Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0595 - Radio-Grauen

0595 - Radio-Grauen

Titel: 0595 - Radio-Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Friedhofs zu treten. Stumm lag das Gelände vor uns. Nebel wehte nicht, trotzdem wurden wir das Gefühl des Unheimlichen nicht los.
    Die Gräber wirkten gepflegt. Die Grabsteine kamen mir vor, als hätte sie jemand geputzt. Bei den eingravierten Namen der Verstorbenen war jeder einzelne Buchstabe zu lesen. Wer hier begraben lag, der brauchte sich keine Gedanken um Grabpflege oder ähnliches zu machen.
    Ich drehte mich um.
    Suko ging neben Max her, der auf meinen Freund einredete und ihm erklärte, daß er einen Fehler machte. »Sie werden es bereuen, Sie dürfen es nicht machen. Man kann nur zu bestimmten Zeiten mit den Toten Kontakt aufnehmen.«
    »Wann denn?«
    »Am Abend.«
    Suko lächelte ungläubig. Er suchte bereits nach einem Platz, wo er sich niederlassen konnte.
    Ich ging praktischer vor. »Okay, Max, jetzt sagen Sie uns, wessen Stimme Sie aufgenommen haben.«
    Max blieb stehen. Ich schielte nach links, denn dorthin hatte er seine Hand gestreckt.
    »Da?«
    Er nickte.
    Ich schaute mir den Grabstein an und las den Namen Dario. Das Grab gehörte zu einer Gruft. Der Verstorbene war noch nicht lange tot, erst seit vier Monaten.
    »Sie haben seine Stimme gehört?«
    Max schlich näher. Neben mir blieb er stehen und machte Handbewegungen, als wollte er das Grab umfassen. »Ja, ich habe sie gehört und trotzdem nicht gehört.«
    »Wie sollen wir denn das verstehen?«
    »Man kann die Stimmen der Toten nur hören, wenn Sie das Band ablaufen lassen.«
    »Aha.« Ich schaute Suko an, der nur die Schultern hob und sich die Funktion des Gerätes noch einmal ansah.
    Max Schreiber glitt auf uns zu. »Ich möchte euch noch einmal warnen. Macht es nicht, überlegt es euch! Die Toten könnten sonst die Lebenden beeinflussen.«
    »Machen Sie das nicht sowieso?« fragte Suko.
    Max rang seine Hände, verdrehte die Augen, schaute zum Himmel und schüttelte den Kopf.
    Ich dachte darüber nach, ob es tatsächlich so gefährlich war oder alles nur auf eine große Schau hinauslief. Vier Tote sprachen eigentlich dagegen. Menschen, die sich umgebracht hatten, weil sie den Stimmen der Toten gehorchten.
    Es war windstill geworden. Wir saßen an einem günstigen Ort.
    Von hier aus konnten wir über den Friedhof schauen und fast jede Stelle einsehen, die nicht durch irgendwelches Buschwerk verdeckt war. Die Gräber lagen in einer fast ehrfurchtvollen Ruhe vor uns.
    Am Himmel hatte die Wolkenbildung zugenommen. Die weißen Berge hatten sich teilweise vor die Scheibe der Sonne geschoben und ihr viel von ihrer Kraft genommen.
    Ich sprach Max Schreiber noch einmal an und redete von der Familie Dario, auf deren Gruft wir saßen. »Sind Sie etwas Besonderes in Carstairs?«
    »Wie?«
    Ich wiederholte meine Frage.
    Er nickte. »Ja, sie sind hier die bekanntesten. Viele heißen Dario. Das ist die Familie, die am längsten hier wohnt. Man sagt ihnen nach, daß die Vorfahren aus Italien eingewandert sind. Wahrscheinlich hat man sie von dort vertrieben. Da haben sie eben in Schottland eine neue Heimat gefunden.«
    »Sie kennen einige der Mitglieder persönlich?«
    »Das hat sich so ergeben.«
    Ich deutete auf den Recorder. »Wenn Sie die Stimmen der Toten aufgenommen haben, waren auch welche der Darios dabei?«
    »Ja, bestimmt.«
    »Und weiter?«
    »Nichts.«
    »Es gab also keinen Selbstmord bei den Darios, wenn ich richtig gehört habe.«
    »Bisher noch nicht.«
    Er gab sich sehr schweigsam. Irgendwie wirkte er falsch auf dem alten Friedhof. Sein Outfit paßte einfach nicht dazu. Er trug eine moderne pinkfarbene Jeans, hinzu kamen das weiße Hemd und die leichte schwarze Jacke. Das Haar wirkte, als hätte er es mit Gel eingeschmiert. Da stand jede Strähne wie ein Nagel nach oben.
    Suko schaute noch einmal in die Runde. »Ich glaube, es ist mittlerweile ruhig geworden. Wir könnten es wagen und uns die Stimmen mal anhören.«
    »Klar.«
    Max Schreiber wischte seine Hände an den Hosenbeinen ab. Der Junge stand unter Druck, das war genau zu sehen. Er stierte den Recorder an, als wollte er ihn hypnotisieren.
    Ich nickte Suko zu, der den Apparat einschaltete. Dabei rückte ich näher an ihn heran, um mir kein Wort von dem entgehen zu lassen, was aus dem Lautsprecher drang.
    Zunächst hörten wir gar nichts. Nur das Rauschen des Bandes drang an unsere Ohren. Danach eine Stimme. Flüsternd war die Frage gesprochen worden, und wir erkannten, daß Max Schreiber persönlich versuchte, Kontakt aufzunehmen.
    »Bitte… bitte … meldet euch! Meldet euch, wenn

Weitere Kostenlose Bücher