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0562 - Mordnacht in Paris

0562 - Mordnacht in Paris

Titel: 0562 - Mordnacht in Paris
Autoren: Jason Dark
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Henkersschlinge. Ein Oval, das er über den Kopf der Frau würde streifen, um es dann ruckartig zuzuziehen.
    In die Augen des Killers trat ein gewisser Glanz. Wilde Vorfreude auf die Tat überfiel ihn.
    Bald, sehr bald würde sein großer Herr und Meister wieder eine Seele bekommen.
    Wie einfach es doch war.
    Die Zeit schien kurz vor der Tat langsamer abzulaufen. Da rückten die Sekunden näher zusammen, damit er alles genau genießen konnte.
    Wann endlich ging sie weiter?
    Noch immer nahm sie den Duft der Blumen in sich auf. Das war doch nicht normal?
    Quasimodo schob sich vor. Ein Zweig streifte sein Gesicht dicht unter den kalten, gelben Augen. Er leckte über die porösen Lippen.
    Sein hellgraues Haar lag verfilzt auf seinem Kopf und berührte schleierhaft die Büsche.
    Sie ging weiter – endlich…
    Der Mann spannte sich noch mehr. Er bog den Rücken durch, drückte den linken Absatz in den etwas zu weichen Boden, um sich schnell genug abstoßen zu können.
    Sie ahnte nichts…
    Drei Schritte, zwei…
    Der Killer streckte den linken Arm vor. In der rechten Hand hielt er die Schlinge.
    Die Frau ging den letzten Schritt, befand sich jetzt fast mit ihm auf einer Höhe.
    Da schnellte der Bucklige aus dem Versteck auf die Ahnungslose zu, die aufschrie und die Blumen verlor…
    ***
    Der Killer, dachte Lady Sarah Goldwyn. O verdammt, jetzt hat er dich erwischt!
    Sie stand unbeweglich, nur diesen verdammt kalten Druck im Nacken spürte sie.
    Ein Messer, eine Waffenmündung? Sie tippte auf das letzte und hörte einen zischenden Atemzug, bevor die flüsternde Stimme an ihr Ohr drang. »Sie werden jetzt genau das tun, was ich will. Verlassen Sie den Weg nach rechts und ducken sich unter den Zweigen der alten Buche hinweg. Haben Sie verstanden?«
    »Oui«, ächzte sie.
    »Und keinen Laut, Madame!«
    Seit wann sprach ein Killer seine Opfer mit Madame an? überlegte die Horror-Oma. Sie befand sich in Paris, vielleicht waren die Mörder hier höflicher?
    Das Ziel war trotz der Dunkelheit gut zu erkennen. Die große Buche wirkte wie ein schützendes Zelt aus kahlen Zweigen. Lady Sarah bekam weiche Knie, denn die Umgebung des Baumes verschwamm in der Finsternis, und im Nacken wollte der Druck einfach nicht weichen.
    »Schneller!«
    Sie beschleunigte ihre Schritte, obwohl ihre Knie zitterten. Damit hatte sie nicht gerechnet. Vor ihr erschien der erste Buchenast wie ein halbverwester, starrer Totenarm, unter den sie hinwegtauchte und rechts um den Stamm herumgehen mußte.
    Erst hinter den Bäumen sah sie die matten Umrisse der Grabsteine.
    Der Boden bewegte sich unter ihren Sohlen, so weich war er. Sie mußte weiter. Auf einem Grab entdeckte sie in dessen weicher Erde Fußabdrücke. Kurz vor dem hohen Grabstein durfte Lady Sarah stehenbleiben, mußte ihre Arme jedoch ausstrecken und die Handflächen auf die Kante legen.
    Der Druck der Mündung blieb. Hinter ihr erklangen ein Rascheln und dumpfe Tritte. Stimmen flüsterten miteinander. Plötzlich spürte sie Hände an ihrem Körper, die sie blitzschnell abtasteten. Noch hatte Sarah Goldwyn niemanden gesehen. Sie vernahm nur die raunende Stimme. »Die Tante ist sauber.«
    »Hätte mich auch gewundert.«
    So redeten keine Mörder. Der schnelle Herzschlag beruhigte sich, und Lady Sarah, die nicht auf den Mund gefallen war, fragte: »Darf ich mich jetzt umdrehen?«
    »Oui.«
    Zwei Männer standen vor ihr. Uniformen trugen sie nicht, dafür Pudelmützen. Sie hatten harte Gesichter, die Augen glitzerten, und sie waren mit Schnellfeuergewehren bewaffnet, deren Mündungen gegen den Himmel wiesen.
    »Polizei?« fragte die Horror-Oma.
    »Sieht man das?«
    »Man ahnt es zumindest.«
    »Verdammt noch mal, was suchen Sie hier auf dem Friedhof, Madame?«
    »Ein Grab.«
    »Klar, daß Sie nicht in ein Bistro wollten.«
    Sie hob die Schultern. »Ist es verboten, über den Friedhof zu gehen?«
    »Nicht so laut, Madame. Im Prinzip ist es nicht verboten, aber wenn ein fünffacher Mörder auf ein Opfer lauert, sollte man schon vorsichtig sein.«
    »Ich hörte davon.«
    »Wie nett. Und trotzdem sind Sie hergekommen?«
    »Wissen Sie, Monsieur, man warnte mich. Im Bistro erzählte man mir davon. Aber mal ehrlich. Ein Killer wie dieser Bucklige, so beschrieb ihn eine Giselle, wird sich kaum an einer alten Frau wie mir vergreifen?«
    »Das meinen Sie.«
    »Hat er bisher nicht nur junge Frauen getötet?«
    »Stimmt genau. Nur ist das keine Garantie.«
    »Da haben Sie recht.« Lady Sarah nickte. Längst war
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