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0543 - Die Fliegen-Königin

0543 - Die Fliegen-Königin

Titel: 0543 - Die Fliegen-Königin
Autoren: Jason Dark
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Grayson mit zwei Fingern in seinem Bier herumfischte.
    »Was ist denn los?«
    »Diese verdammten Fliegen!« schimpfte er, »sie sind überall. Ich habe sie noch nie als so große Plage empfunden wie an diesem Tag.«
    Er hatte die ertrunkene Fliege erwischt, schleuderte sie fort und trocknete die Fingerspitzen am Taschentuch.
    »Das kann ich nicht sagen. Mir gegenüber haben sie sich nicht aggressiv verhalten.«
    »Ich habe sogar von Ihnen geträumt.«
    Da mußte ich lachen. »Dann haben Sie eine Fliegen-Phobie.«
    »Glaube ich auch.« Er strich über sein Gesicht. »Wenn ich daran denke, daß ich gestern um diese Zeit noch auf dem Balkon eines Berghotels gesessen habe und versuchte, die Sterne zu zählen, wird mir ganz anders. Übermorgen muß ich wieder ins Geschirr.«
    »Deshalb die gute Farbe.«
    »Sie sehen auch nicht gerade bleich aus.«
    »Na ja, ich bin auch herumgekommen. Allerdings war es kein Urlaub für mich. Es ging hart zur Sache.«
    »Ich habe drei Wochen ausspannen können.«
    »Und wo?«
    »Jetzt werden Sie lachen, in Liechtenstein.«
    »Wieso sollte ich lachen? Das Land zwischen Österreich und der Schweiz ist doch wunderbar.«
    »Kennen Sie es?«
    »Vom Durchfahren. Vaduz ist die Hauptstadt, hat aber höchstens zehntausend Einwohner.«
    »Ich wohnte etwas abseits, in einem kleinen Bergdorf. Es war wunderbar.«
    Die Augen des Mannes bekamen einen träumerischen Ausdruck.
    Dann berichtete er und geriet dabei ins Schwärmen. Nicht allein wegen der Umgebung, ihm kam es darauf an, mir eine gewisse Elvira Klein durch genaue Schilderungen näherzubringen.
    Seinem Bericht nach mußte die Frau so ungewöhnlich sein, daß ich direkt neugierig wurde.
    »Haben Sie kein Bild von ihr?«
    »Leider nein oder noch nicht. Ich muß den Film morgen noch zum Entwickeln bringen.«
    »Lebte die Dame dort?«
    »Ja, ihr und ihren Eltern gehört das Berghotel. Wissen Sie, ich kam an, wir sahen uns, da war es um uns beide geschehen.« Er breitete die Arme aus, als wollte er mich umfangen. »Ich hätte nie gedacht, daß es so etwas gibt. Das war wie in einer Liebesschnulze. Aber mich hat es voll erwischt.«
    »So kann es kommen. Wollen Sie noch weiter Kontakt mit ihr halten?« fragte ich.
    »Ich weiß es noch nicht. Sie wissen ja, Urlaub ist etwas anderes als der berufliche Streß.«
    »Eben.«
    Es war kühler geworden, und Grayson streifte seinen beigefarbenen Pullover über. Er schaute gegen das Blätterdach der Bäume über uns und schüttelte den Kopf. »Wieder diese Fliegen«, beschwerte er sich. »Mir kommt es vor, als würden sie mich verfolgen.« Er beugte sich vor, nahm einen Schluck und sprach mit leiserer Stimme weiter. »In meiner Wohnung habe ich vorhin eine gekillt. Dabei war es mir, als hätte ich einen Schrei gehört.«
    »Von wem?«
    »Von der Fliege«, flüsterte er. »Einen Schrei, der menschlich klang, den sie aber ausgestoßen hatte.«
    »Das haben Sie sich bestimmt eingebildet.«
    »Meine ich auch. Trotzdem«, er hob die Schultern. »Komisch war das schon.«
    Ich schaute ebenfalls hoch. Zahlreiche Insekten tanzten und sirrten über unseren Köpfen. Tatsächlich befanden sich überdurchschnittlich viele Fliegen unter ihnen. Grayson schien tatsächlich eine große Anziehungskraft auf diese Insekten auszuüben.
    Bevor er trank, schaute er in sein Glas. Diesmal schwamm keine Fliege darin. Er nahm einen tiefen Schluck. Mittlerweile waren die Schatten länger geworden, weil sich die Sonne zurückgezogen hatte.
    Bäume und Büsche schützten uns zur Straße hin. Die Wagen, die dort vorbeihuschten, fuhren bereits mit Licht.
    Ross Grayson schnickte mit den Fingern. »Ich hab’s!« rief er. »Das hätte ich doch fast vergessen.«
    »Was denn?«
    »Ihr Abschiedsgeschenk. Elvira hat es mir gegeben und mir das Versprechen abgenommen, es erst in London zu öffnen. Ich habe mich daran gehalten, kindisch, wie?«
    »Will ich nicht sagen. Was tut man nicht alles, wenn man verliebt ist!«
    »Sie haben recht.« Er griff in die Tasche und holte eine Dose hervor.
    »Ist das ihr Geschenk?« wunderte ich mich.
    »Ja.«
    »Ungewöhnlich.«
    »Was das Äußere angeht, bestimmt. Aber ich bin auf den Inhalt gespannt.« Um den Deckel zu öffnen, mußte er zunächst das Klebeband entfernen, das Deckel und Unterteil zusammenhielt. Die Dose war nichts Besonderes. Sie bestand aus blaugrau lackiertem Blech und zeigte ein Schuppenmuster auf der Oberseite.
    Vorsichtig drehte er den Deckel auf. Noch war es hell genug, um den Inhalt auch
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