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0549 - Des Teufels Traum

0549 - Des Teufels Traum

Titel: 0549 - Des Teufels Traum
Autoren: Werner Kurt Giesa
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dünnen Augenbrauen hoch. Bisher hatte er noch das Aussehen eines normalen Menschen gehabt, jetzt begann er sich zu verändern. Aus der Stirn seines kahlen Schädels schoben sich die Hörner empor. Seine Augenfarbe veränderte sich, wurde zu einem undefinierbaren, irisierenden Licht. Es übte hypnotisierende Wirkung aus. Sid Amos hatte Mühe, sich dieser Wirkung zu entziehen.
    »Ich brauche keine Freunde«, sagte Lucifuge Rofocale. »Es reicht völlig, wenn ich Feinde habe. Das hält mich jung. Nun gib mir die Amulette.«
    »Nein«, erwiderte Amos.
    Er fragte sich, warum Satans Ministerpräsident sie ihm ausgerechnet jetzt abforderte. Er war sicher, daß der Herr der Hölle schon seit geraumer Zeit wußte, daß Sid Amos über einige von Merlins Amuletten verfügte. Wenn Lucifuge Rofocale sie ihm abnehmen wollte, warum hatte er das nicht schon viel früher versucht? Warum ausgerechnet jetzt?
    Außerdem… wußte er, daß Amos drei Amulette besaß? Oder rechnete er nur mit zweien?
    Während Amos versuchte, dem hypnotisierenden Blick des Erzdämons auszuweichen, beobachtete er dessen Reaktionen genau. Er mußte herausfinden, wie weit die Entschlossenheit des Herrn der Hölle ging. Würde er wirklich darum kämpfen wollen?
    Lucifuge Rofocale runzelte die Stirn.
    »Ich dulde keinen Widerspruch«, sagte er gefährlich leise.
    Er streckte die linke Hand aus.
    Aus den Fingern schoben sich lange Krallen hervor, spitz und scharfkantig wie kleine Dolche.
    »Ich bin dir längst nicht mehr untertan«, sagte Amos mit gespielter Gelassenheit. »Ich habe mich anderen Pfaden zugewandt. Die Schwefelklüfte sind nicht mehr meine Heimat. Du kannst mir nicht mehr befehlen, das Hecht dazu ist dir genommen.«
    »Von wem? Etwa von LUZIFER? Er wird dich kaum noch schützen, nach so langer Zeit, in der du ihn ständig enttäuschtest.«
    Sid Amos verzichtete auf eine Antwort. Er streckte den Arm aus und wies Lucifuge Rofocale symbolisch den Weg zur Tür. »Geh jetzt endlich, ehe ich mich wirklich aufrege.«
    »Du gibst mir die Amulette. Dann gehe ich«, versprach Lucifuge Rofocale.
    »Was geschieht, wenn ich es nicht tue? Wirst du dann versuchen, mich zu töten?« Amos grinste spöttisch. »Das hat bislang nicht einmal Zamorra geschafft.«
    »Er hat es in den letzten Jahren auch nicht mehr versucht. Und du bist in diesen letzten Jahren schwächer geworden«, sagte der Herr der Hölle. »Ja, ich werde dich töten, wenn du mir vorenthältst, was ab jetzt mir gehört.«
    Ganz unrecht hatte Lucifuge Rofocale nicht. Amos war schwächer geworden. Aber seine Schwächephasen waren nicht konstant. Sie traten in einem unberechenbaren Rhythmus auf. Ärgerlicherweise verließ ihn seine Kraft meistens dann, wenn er sie am nötigsten brauchte. Bislang hatte er noch nicht ergründen können, warum das so war.
    Es gab eine Möglichkeit, sich Lucifuge Rofocale trotzdem überlegen zu zeigen. Aber es war eine, auf die er nur höchst ungern zurückgriff. Er versuchte weitgehend darauf zu verzichten, wenn es auch nur irgendeine andere Chance gab.
    Er hoffte, daß er sie auch diesmal nicht anwenden mußte.
    Vielleicht war es besser, jetzt einfach die Flucht zu ergreifen. Immerhin war er reisefertig.
    Er streckte die Hand nach dem flachen Koffer aus, drehte sich blitzschnell um sich selbst und formulierte den Zauberspruch, um sich in einer Schwefelwolke aufzulösen und an einen anderen Ort zu verschwinden.
    Aber Lucifuge Rofocale ließ das nicht zu.
    Er wollte den Kampf…
    ***
    Teri materialisierte in der Nähe des Hauses, in dem Ombre wohnte. Sie sah sich um; trotz der späten Mittagsstunde waren hier nur wenige Menschen unterwegs, und niemand achtete auf sie. Dabei war sie mit ihrem bis auf die Hüften fallenden goldenen Haar eine durchaus auffällige Erscheinung, besonders in dieser Gegend. Das' Hafenviertel war nicht gerade eine der vornehmsten Wohngegenden. Hier lebte der »Bodensatz der Gesellschaft«. Wer zu den beautiful people gehörte, fiel hier zwangsläufig auf.
    Sie bewegte sich so unauffällig wie möglich, und zugleich veränderte sie ein wenig ihr Aussehen. Für andere, die sie anschauten, war sie von einem Moment zum anderen nur noch ein blondes Durchschnittsmädchen in nicht zu auffälliger Kleidung.
    Sie suchte nach der Straße, in der Ombre wohnte. Der verwahrloste Zustand erschreckte sie. Daß die Häuser schmutzig waren, der Putz von den Fassaden blätterte und manche Fenster einfach durch Pappe oder Bretter ersetzt worden waren, war noch
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