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0602 - Brutstätte des Bösen

0602 - Brutstätte des Bösen

Titel: 0602 - Brutstätte des Bösen
Autoren: Jason Dark
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erschrak, als sie die Stimme des Mönchs vernahm. Sie war zu sehr mit den eigenen Gedanken beschäftigt gewesen. Jetzt nickte sie und fügte ein »Si« hinzu.
    »Ich werde dort auch hinfahren. Ich bleibe in Mailand. Sie nehmen sicherlich einen Flieger…«
    »Richtig, ich muß nach London.« Glenda antwortete automatisch.
    Sie hatte es eigentlich nicht gewollt, aber der Blick des Mannes war so auffordernd gewesen, daß sie nicht anders konnte.
    »London«, wiederholte der Mönch und strich über seinen kantigen Nasenrücken. »Es ist eine wunderschöne Stadt. Ich war selbst nie da, aber ich habe Bücher über London gelesen und mir Vorträge angehört. Wissen Sie eigentlich, daß Sie stolz auf Ihre Geschichte sein können, Sie als Engländerin?«
    Glenda hob die Schultern. »Sorry, aber nur, wenn man die Kriege wegläßt.«
    »Da haben Sie ein wahres Wort gesprochen. Das sollten sich manche Forscher mal merken. Kompliment.«
    »Frauen denken oft anders.«
    »Stimmt.«
    Das Gespräch versickerte. Glenda schaute auf die Uhr. Der Zug hatte Verspätung. Innerlich lachte sie auf. Man hatte sie davor gewarnt und ihr erklärt, daß nicht alles so laufen würde. Die Bahn war relativ pünktlich. Der Zug kam aus Rom und hatte schon eine lange Strecke durch die Berge hinter sich. In Mailand würde sie aussteigen und sich zum Flughafen fahren lassen. Am Abend wollte sie in London landen, mit dem Einbruch der Dunkelheit.
    Das Gefühl war nicht verschwunden. Es hatte sich noch verstärkt, war zu einem Druck, einer Drohung geworden. Vielleicht wollte es Glenda auch warnen.
    Aber wovor?
    Unwillkürlich schaute sie in das Gesicht des neuen Bekannten. Es wirkte hart, fast hölzern, und der Ausdruck in seinen Augen gefiel ihr ebenfalls nicht. Die Pupillen blickten in Fernen, als würde der Mann dort etwas sehen, was allein für ihn bestimmt war. Es konnte auch sein, daß er in seinen Erinnerungen lebte.
    Eine Durchsage schreckte Glenda hoch. Es war die harte Frauenstimme der Ansagerin, die erklärte, daß der Zug aus Rom in wenigen Minuten einfahren würde.
    Nicht nur Glenda Perkins atmete nach dieser Auskunft aus, auch die anderen Reisenden waren froh darüber, nicht mehr länger warten zu müssen. Frauen suchten die Kinder; Hände faßten die Koffergriffe fester. Glenda kam es vor, als wäre ein Ruck durch die Menschen auf dem Bahnsteig gegangen. Sie fuhr in der 1. Klasse und hatte sich dort aufgestellt, wo die entsprechenden Wagen halten würden.
    In ihrer Nähe hielten sich nicht so viele Reisende auf. Die meisten Fahrgäste würden in die Wagen der 2. Klasse steigen, vor allen Dingen Familien mit kleinen Kindern. Glenda hatte nichts gegen Kinder, im Gegenteil, doch es gab Momente, wo sie die hellen Stimmen und das Schreien einfach störte. Besonders an einem Tag wie diesem, der zudem von Kopfschmerzen und diesem Gefühl der Bedrohung begleitet wurde.
    Der Zug fuhr ein. Sie hatten nicht einmal so lange warten müssen.
    Wieder nahm die Erwartung bei den Fahrgästen zu. Die Mütter faßten die Kinder fester, die Männer hielten bereits Ausschau nach günstigen Plätzen.
    Ein Ungetüm von Lok rollte in den Bahnhof. Eine staubbedeckte Wagenschlange folgte. Fenster waren nach unten gezogen worden.
    Reisende streckten die Köpfe heraus und beobachteten das Einrollen des Zuges.
    Glenda hatte ihren Standplatz genau richtig berechnet. Vor ihr kamen die Wagen der 1. Klasse quietschend zum Stillstand.
    Um die Tür zu erreichen, brauchte sie nur zwei Schritte zu gehen.
    Sie hob den Koffer an, wollte sich bei dem Mönch verabschieden und wunderte sich, daß sie ihn nicht mehr sah. Er war ohne ein Wort des Abschieds verschwunden. An den Einstiegen hingen Menschentrauben. Manche Einsteiger wollten die Aussteiger nicht herauslassen und drängten zuerst hinein.
    Glenda hatte es da einfach. Sie ließ ein elegant gekleidetes Paar vorbei, faßte noch einmal nach ihrem Koffer und schaute dabei zufällig zu Boden.
    In der halb gebückten Haltung blieb sie. Drei große Flecken waren ihr aufgefallen, und sie spürte es kalt den Rücken hinablaufen.
    Die Flecken waren dunkel, sie erinnerten an Öl, aber Glenda gehörte zu den Menschen, die daran nicht glauben konnten. Mit dem Einsteigen ließ sie sich Zeit, so schnell fuhr der Zug nicht ab. Mit einem Finger berührte sie einen der Flecken, zog den Finger wieder zurück, besah sich die Kuppe und mußte schlucken.
    Ihr Verdacht hatte sich verstärkt. Nicht Teer oder Öl klebte auf der Spitze, dafür eine
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