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0598 - Der Weg in den Schrecken

0598 - Der Weg in den Schrecken

Titel: 0598 - Der Weg in den Schrecken
Autoren: Jason Dark
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vor ihnen hochwuchs, als stünde inmitten der Natur eine neblige Wand, hinter der jemand Scheinwerfer aufgebaut hatte.
    Eric hielt seine Freundin fest. »Das…«, hauchte er mit heiser klingender Stimme, »das muß es sein. Das ist die lebende Höhle, die auf uns wartet, Sharon.«
    Das Mädchen erwiderte nichts. Die Faszination des Neuen hatte ihm die Sprache verschlagen. Sharon spürte nur den Schauer auf ihrem Rücken und merkte, daß sich die Haut im Gesicht straffte. Tief atmete sie aus.
    »Was sagst du jetzt?« flüsterte Eric erfurchtsvoll. »Was sagst du dazu, Sharon?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Wir sind fast da. Komm.« Er war nicht zu bremsen, zerrte sie weiter, so daß sie hinter ihm herstolperte.
    Ihre Tritte klopften auf den glatten Steinboden. Nur hin und wieder standen Grasbüschel.
    Das Licht ließ die Dinge erkennen, die zuvor in der Dunkelheit verborgen geblieben waren. Sie sahen einen hohen Felsen.
    Ihr Ziel…
    Doch der Felsen stand nicht still. Sie sahen, wie er sich bewegte, wie er zitterte. Gleichzeitig drang aus ihm der fahle Schein, der an Intensität zunahm, und sie erkannten plötzlich, daß der Felsen, auf den sie zuliefen, eine merkwürdige Form besaß.
    Sie blieben erschrocken stehen, denn davon hatte ihnen der Reverend nichts gesagt.
    »Was ist das, Eric?« stotterte Sharon.
    Auch der Junge mußte erst nach Luft schnappen, bevor er eine Antwort geben konnte. »Ein… ein Gesicht.«
    »Im Felsen?«
    Eric hob die Schultern, bekam eine Gänsehaut und sagte zögernd:
    »Der Felsen ist das Gesicht.«
    »Dann lebt er wohl.«
    »Das kann sein.«
    Sharon hatte einen Entschluß gefaßt. »Ich… ich will wieder weg!« sagte sie. »Bitte, laß uns zurückgehen. Das ist mir unheimlich.«
    »Der Reverend…«
    »Es ist mir egal, was der Reverend gesagt hat. Ich kann das nicht mehr aushalten.« Ihr leises Weinen überzeugte Eric davon, daß sie nicht gelogen hatte.
    Eigentlich hätte auch er umdrehen und weglaufen müssen. Seltsamerweise blieb er stehen. Wäre er geflüchtet, wäre er sich vorgekommen wie ein Verräter, außerdem gab es noch einen anderen Grund, nicht wegzulaufen. Es lag an dem Gesicht, an diesem riesigen Kopf. Er strahlte etwas aus, das ihn hemmte.
    Ein Felsen als Kopf, ein Felsen, der sich bewegte.
    Eric hielt den Atem an, als er es sah. Das war fast unmöglich, das mußte einfach ein Traum sein, denn der Felskopf öffnete die Augen.
    Über der dicken, wulstigen Nase erschienen im grauen Gestein zwei Löcher, Augen eben, wobei das rechte größer war als das linke, das mehr einem Schlitz glich.
    Der Felsen lebte!
    Eric war fasziniert, ohne einen Kommentar abgeben zu können.
    Sharon erging es ebenso, auch sie sagte nichts und konzentrierte sich allein auf den Felsen.
    Starr blieben die Augen nicht. Innerhalb der weißen Masse bewegten sich zwei runde Pupillen, die aussahen wie Glaskugeln. Sie glotzten starr und dennoch böse. Durch die beiden verschieden großen Augen hatte das Felsgesicht einen bestimmten, lauernden Ausdruck bekommen. Es war so, als würde sie ein grausamer Riese taxierend beobachten.
    »Er sieht uns!« hauchte Sharon mit einer Stimme, die ihr kaum zu gehören schien. »Ja, er sieht uns, das ist wirklich so. Er glotzt uns an, verflucht!«
    Eric sagte nichts. Auf seinem Jungengesicht erschien ein Lächeln.
    Es glich schon einem Strahlen, als würde er sich darüber freuen, daß dieser lebende Felsenschädel ihn anstarrte. Aber es blieb nicht dabei, denn plötzlich bewegte sich die untere Hälfte, wo das Gesicht von Felswülsten gebildet wurde, die sich nach oben hin verschoben, weil dieser unheimliche Riesenkopf den Mund öffnete.
    Ja, es war ein Maul, das den beiden Kindern auf einmal entgegengähnte. Es war auch der Eingang zu einer Höhle, die in der Finsternis erstickte, so daß sie kein Ende ausmachen konnten.
    »Das ist es«, sagte Eric. »Ja, das ist es, wovon der Reverend gesprochen hat.«
    »Was meinst du?«
    »Die Höhle, der Eingang. Das ist für uns bestimmt. Wir… wir müssen hineingehen.«
    »Nein, ich…«
    Er hielt seine Freundin fest, und der Griff seiner Hand bekam etwas Klammerartiges. »Doch, Sharon, doch. Du mußt mit mir hineingehen. Nur deshalb sind wir hier.«
    »Und dann?«
    »Ich weiß es nicht, was dann geschehen wird, aber wir müssen einfach hinein.«
    »Was ist denn, wenn der Mund wieder zuklappt?«
    Darauf wußte auch Eric keine Antwort. Er jedenfalls ging auf das offene Maul zu und zog Sharon hinter sich her, die sich zuerst
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