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0640 - Das Blut-Rätsel

0640 - Das Blut-Rätsel

Titel: 0640 - Das Blut-Rätsel
Autoren: Jason Dark
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Starr stand der Kopf mitten auf dem Tisch. Mit kleinen Schritten ging ich auf ihn zu. Ich wartete darauf, wieder angesprochen zu werden, hörte in den folgenden Sekunden aber nichts. Der Kopf blieb stumm.
    Obwohl Stühle vorhanden waren, blieb ich stehen. Ich hatte einfach nicht den Nerv, mich zu setzen, streckte meine Hand dem Schädel entgegen und berührte ihn.
    Er fühlte sich an wie immer. Etwas warm, das jedoch lag an der Außentemperatur und war völlig normal. Oder hatte ich mir die Stimme eingebildet? Spielten mir meine überreizten Nerven schon Streiche?
    Nein, die Stimme war vorhanden gewesen, und sie hatte Cynthia Manson gehört. Außerdem wollte sie den Schädel auf ihrem Grab haben, als Andenken oder so ähnlich.
    Schließlich setzte ich mich und behielt den Schädel in meinem Blickfeld. Wenn er magisch verändert war und etwas von mir wollte, würde er sich wieder melden.
    Das Kreuz ließ ich sicherheitshalber stecken, aus Furcht, dass ich ihn womöglich zerstörte.
    Ich hatte die erste Überraschung verdaut, als er den nächsten Satz sagte. »Du wirst mich nicht vergessen, wenn du der Beerdigung beiwohnst, nicht wahr?«
    Verdammt. So genau ich auch hingeschaut hatte, ich hatte nicht erkennen können, dass er seine Kiefer bewegte. Die Stimme klang so, als wäre sie aus der Tiefe einer Gruft geklungen.
    Hohl und schaurig…
    »Wer bist du?«, flüsterte ich.
    »Eine Tote…«
    »Cynthia?«
    »Ja, und du hast mich nicht gerettet. Denk an das Sprichwort.«
    Ich nickte dem Totenkopf zu. »Es gilt nur für diejenigen, denen eine Rettung gelungen ist, nicht wahr?«
    »Das stimmt schon, aber ich werde bei dir bleiben. Du hast ja den Schädel, du hast mich…«
    Ich verstand das nicht. »Moment mal. Ich habe den Totenkopf. Du jedoch hast anders ausgesehen. Du hast ein Gesicht gehabt, keine blanken Knochen. Augen, Lippen, eine Nase, Ohren und natürlich deine rötlichen Haare.«
    »Es ist alles da.«
    »Tatsächlich? Ich blicke hier gegen blankes Gebein. Tut mir leid, das ist mir zu hoch.«
    »Keine Sorge, es läuft alles nach Plan.«
    »Nach deinen Plänen.«
    »Sicher.«
    Ich schüttelte den Kopf. Da saß ich nun und unterhielt mich mit einem Totenkopf. Das war verrückt, unglaublich. Man hätte mich ausgelacht, wenn ich das erzählte. Doch es war, zum Teufel, eine Tatsache. Und der Teufel konnte tatsächlich seine Hände mit im Spiel haben. Er hielt mich zum Narren.
    »Wie sehen die Pläne aus?«
    »Du wirst sie erfahren, keine Sorge. Ich schwöre dir, dass du sie erfahren wirst.«
    »Auf dem Friedhof?«
    »So ist es.«
    »Ich habe eine Cynthia Manson als Tote gesehen. Sie saß auf einem Stuhl, ein Messer im Rücken. Jetzt dringt ihre Stimme aus einem Totenkopf. Wie soll ich das verstehen? Wer hat dich weggeschafft? Wer hat mich angerufen?«
    »Ich habe Freunde…«
    Die Erklärung war mir zu simpel und zu ausweichend. »Welche Freunde hast du?«
    »Du wirst sie bestimmt sehen.«
    »Höllische?«
    »Es kann sein. Alles läuft, alles ist in Fluss, Sinclair. Warte es bitte ab.«
    »Da wäre noch etwas zu klären. Hast du mich auch im Büro angerufen?«
    »Möglich.«
    »Das war aber nicht deine Stimme, Cynthia. Die der Anruferin klang anders. Viel neutraler. Ich konnte nicht herausfinden, ob es sich um eine Frau oder einen Mann gehandelt hat.«
    »Tote sind anders.«
    »Aber Tote können nicht sprechen. Wenigstens in der Regel nicht. Das weiß ich.«
    »Deine Gesetze sind nicht die unseren, John Sinclair. Wir hören noch voneinander. Bereite dich auf den Abend vor und verspäte dich nicht. Du bist der Ehrengast auf der Beerdigung. Stell den Schädel an das Grab.«
    »Dann ist es schon ausgehoben?«
    »Alles wurde vorbereitet. Es fehlen nur noch die Gäste, John Sinclair. Und du natürlich.«
    »Ja, meine liebe Verstorbene. Du glaubst gar nicht, wie ich mich darauf freue.«
    »Lebe wohl - bis später…«
    Es waren Abschiedsworte, die verklangen und mich als einen Menschen zurückließen, der die Welt nicht mehr verstand. Ich hatte mich den Gegebenheiten gefügt und mit dem Schädel geredet. Erst dann wurde mir klar, was ich mir damit angetan hatte.
    Ich wollte darüber lachen, das allerdings blieb mir im Halse stecken. Stattdessen stand ich auf, rief im Büro an, wo ich Suko noch erreichte. Er war von der Pause zurückgekehrt.
    »Das darf doch nicht wahr sein«, sagte er nach meinem Bericht. »Dich hat jemand besucht?«
    »Ja, Cynthia, die Tote«, bestätigte ich.
    »Und dann sprach sie mit dir durch den
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