 - Labyrinth der 1000 Tode

Titel: 0656 - Labyrinth der 1000 Tode
Autoren: Jason Dark
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ältere Dame gesellte sich zu mir, eine Engländerin. Sie ging gebeugt, hielt den Knauf eines Stocks umklammert und hatte eine helle, gehäkelte Stola um ihre Schultern gelegt. Ihr Haar war hell weiß gefärbt.
    »Ein schöner Abend, nicht wahr?«
    »Ja, Madam.«
    Sie strich über ihre faltige Gesichtshaut. »Früher bin ich mit meinem Mann immer in dieses Hotel gefahren. Es hat noch Atmosphäre. Man spürt den Hauch der Vergangenheit. Mein Mann war Offizier, sogar noch in Indien, wenn Sie verstehen.«
    »Natürlich, Madam.«
    Der Fahrstuhl kam hoch. »Und was treibt Sie nach Lissabon?«
    »Geschäfte.« Ich lächelte sparsam.
    »Darf eine alte Frau neugierig sein?«
    »Sicher. Ich handle mit Kork. Wir stellen daraus biologische Dämmstoffe her. Sie sind sehr gut. Ich nehme an, dass sich das Produkt in einigen Jahren durchgesetzt hat. Bei dieser Umwelt muss der Hausbau einfach revolutioniert werden.«
    »Ja, das stimmt. Die Umwelt geht kaputt.«
    Da der alte Aufzug gehalten hatte, öffnete ich der Lady die Tür.
    Im Aufzug nahm sie auf der Bank Platz, während ich stehen blieb. Gemächlich fuhren wir der Halle entgegen. Ich hoffte, dass sich der Kopf noch im Garten befand und von niemandem entdeckt worden war. Wenn möglich, wollte ich ihn untersuchen.
    Die Frau lächelte still vor sich hin. Auch noch in der Halle, als sie ausstieg.
    Ein prächtiger Raum empfing uns. Säulen aus Marmor, eine gewölbte Decke, alte Möbel, Lüster, die strahlendes Licht verbreiteten. Gedämpfte Klaviermusik war zu hören.
    »Begleiten Sie mich auf die Terrasse, Mister?«
    »Gern, aber ich wollte zuvor noch in den Garten.«
    Sie schaute mich scharf an. »Sie suchen nach dem ungewöhnlichen Kopf, nicht wahr?«
    Ich blieb mitten in der Halle stehen. Ein Ober im Frack schwebte an mir vorbei. »Sie haben den Kopf gesehen, Madam?«
    »Ja, ich stand zufällig am Fenster. Ich liebe es, in die Nacht zu schauen, auch wenn ich allein bin. Früher stand ich mit meinem Mann dort.«
    »Und weiter?«
    Sie hob die Schultern und zog die Stola enger. »Dann sah ich den ungewöhnlichen Kopf, der durch die Luft wischte. Ich habe ihn genau beobachtet und auch den Zweiten. Beide wollten etwas von Ihnen, wenn mich nicht alles täuscht. Sie haben Sie doch angegriffen oder?«
    »Das ist richtig.«
    Die alte weißhaarige Lady nickte einige Male. »Ich heiße übrigens Lydia Lancaster und frage mich, weshalb die Köpfe ausgerechnet Sie angegriffen haben.«
    »Das kann Zufall sein.«
    »Nein, Mister.« Sie schaute mich derart prüfend an, dass mir in meiner Haut direkt mulmig wurde. »Ich weiß es nicht genau, aber ich habe den Eindruck, Sie schon einmal gesehen zu haben. Stimmt das, oder irre ich mich? Verzeihen Sie einer alten Frau die Neugierde bitte.«
    »Ich komme aus London.«
    »Ja, ich ebenfalls.«
    Wahrscheinlich war mein Inkognito geplatzt und sie erkundigte sich auch nach meinem Namen.
    »Ich heiße John Sinclair.«
    Es war zu sehen, wie es hinter ihrer faltigen Stirn arbeitete. Mit der Spitze des Stocks strich sie über den Marmor. Sie erinnerte mich an Lady Sarah Goldwyn, die Horror-Oma.
    »Nur John Sinclair?«
    »In der Tat.«
    »Sonst nichts?«
    Ich musste lachen. »Pardon, Madam, aber wir werden uns gleich auf der Terrasse sehen.«
    »Ja, das wäre gut. Möglicherweise kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. Sinclair. Allerdings nicht beim Import von Kork. Es gibt da andere Dinge. Bye, Mr. Sinclair. Sie finden mich bei meinem Patenkind. Bis gleich.«
    Sie schritt durch die Halle und ich schaute ihr nach. Wie eine Königin ging die alte Dame.
    Obwohl wir nur eine kurze Begegnung gehabt hatten, war mir klar geworben, dass sie möglicherweise mehr wusste, als sie zugeben wollte.
    Vielleicht würde sie bei unserer zweiten Begegnung deutlicher werden. Mein Weg führte mich in den Hotelpark, eine kleine Oase für sich inmitten der Stadt Lissabon, die ein einziges Fest für Nase, Ohren, Augen und Gaumen war.
    Die Glastür schwang lautlos vor mir zur Seite, so dass ich den Park betreten konnte.
    Zahlreiche Düfte wehten mir entgegen. Vom blühenden Knoblauch über Oleander bis hin zum schweren Rosenduft war eigentlich alles vertreten. Gärtner pflegten diese Oase. Sie hatten auch kleine Teiche angelegt, Ruhezonen geschaffen, in denen die weißen Bänke aussahen, als wären sie direkt aus dem Paradies importiert worden.
    Der Pool lag rechts von mir. Er war auch am Abend beleuchtet. Das Wasser reflektierte die auf ihn strahlende Lichtfülle und schickte sie bis
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