Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0612 - Eine Nacht im Hexenschloß

0612 - Eine Nacht im Hexenschloß

Titel: 0612 - Eine Nacht im Hexenschloß
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Waffen trugen. Er war diesem Phänomen immer unterlegen und ging in dem Tempo zurück, mit dem die Rüstung das Zimmer betrat. Wenn er jemals etwas steif und ungelenk hatte schreiten sehen, dann war es eben diese Rüstung!
    Sie ging weiter, als hätte sie nie etwas anderes getan. Wer immer sich darin verbergen mochte – oder auch nicht – derjenige wußte genau, was er vorhatte.
    Und dann kippte sie um.
    So schnell, daß Archer erst richtig aufmerksam wurde, als sie mit einem lauten Krachen auf den Bohlen aufschlug und dort liegenblieb. Archer stierte sie an, schüttelte den Kopf und hauchte: »Das ist doch nicht möglich, das kann nicht sein.« Seine Stimme kiekste dabei und er fühlte sich wie in einer Sauna.
    Die Rüstung lag genau vor seinen Füßen. Dieses regungslose Etwas gab ihm die Chance, nachzuschauen. Er brauchte nur das Visier hochzuklappen, dann sah er, ob sich jemand darin versteckt hatte.
    Wenn ja, mußte es sich um einen kleinen Menschen handeln.
    Der Historiker spürte einen würgenden Druck in der Kehle, als wäre ein starkes Seil dabei, ihm die Luft abzuschnüren. Er hätte fliehen können, statt dessen siegte seine wissenschaftliche Neugierde.
    So beugte er sich vor, kniete dann neben der Rüstung nieder und näherte seine zitternden Hände dem Sichtvisier.
    Das Metall war kalt, als die Fingerspitzen es berührten. Fast wäre er zurückgezuckt, aber er blieb dran und schaffte es tatsächlich, mit einiger Überwindung, das hindernde Sichtvisier aufzuklappen.
    Archer erwartete, in ein totenbleiches Gesicht zu schauen oder was immer es auch sein mochte.
    Er täuschte sich.
    »Ich… ich drehe noch durch«, ächzte er und schüttelte den Kopf.
    »Da… da ist ja niemand.«
    Noch einmal schaute er hin, weil er sichergehen wollte, sich nicht getäuscht zu haben.
    Es blieb dabei, die Rüstung war leer!
    Pfeifend atmete Archer aus, schüttelte den Kopf, wischte über seine schweißfeuchte Stirn und drückte das Visier wieder zurück.
    Dann stand er auf, ging mit weichen Knien einige Schritte und stützte sich an seinem Stehpult ab.
    Was ging hier vor? Wer spielte mit ihm? Wer beherrschte diese Kräfte? Er fand keine Antwort, es war einfach zu unwahrscheinlich.
    Bisher hatte er an übersinnliche Dinge nie geglaubt, die anderen hatte er stets ausgelacht, doch was er hier erlebte, schlug dem Faß den Boden aus.
    Die Tür stand nach wie vor offen. Für ihn war es der ideale Fluchtweg, dennoch traute er sich nicht, auf den Gang zu laufen, obwohl ihm dieser leer erschien, zudem vernahm er auch keine Tritte mehr.
    Diese Ruhe kam ihm schon unheilig vor.
    Welcher Weg blieb ihm noch?
    Vielleicht durch das Fenster klettern. Das konnte er, aber es hatte keinen Sinn und war zudem gefährlich. Die erste Etage war höher als normal, und die Außenwand fiel zum Wassergraben hin steil ab.
    Zudem war sie ziemlich glatt. Es waren zwar Vorsprünge und Lücken vorhanden, nur traute sich der Historiker nicht zu, seine Füße darauf zu setzen. Er war kein geübter Kletterer, deshalb blieb ihm, wenn er fliehen wollte, nur die offene Tür.
    Dort ging er hin, konnte allerdings ein Knarren der Dielen nicht vermeiden, erreichte die Tür, blieb auf der Stelle stehen und schaute vorsichtig in den Gang, wobei er den Kopf nach recht und links bewegte, den Blick über die Bilder gleiten ließ – die Gemälde zeigten zumeist Porträts –, zum Glück lebte keines.
    Das heißt, die finsteren Gesichter der dort gemalten Personen blieben so starr.
    Allmählich löste sich die schlimme Spannung bei ihm, und er stieß zischend die Luft aus.
    Wenn er die Treppe erreichen wollte, mußte er sich nach rechts wenden. Am Ende des Ganges begannen die breiten Stufen, die in einem Bogen in die Tiefe führten.
    Der schmale Teppich auf dem Boden kam ihm vor wie ein Laufsteg, als er über ihn hinwegschritt. Normal konnte er nicht gehen. Er bewegte sich so ähnlich wie die lebende Rüstung.
    Ohne Zwischenfälle erlebt zu haben, erreichte er sein Ziel. Archer blickte die Stufen hinab, wobei er die Treppe nur zur Hälfte überschauen konnte, die andere verschwand hinter dem geschwungenen Bogen.
    Aus der Halle drang kein Geräusch. Wer sollte sich auch dort aufhalten?
    Der Mann war mißtrauisch geworden. Er rückte seine randlose Brille zurecht und machte sich auf den Weg.
    Auch hier knarrte das Holz, obwohl ein Teppich die Mitte der Treppe bedeckte. Wieder zog sich die Haut in seinem Nacken zusammen. Für ihn schon ein Zeichen, daß er irgendeiner Gefahr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher