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0580 - Ginas Mörderschloß

0580 - Ginas Mörderschloß

Titel: 0580 - Ginas Mörderschloß
Autoren: Jason Dark
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Orth war weder etwas zu sehen, noch zu hören. Meist hörten die Schüler ihn, wenn er durch das Treppenhaus ging. Er hatte einen schweren Gang. Seine Schritte produzierten Echos, die sich an den kahlen Wänden ihren Weg suchten.
    Er konnte aber auch schleichen wie ein Raubtier, das hatten die Schüler schon oft zu spüren bekommen. Wie dem auch sei, Dennis Höller war froh darüber, Orth nicht in die Quere zu laufen, denn dessen Fragen hätte er kaum beantworten können.
    Er hoffte nur noch, daß die schwere Doppeltür der Bücherei nicht abgeschlossen war.
    Der Junge hatte Glück. Zwar quietschte die Klinke etwas, als er sie nach unten bewegte, die Tür selbst war nicht verschlossen. Er konnte sie aufdrücken.
    Zuerst war sie etwas unbeweglich. Bei mehr Schwung jedoch glitt sie nach innen.
    Dennis betrat die Bücherei!
    Ein großer Saal mit ebenfalls hohen Fenstern, vor die Tücher gezogen waren, um die Bücher vor dem einfallenden Sonnenlicht zu schützen.
    Die Bücher standen in den dunklen Regalen. Vom Boden bis zur hohen Decke reichten sie. Von der Wand war nichts mehr zu sehen.
    Alles wurde von Buchrücken eingenommen. Dazwischen schimmerten nur mehr die Kanten der Regale.
    Leseecke, Pulte und Kartenmaterial waren ebenso vorhanden wie große Karteikästen, die in breiten Schubladen hingen. Dort war jedes Buch mit Titel und Verfasser verewigt und auch mit einem Code, wo man es in den Regalen fand, die jemand von A bis Z und von eins bis zehn durchnumeriert hatte.
    Dennis brauchte die Karteikästen nicht zu benutzen. Er hatte schon zuvor die wichtigen Dinge ausgekundschaftet.
    Sein Weg führte ihn in eine Ecke, die noch dunkler war als der übrige Raum. Dennoch konnte er die hellroten Rücken der Bücher gut erkennen, die er für seine Arbeit benötigte. Es waren fünf, und sie standen dicht an dicht.
    Der Vater eines Schülers hatte sie neu gebunden und sie dadurch wieder benutzbar gemacht.
    Der Inhalt der fünf Bücher beschäftigte sich mit den Sagen und Legenden des südlichen Schwarzwaldes. In einem der Bände würde er auch die Geschichte der Hexe finden.
    Fragte sich nur, in welchem Buch er die Geschichte der Schwarzwald-Hexe fand und ob er dann mit seiner Vermutung überhaupt richtig lag. Er mußte sich auf die Zehenspitzen stellen, um das erste Buch erreichen zu können. Auf dem roten Rücken schimmerte in goldener Schrift die Zahl eins.
    Dennis schlug das Buch auf, dann wieder zu, weil er sich mit dem Inhaltsverzeichnis beschäftigen wollte.
    Nein, von einer Schwarzwald-Hexe fand er nichts. Auch nicht im zweiten Buch – aber im dritten.
    Plötzlich zitterten seine Finger. Der kalte Schweiß lag auf der Stirn des Jungen, er hatte weiche Knie bekommen, die Augen weiteten sich, tief atmete er durch.
    In der Nähe stand eine kleine Lesebank, auf der er seinen Platz fand. Dort war es auch hell genug, um die Zeilen ohne Zuhilfenahme einer Lampe lesen zu können.
    Dennis mußte die Seite 64 aufschlagen und sah den Titel.
    »Die Schwarzwald-Hexe«, las er flüsternd vor und betrachtete das Bild unter der Überschrift. Es zeigte eine Frau mit wirren Haaren, einem langen Rock und tief ausgeschnittener Bluse. Das alles war in einer Kohlezeichnung festgehalten worden.
    Die Geschichte war nicht lang. Sie zog sich nur über vier Seiten hin und war zudem von einer weiteren Zeichnung unterbrochen worden, die ebenfalls die Hexe zeigte, die jetzt auf dem Scheiterhaufen und in hellen Flammen stand.
    Er ließ das Buch sinken. Wie im Traum, dachte er. Ja, wie in meinem Traum.
    Durch das Lesen der Geschichte hatte er wenigstens den Namen der Hexe erfahren.
    Gina hieß sie!
    Er hatte den Namen nie gehört und fragte sich zudem, was ihn mit dieser Person verband und weshalb er stets von ihr träumte. Er hob die Schultern, blätterte um, damit er auch noch den Schluß der Geschichte lesen konnte.
    Diesmal flüsterte er die Sätze. »Und so wurde, um sicherzugehen, die Hexe Gina nach dem Verbrennen von einem Henker zusätzlich geköpft. Dies alles geschah im Jahre des Herrn 1712.« Noch einen Nachsatz las er vor. »Der Blutstein aber war und blieb verschwunden. Niemand konnte mehr sagen, wo er sich befand, denn Gina hatte bis zum Tod geschwiegen.«
    Dennis räusperte sich so leise wie möglich. Er schaute gegen die Wand und dachte über den Begriff Blutstein nach. Gehört hatte er davon nichts. Es war ihm neu. Auch in seinen Träumen hatte er den Stein nicht entdecken können, dennoch mußte er eine zentrale Rolle spielen,
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