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059 - Der Preller

059 - Der Preller

Titel: 059 - Der Preller
Autoren: Edgar Wallace
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zurückziehen zu können, und ich gedenke, mein Versprechen zu halten. Was meinen Freund hier und mich selbst anbetrifft, Mr. Nelson, so kann ich Ihnen verraten, daß Sie Helden aus dem Kriege vor sich haben, die nach der Demobilisierung von der undankbaren Nation nicht so behandelt wurden, wie es sich nach den Opfern, die sie brachten, gehört hätte. Mein Freund Paul ist Offizier der Ehrenlegion. Nicht wahr, Paulchen?« wandte er sich an seinen Begleiter. Paul nickte, und Anthony, der sich selbst den ›Preller‹ nannte, fuhr in seinen Aufklärungen fort:
    »Unser Vaterland scheint unser nicht mehr zu bedürfen und will von uns, die wir das Heer unter für uns ungünstigen Verhältnissen etwas vorschnell verlassen mußten, nichts mehr wissen. Paul mußte abgehen, weil er seinen Urlaub um sieben Tage überschritten hatte. Ich möchte erwähnen, daß er vor dem Kriegsgericht keineswegs die alte Ausrede gebrauchte, er habe das Gedächtnis verloren. Ich? Ja, ich wurde schimpflich entlassen, weil ich einem jungen Mann, der das Abzeichen eines Offiziers der Feldpolizei trug, so aufs Auge schlug, daß es blau wurde.«
    »Und was wollt ihr von uns?« erkundigte sich Pony, der dem anderen schweigend gelauscht hatte.
    »Unser Beruf besteht darin, daß wir so leicht wie möglich unser Geld zu verdienen trachten«, gab ihm sein Gegner Auskunft.
    »Ich habe mir lange den Kopf zerbrochen, wie man es am leichtesten verdienen kann, und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß man es Leuten eures Schlages abnehmen muß. Nur dieses System würde mein Freund Paul, der eine starke moralische Ader hat, als Erwerbszweig anerkennen, sonst hätte er sich wahrscheinlich in meiner Branche schon lange selbständig gemacht. Jedenfalls steht die Sache nun so, daß er sich entschlossen hat, sein Teil mit dem meinen zusammenzuwerfen und euch Bande so zu schröpfen, daß ihr nackt und bloß dasteht, ohne zu wagen, großes Geschrei zu erheben.«
    »Bei mir werdet ihr euch die Zähne ausbeißen«, warnte ihn Pony.
    »Im Gegenteil.« Der höfliche Preller verbeugte sich vor seinem künftigen Opfer. »Ich werde Ihnen alles, was ich brauche, abnehmen. Wissen Sie, wieviel ich brauche? Nein? Nun, es wird jeder Pfennig sein, den Sie in der Tasche tragen, mein sehr verehrter Mr. Nelson.«
    »So wahr mir Gott helfe, ihr Lumpen, ich werde mich bei euch revanchieren«, zischte Pony. Anthony lächelte ein wenig müde.
    »Bedenken Sie doch, mein Freund«, erklärte er, »daß wir, um unseren Beruf erfolgreich auszuüben, ein bedeutend größeres Risiko eingehen müssen. Wir haben also vor Ihrer Rache nicht die geringste Angst. Alles, was ihr uns tun könntet, können wir euch auch verabfolgen, und vielleicht«, er drohte mit dem Finger, »tun wir es ein klein wenig schneller und besser. Auspacken, Pony, los!« Seine Stimme klang scharf und befehlend.
    »Ich weigere mich«, gab Pony zurück und versuchte, ihn anzuspringen.
    Seine Arme griffen in die Luft, und dem Kampf wurde ein schnelles Ende bereitet, als ihn der Kolben eines kräftig gehandhabten Revolvers zu Boden schlug. Das Mädchen, mit einem Gesicht so weiß wie Schnee, hatte dem stummen Kampf bewegungslos zugesehen. Als sich Anthony über den Körper des Bewußtlosen beugte und ihm die Taschen zu leeren begann, fand May ihre Stimme wieder.
    »Ich werde euch das nicht vergessen«, flüsterte sie.
    »Schade«, höhnte Paul, der sie immer noch am Arm festhielt.
    »Auch mir würde es leid tun«, warf der Preller ein, »wenn Sie uns so schnell vergessen würden.«
    Sie starrte ihn nachdenklich an. Dann fragte sie:
    »Was werdet ihr mit mir anfangen?«
    »Wir lassen Sie hier zurück. Das ist es ja gerade, was meine Methoden so erfolgreich und gefahrlos macht: Ich brauche meine Opfer nicht zu fesseln, nicht zu schlagen, nicht zu vergiften, nicht zu knebeln - sie schweigen alle, wenn ich mit ihnen fertig bin. Bitte, rufen Sie ruhig die Polizei. Ich glaube nicht, daß Sie das tun werden, denn sie hat die merkwürdige und tadelnswerte Gewohnheit, sich nach dem Hergang einer Sache sehr eingehend zu erkundigen.«
    »Und Sie wollen ein Mann sein?« fragte sie ihn mit beißender Ironie.
    »Jawohl. Ich halte mich sogar für einen Gentleman«, gab Anthony feierlich zurück.
    Das Durchsuchen der Taschen Ponys währte nicht lange, war jedoch um so einträglicher. Der Preller hatte den Taschen des Bewußtlosen sechs dicke Banknotenrollen entnommen, die er, eine nach der anderen, in die Taschen seines Frackes schob.
    »Ich
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