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061 - Im Reich der Tausend

061 - Im Reich der Tausend

Titel: 061 - Im Reich der Tausend
Autoren: Ronald M. Hahn
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hast Recht«, sagte Nikolaai mit gerunzelter Stirn. »Ich glaube aber nicht, dass er ein Bürger des Reiches ist. Am besten nehmen wir ihn fest. Lejtenant Iwaan soll entscheiden, was mit ihm geschieht.«
    Aljooscha und die beiden Limonkas nickten.
    »Packt ihn«, ordnete Nikolaai an.
    Sie stürzten sich auf den Eindringling, der aufsprang und sich wehrte, gegen die Elite des Zaren aber natürlich keine Chance hatte.
    Aljooscha und die beiden Limonkas fauchten, wie sie es im Unterricht gelernt hatten, fletschten die Zähne und hängten sich an den Fremden. Der versuchte ein Messer aus einer Rückenscheide zu ziehen. Als Nikolaai das sah, sprang er hinzu und zog dem Blonden den Knauf seiner Dienstwaffe über den Schädel.
    Als der Fremdling zu Boden gegangen war und Aljooscha ihn nach weiteren Waffen abtastete, fiel Nikolaai endlich ein, was ihm an dem Fremden so bekannt vorgekommen war: Seine Kleidung ähnelte der der faschistischen Okkupanten!
    ***
    Commander Drax' Geist kehrte so schlagartig aus den finsteren Untiefen der Ohnmacht zurück, dass er das dringende Bedürfnis verspürte, auf den muffigen Teppich zu kotzen, an dem sich seine Nase rieb.
    Rings um ihn her tönte fremdländisches Geschwafel. Und in seinem armen Schädel gab sich ein Orchester die Ehre, das anstelle romantischer Geigen mit Presslufthämmern arbeitete.
    Matts erster Gedanke galt Aruula und Aiko. Dann fragte er sich, wem er in die Hände gefallen war. Die drei spindeldürren, hungrig aussehenden Jungs mit den abgetragenen Klamotten und struppigen Pelzmützen gehörten nicht zu den Izeekepir-Jägern. Und normalerweise wären sie auch keine Gegner für ihn gewesen. Der Sturz in die Grube hatte ihn offenbar mehr mitgenommen, als er gedacht hatte. Angesichts der Kopfschmerzen tippte Matt auf eine leichte Gehirnerschütterung. Ruhe und Pflege wären jetzt angebracht gewesen.
    Aber das war in seiner Situation ein allzu frommer Wunsch. Matt spürte, dass man ihm die Hände auf den Rücken gefesselt hatte. Er lag auf dem Bauch und sah etwa zwei Dutzend abgeschabte Stiefelpaare nebst dazugehörigen Hosenbeinen. Trotz eines erneuten bösen Anfalls von Übelkeit wagte er es, den Kopf zu heben.
    Was er sah, erstaunte ihn über alle Maßen.
    Vor ihm stand das dürre Kerlchen, das bei der Grube mit seiner Pistole herumgefuchtelt hatte. Es drehte aufgeregt eine Pelzmütze in den Händen und redete schnatternd auf einen elefantenhaft feisten Glatzkopf ein. Dieser saß, in ein wallendes Gewand gekleidet, auf einer Art Thron, der wiederum auf einem Podest stand. Über der Brust des Glatzkopfs kreuzten sich mit Patronen gespickte Gurte, an seinem Gürtel hingen zwei blitzende Colt-Revolver. Auf seiner Platte thronte ein Krönchen jener Art, wie sie für gewöhnlich Prinzessinnen in deutschen Märchenfilmen trugen. Um seine Schultern schlang sich ein verblichener Mantel aus ehemals rotem Samt. Der Pelzkragen stammte vermutlich von einem vor fünfhundert Jahren erlegten Schneehasen.
    Das Schlimmste an dem Fettwanst waren jedoch seine stählernen Zähne und seine Stimme, die jeden Menschen, der sie über längere Zeit hinweg hörte, zu einem bewaffneten Amoklauf verleiten musste.
    Umgeben wurde die merkwürdige Hoheit von zwei Dutzend strubbeligen Uniformierten, deren graue Gesichter die unterschiedlichsten Stadien von Geistesabwesenheit und Desinteresse dokumentierten. Einer der Männer war zudem im Begriff, mit dem Zeigefinger der rechten Hand durch ein Nasenloch in seine Hirnregion vorzustoßen.
    Sämtliche Uniformierte waren bärtig, und wenn man genau hinschaute, konnte man erkennen, was sie zu Mittag gegessen hatten. Ihre geflickten scharlachroten Jacken über den schwarzen Hosen mussten aus den Beständen der Royal Canadian Mounted Police stammen. Sie waren derartig mit Orden behängt, dass Matt unwillkürlich an eine Operette dachte.
    Dazu lieferte der dürre Kerl mit der Pelzmütze in der Hand eine bühnenreife Pantomime ab: Er demonstrierte, wie er sich an jemanden herangeschlichen und ihn beobachtet hatte.
    Die Sprache, die Matt hörte, kam ihm slawisch vor. Zwar verstand er kein Wort, doch er erkannte anhand der Gesten, die der Bursche vollführte, dass es für irgendjemanden um Kopf und Kragen ging.
    »Tankistyj…«, stieß das Kerlchen auf dramatische Weise hervor. »Ptiza… Rasboinikow… Tjomny sil!«
    Der Glatzkopf riss die Augen auf. »Prosto ushas!«
    Der Hofstaat - Matt nahm an, dass die verlauste Bande etwas in dieser Art darstellte -
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