Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0548 - Feuerdrache

0548 - Feuerdrache

Titel: 0548 - Feuerdrache
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
recht. Wieso hatte er Angst? Wenn die Bestie ihn zerreißen wollte, waren seine Überlebenschancen ohnehin gleich Null. Aber wenn nicht…
    Er seufzte. Entweder war er gleich tot, oder…
    »Wer bist du?« fragte er.
    Das Ungeheuer schnappte nach Luft. »Sieht man das nicht?« fuhr es ihn an. »Du bist ja wirklich noch dümmer, als die Polizei erlaubt! Ich bin natürlich ein Drache!«
    »Natürlich, ja… ein Drache…« murmelte William. »Sicher. Das hätte ich selbstverständlich sofort sehen müssen. Ein Drache. EIN DRACHE!«
    Fassungslos versuchte er noch weiter zurückzuweichen. Aber obgleich der Cadillac ein recht breites Fahrzeug war und William jetzt schon fast auf dem Beifahrersitz hockte, wurde der Abstand zu der Bestie nicht größer. Der -der DRACHE - rückte ständig nach und versuchte, auf Tuchfühlung zu gehen.
    Wobei von »Tuch« bei ihm selbst freilich keine Rede sein konnte. Als Drache trug er natürlich keine Kleidung. Natürlich…
    »Schon gut, all right, ich bin nur ein kleiner Drache«, redete das Biest derweil unverdrossen weiter. »Aber ich bin auch ein netter Drache, das kannst du mir wirklich glauben, Mensch. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben.«
    Dessen war William sich immer noch nicht ganz sicher. Wer garantierte ihm, daß er nicht doch als Appetithäppchen auf der Speisekarte dieses Monstrums stand? Dieses kleinen Drachen?
    Klein oder nicht klein - für William war er ein gewaltiges Ungetüm. Auch wenn seine Stehhöhe nur knapp um ein Meter zwanzig betrug. Das Maul war jedenfalls groß genug, um dem eines ausgewachsenen Krokodils erfolgreich Konkurrenz zu machen.
    »Wieso kannst du sprechen?« fragte William.
    »Ahrg!« entfuhr es dem kleinen Drachen. »Gegenfrage: Wieso kannst du sprechen?«
    »Weil das für mich völlig normal ist. Schließlich bin ich ein Mensch.«
    »Und für mich ist es ebenfalls völlig normal, schließlich bin ich ein Drache!« konterte der Drache. »Mich wundert, daß ihr Menschen sprechen könnt. Denken scheint ihr jedenfalls nicht zu können. Beim großen Feuer, wo bin ich hier bloß hingeraten? Fehlt nur noch, daß dieser sture Kerl mich für ein Tier hält!«
    Unwillkürlich rückte er ein wenig von William ab, was dieser mit sichtlicher Erleichterung registrierte.
    »Immerhin sprichst du ein akzentfreies Schottisch«, brummte William. »Da wird man sich ja wohl noch wundern dürfen, oder?«
    Moment mal… Schottisch?
    All right, William war Schotte. Aber er befand sich hier in Frankreich, und demzufolge wäre es normal gewesen, daß der Drache französisch redete. Oder immerhin, wenn er merkte, daß er es nicht mit einem Franzosen zu tun hatte, sondern mit einem Bewohner der britischen Inseln, englisch. Nicht aber in diesem altkaledonischen Dialekt, den es in dieser Form auch nur in der unmittelbaren Umgebung von Williams Urheimat gab! Schon ein paar Dörfer weiter sprach man in einem ganz anderen Dialekt, und oft genug waren in ferner Vergangenheit Kriege zwischen den Clans nur deshalb ausgebrochen, weil der eine den anderen nicht richtig verstand oder verstehen wollte. Auch heute noch waren sie sich gegenseitig nicht immer grün, nur wenn es gegen die verhaßten Engländer ging, die seinerzeit Mary Stuart geköpft und darüber Scotias Königsthron unrechtmäßig in ihren Besitz gezwungen hatten. Dann allerdings konnten sie sich sogar mit Walisern, Iren und Cornen vertragen.
    »Schottisch? Kann sein«, gab der kleine Drache leichthin zu. »Ich weiß nicht, warum du meine Sprache so nennst.«
    »Du kommst also aus Schottland?« staunte William. »Hast du etwa irgendwie mit Nessy zu tun?«
    »Ich komme natürlich aus dem Drachenland!« protestierte das Ungeheuerchen. »Schottland kenne ich nicht. Wo liegt das? Und wer ist Nessy?«
    Oh, du lieber Himmel, dachte William. Da quasselt das Biest in meinem Dialekt und kennt das Ungeheuer von Loch Ness nicht?
    »Sag mal, Mensch«, fuhr der kleine Drache fort. »Müssen wir eigentlich hier bis zum Ende aller Tage auf der Straße stehen bleiben? Tut mir wirklich leid, daß ich dich vorhin so erschreckt habe, das wollte ich wirklich nicht. Aber irgendwie hab’ ich’s doch ein bißchen eilig. Da sind nämlich ein paar andere hinter mir her, denen ich ausgebüxt bin. Und je länger ich meine Zeit mir dir vergeude, desto kleiner wird mein Vorsprung. Hättest du vielleicht die Güte, entweder meine Entschuldigung zu akzeptieren, damit ich endlich weiter kann, oder mir zu helfen?«
    William seufzte.
    »Wer ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher