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0561 - Leichenwagen zur Hölle

0561 - Leichenwagen zur Hölle

Titel: 0561 - Leichenwagen zur Hölle
Autoren: Jason Dark
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Ecke herumgebaut. Mir gefielen diese Wintergärten. Da saß man im Trubel und hatte trotzdem seine Ruhe. Von außen peilte ich hinein und entdeckte tatsächlich einen noch freien Zweiertisch.
    Besser konnte es nicht kommen, denn der Tisch war noch frei, als ich hinkam.
    Jacke aus, Tasche abgestellt, Beine ausgestreckt – endlich so etwas wie Ruhe.
    Ich griff zur Karte, schaute sie durch und entschied mich für eine Pastete und Käsesnack.
    Dazu paßte ein Glas Weißwein, der als Spezialität des Hauses angeboten wurde.
    Die Kellnerin trug eine rotweiß gestreifte Bluse, einen roten Rock und eine Brille, die aussah wie ein großer Schmetterling auf der Nase. Am Kragen sah ich eine kleine, rote Fliege. Die Dame machte mir einen gestreßten Eindruck, deshalb wies ich sie auch nicht darauf hin, daß ihr Gurgelpropeller schief saß. Eine weitere Abfuhr wollte ich mir nicht holen.
    »Was darf ich bringen, Sir?«
    Ich gab meine Bestellung auf.
    »Gern.« Sie verschwand wieder, ich streckte die Beine aus und schaute durch die Scheibe.
    Himmel, was da alles vorbeilief. Ein nie abreißender Strom von Menschen. Viele schauten in das Lokal hinein, gingen weiter, schleppten Tüten und Tragetaschen, als wäre nur noch der heutige Tag da, um einkaufen zu können.
    Mein Wein wurde gebracht.
    Ich bedankte mich mit einem Kopfnicken, probierte und fand ihn ausgezeichnet. Er war gut gekühlt und auch trocken.
    »Ist der Platz neben Ihnen noch frei?«
    Ich hörte den Frager, bevor ich ihn sah. Die Stimme kam mir ebenfalls bekannt vor.
    Schon erschien er neben mir. Es war der ungefähr vierzehnjährige Junge, mit dem ich ein paar Worte vor der Parfümerie gewechselt hatte. »Ja, bitte, nimm Platz.«
    »Danke sehr.«
    Zufall, oder nicht? In meinem Job muß man leider in gewissen Kategorien denken, doch in diesem Fall machte der Junge einen sehr netten Eindruck. Die Jacke zog er nicht aus, er öffnete nur den Reißverschluß.
    Als mein Essen kam, bestellte er sich eine Limonade. »Guten Appetit«, wünschte er mir.
    »Danke sehr.« Ich aß die Pastete. Da ich mich auf das Essen konzentrierte, hörte ich die Stimme des Jungen wie aus weiter Ferne.
    »Sie sind doch John Sinclair, Oberinspektor Sinclair!«
    Die Gabel blieb zwischen Mund und Teller in der Luft stehen.
    »Wieso? Müßte ich das sein?«
    »Es wäre besser.«
    »Gesetzt den Fall, es stimmt. Was würde das bedeuten?«
    »Sorry, Sir, ich bin Robby Dobson.«
    »Wie nett – und weiter?«
    »Ich habe Sie gesucht, verfolgt, jetzt wiedergefunden. Vorhin traute ich mich nicht, Sie direkt anzusprechen.«
    »Worum geht es denn?«
    »Um zahlreiche Tote und um einen Leichenwagen…«
    ***
    Und das zur Vorweihnachtszeit!
    Mir blieb auch nichts erspart. Ich schaute mir den Junge an. Im Vergleich zu unserer ersten Begegnung hatte er sich um keinen Deut verändert. Nach wie vor fand ich seinen Ausdruck ausgesprochen offen. Die klaren Augen, das Gesicht in der Entwicklung eingebettet zwischen Kind und Erwachsenwerden. Das leichte Lächeln auf seinen Mundwinkeln, das keinesfalls spöttisch wirkte. Hinzu kam der offene und ehrliche Blick.
    Dennoch wollte ich ihm nicht glauben. Ich aß noch das letzte Stück Pastete, trank einen Schluck und fragte: »Sag mal, wie alt bist du eigentlich, Junge?«
    »Alt genug.«
    »Komm, erzähl mir keine Geschichten. Ich habe dich nach dem genauen Alter gefragt.«
    »Fünfzehn.«
    »Sehr gut.«
    »Was denken Sie jetzt, Sir?«
    »Daß ich mir in deinem Alter auch gern Geschichten ausgedacht habe, die ich anderen erzählen konnte.«
    »Ich kenne Sie, Mister.«
    »Das habe ich gehört. Du hast mich gesucht und auch gefunden.«
    Er nickte. »Ich habe mir keine Geschichten ausgedacht. Ich habe bewußt nach Ihnen gesucht. Ich möchte Sie nur darüber in Kenntnis setzen, daß der Leichenwagen unterwegs ist und möglicherweise auch bei Ihnen erscheint.«
    Ich wollte es noch immer nicht wahrhaben. »Was sollte ich denn mit einem Leichenwagen zu tun haben?«
    »Noch nichts Direktes. Sie kennen mich jetzt. Vielleicht haben die anderen das schon bemerkt.«
    »Welche?«
    »Die im Leichenwagen.«
    »Tote?«
    »Nein. Es muß ja welche geben, die das Ding fahren, Sir. Diese Leute sind furchtbar.«
    »Du hast also vor Ihnen Angst?«
    »Die Angst ist derart groß, daß ich Sie gesucht und auch gefunden habe. Sie müssen uns helfen, Sir.«
    Ich runzelte die Stirn. »Du hast uns gesagt, Robby. Dann bist du nicht allein?«
    »Es gehören noch andere dazu. Wir sind unterwegs, um Sie zu
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