Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0561 - Leichenwagen zur Hölle

0561 - Leichenwagen zur Hölle

Titel: 0561 - Leichenwagen zur Hölle
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
finden. Es eilt.«
    Ich schwieg zunächst einmal. Mochte Robby so sympathisch sein, wie er wollte, für mich sprach er in Rätseln. In dieser freundlichen und auch weihnachtlichen Atmosphäre des Lokals wirkten seine Worte und Erklärungen einfach fehl am Platze. Ich konnte ihm kaum folgen. Es wollte nicht in meinen Schädel.
    Er trank seine Limonade und blickte mich dabei an. Auf seiner Stirn sah ich kleine Schweißperlen. »Wissen deine Eltern eigentlich von der Suche nach mir?«
    Er hob nur die Schultern, ohne eine akustische Antwort zu geben.
    »Was ist mit dem Leichenwagen?«
    »Er holt sie.«
    »Und wen?«
    »Er bringt sie zurück«, präzisierte der Junge.
    »Okay, nehmen wir das einmal an, gehen wir davon aus. Wenn er sie zurückbringt, muß er sie ja zuvor geholt haben. Liege ich da mit meiner Vermutung richtig?«
    »Genau.«
    »Wo hat er sie denn hergeholt. Und wohin sollen sie dann gebracht werden?«
    »In die Hölle!«
    Ich räusperte mich. Das war wieder eine Antwort gewesen, die mir überhaupt nicht in den Kram paßte. Es gab zwei Möglichkeiten.
    Entweder wollte mich der Junge auf den Arm nehmen, oder er meinte es tatsächlich ernst mit seiner Absicht.
    »Ein Leichenwagen zur Hölle!« präzisierte ich.
    »Sir, so ist es.« Er nickte mir zu, als hätte er mir soeben ein Kompliment gemacht.
    Ich hatte es zwar nicht direkt vorgehabt, jetzt griff ich trotzdem zur Zigarette und klemmte mir das Stäbchen zwischen die Lippen.
    Über die Flamme des Feuerzeugs hinweg schaute ich dem Jungen ins Gesicht, dessen Ausdruck in den Augen nach wie vor offen und klar war. Es war für mich nicht vorstellbar, daß er mich belog.
    »Glauben Sie mir denn, Sir?«
    Ich blies den Rauch nach rechts, weg vom Tisch. »Das ist so eine Sache, Junge. Wahrscheinlich fällt es mir schwer, dir das zu glauben. Du sprichst schlimme Dinge gelassen aus. Ich wäre wesentlich überzeugter, wenn ich diesen Leichenwagen einmal sehen könnte.«
    Jetzt bekam er eine Gänsehaut. »Mr. Sinclair, wünschen Sie sich das nicht! Wenn Sie ihn sehen, ist es in den meisten Fällen zu spät. Er kann Dinge, über die ich kaum zu sprechen wage.«
    »Versuche es trotzdem. Ich bin ein guter Zuhörer.«
    »Nun ja, wo er erscheint, da hinterläßt er ein Loch. Aber kein normales, sondern ein Zeitloch. Er ist hinter uns her. Er will uns fangen, weil wir ihm entwischten.«
    Ich stäubte Asche ab. »Ihr seid ihm also entwischt. Wo seid ihr hergekommen?«
    »Aus der Hölle!«
    Schon wieder das Wort Hölle. Allmählich ging mir dieser Begriff auf den Wecker. Was hatte der Junge vor mir mit der Hölle zu tun?
    Ich mußte einfach Antworten bekommen, drückte den Glimmstengel halbgeraucht aus und wollte Tacheles mit ihm reden, als er den Stuhl zurückschob und sich langsam erhob.
    Er tat dies mit Bewegungen, die mir überhaupt nicht gefielen. Da war die Spannung zu sehen, die ihn umklammert hielt. Auch der starre Blick, den er durch die dicken Scheiben des Wintergartens nach draußen in den Trubel schickte.
    »Was hast du, Robby?«
    Der Junge schüttelte den Kopf, gab trotzdem eine Antwort. »Ich spüre ihn«, flüsterte er. »Der Leichenwagen befindet sich in der Nähe. Sie werden ihn gleich erleben.« Robby drehte den Kopf zu mir und schaute mich scharf an. »Geben Sie acht, er kommt.«
    »Ich sehe ihn nicht.«
    »Schauen Sie nach vorn.«
    Seine Stimme hatte sich fast überschlagen. Mir blieb nichts anderes übrig, als dem Ratschlag zu folgen.
    Ich starrte durch die Scheibe, sah den Weihnachtstrubel, all diesen Verkehr – und den Wagen.
    Ein pechschwarzes Ungeheuer auf vier Rädern raste, sämtliche Regeln mißachtend und quer zum Verkehr genau auf die Glaswand des Wintergartens zu. Der Fahrer nahm keine Rücksicht auf die zahlreichen Menschen und Fahrzeuge, er fuhr durch.
    Aber es passierte nichts.
    Dafür bei Robby. Der Junge sah aus wie jemand, der von einem sichtbaren, elektrischen Strom umflossen wurde. Vom Kopf bis zu den Füßen umwirbelte ihn ein fahlblauer Schein und zeichnete seine Figur genau nach.
    Die Stimmen der Menschen umgaben mich zwar, sie klangen jedoch gedämpft, als wären sie durch dicke Mauern von mir getrennt, so daß ich mich in einer anderen Welt befand, die nicht mehr zu der normalen zählte.
    Was war das?
    Da hatte der schwarze Leichenwagen die Scheibe erreicht. Er stoppte nicht, er raste hindurch!
    ***
    Es war die Hölle!
    Jedoch eine Hölle in Zeitlupe. In diesem verzögerten Tempo brachen auch die Scheiben des Wintergartens
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher