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0637 - Der Fremde von Catron

Titel: 0637 - Der Fremde von Catron
Autoren: Unbekannt
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war.
    Als Maytschetan wieder hinunter auf das farbenprächtig aufzüngelnde Moos einer freien Fläche zwischen den Bäumen blickte, sah er einen Mann dort stehen. Er war ziemlich alt, aber erhielt sich sehr gerade. Dieser Mann sah ihn, und erhob den Arm.
    Der Fremde winkte.
    Maytschetan stutzte. Er kannte diesen Fremden nicht. Aber eine fast hypnotische Kraft ging von der perspektivisch verkleinerten und verzerrten Gestalt dort aus und zwang ihn, ein zweitesmal hinzusehen, und dann ein drittesmal. Wieder winkte der Mann, der weitaus älter schien als er selbst.
    Komm herunter! schien diese Geste zu sagen. Ich warte. Ich werde dir nichts tun. Ich kann dir nichts tun, denn ich bin alt und schwach.
    „Was soll das? Was soll ich tun?" überlegte Maytschetan.
    Er nickte langsam und drehte sich um. Er umfaßte mit einem langen Blick seiner großen Augen die Einrichtung dieses Zimmers. Der Raum war Teil seines Wohnhauses, das gleichzeitig seine Residenz war. Kolossal viel Platz war dafür verbraucht worden, und Bodenfläche war auf den übervölkerten Welten rar geworden. Das Wohnhaus war gleichermaßen Kommunikationszentrum seiner Partei und eine Art Büro, von dem große Sektoren für ihn selbst abgezweigt worden waren.
    „Und ich werde diese Macht keineswegs abgeben!" stöhnte er auf. Eine besondere Variante der Todesahnung beschlich ihn, diese denkwürdigen Visionen wurden von Sonnenumlauf zu Sonnenumlauf häufiger. Dagegen half nichts, nicht einmal die Betäubung durch nervenreizende Reagenzien.
    Sorgfältig hob der alte Mann den schweren Waffengürtel von einem handgeschmiedeten Haken, schnallte ihn um und steckte die entsicherte Waffe wieder in die Schutztasche zurück, nachdem er sie geprüft hatte.
    Langsam durchquerte er das Zimmer, fuhr nachdenklich mit einem Finger über die dunkle Maserung eines Holzes, warf einen nachdenklichen Blick auf ein Gemälde und blieb vor der schmalen, hohen Tür stehen. Er dachte scharf einen Befehl, summend schob sich die Tür zur Seite.
    Mit bedächtigen Schritten ging der Alte hinunter in den Park.
    Unter den federnden Sohlen seiner leichten Schuhe transportierten ihn die Stufen der rotierenden Wendeltreppe abwärts und entließen ihn in die Halle.
    Vier Sicherungen, vier Identitätskontrollen, vier Panzertüren.
    Dann wehte ihm die kühle Luft des taufeuchten Parks entgegen.
    Er hielt den Atem an. Wieder tauchte die Vision seines Todes auf.
    Nicht der Tod war für ihn ein Schrecken, sondern der Umstand, daß durch seine Vernichtung auch sein Lebenswerk vernichtet wurde. Niemand konnte die Partei und ihre Millionen Anhänger so gut manipulieren wie er selbst. Zögernd hinkte er vorwärts.
    Sein Knieleiden machte ihm wieder zu schaffen. In hundert Schritten Entfernung sah er den Fremden, der ruhig dastand und auf ihn wartete.
    Zwei gegensätzliche Empfindungen beherrschten Maytschetan: Einerseits wußte er mit einer verblüffenden Gewißheit, daß dieser alte Mann mit dem brüchig gewordenen Pelz und den weißen Umrandungen der Augen, die ihn wie ein Nachttier aussehen ließen, ihm gegenüber keinerlei Gefahr darstellte.
    Andererseits ahnte er mit bestechen der Klarheit, daß das, was der Fremde ihm sagen würde, dem Tod gleichkam oder ihn heraufbeschwor. Und trotzdem zog es ihn dorthin. Seine Füße wurden feucht und kalt, als er durch das taukalte Moos ging.
    Als er einige Schritte vor dem Alten stand, hielt der mächtige Mann den Atem an.
    Eine gewaltige Stille fuhr über die Stadt dahin. Es summte in seinen Ohren. Einen unendlich kurzen Moment lang schien die Drehung des Planeten aufzuhören. Um sein Herz krampfte sich eine eiskalte Hand zusammen. Wieder, wie schon vor Tagen, als das Gehirn des Raytschas entführt wurde, griff die Eiseskälte böser Vorahnungen nach dem alten Mann.
    Er versuchte sich aufzurichten, um dem anderen in die Augen blicken zu können, aber er bezahlte es mit einem stechenden Schmerz in der Wirbelsäule.
    „Wer bist du?" fragte er.
    „Ich bin Celtash, der Unruhige, genannt der Kehlkopf der Weisheiten!" sagte der andere mit einer Stimme, die aus einer Urne zu stammen schien.
    „Was willst du von mir?"
    Mit verfärbten Zähnen, einer pelzigen Zunge und rissigen Lippen erwiderte der Mann: „Ich will dich warnen!"
    Er sah eine hastige Bewegung des anderen, hob die Hand und versuchte ein Lächeln.
    „Keine Angst. Meine Worte sind längst keine Waffen mehr, und andere Waffen besaß ich niemals. Ich komme, um dich zu warnen. Ein Traum. Ich habe oft
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