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0538 - Der Wechselbalg

0538 - Der Wechselbalg

Titel: 0538 - Der Wechselbalg
Autoren: Werner Kurt Giesa
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lassen.
    Natürlich, sie wollten das Leben des Sterblichen retten. Sie waren Narren.
    Es wäre besser, sie überließen ihn Zorak. Wenn sie ihn retteten, was hatten sie davon? Eines Tages würde er so oder so sterben, und dann hatte sein Tod vielleicht nicht einmal einen Nutzen. Andererseits mochte er den Einflüsterungen anderer Teufel verfallen und sich der Dunklen Seite der Macht verschreiben, was sicher nicht geschähe, wenn Zorak ihn jetzt tötete.
    Aber die Sterblichen waren nicht nur fast ebenso große Egoisten wie die Dämonen, sie waren auch ungemein aufdringlich. Wenn sie zu der verrückten Absicht kamen, daß menschliches Leben um jeden Preis bewahrt werden mußte, dann versuchten sie mit missionarischem Eifer, diese Ansicht überall und gegenüber jedem anderen durchzusetzen - und das notfalls sogar mit Gewalt. Daß dadurch anderes, sicher weit wertvolleres, weil dämonisches, Leben mitunter bedroht wurde, das interessierte sie nicht einmal.
    Zu den Schlimmsten dieser unleidlichen Art gehörte Zamorra.
    Zorak fragte sich, warum Lucifuge Rofocale nicht schon längst energische Maßnahmen ergriffen hatte. Es mußte doch möglich sein, im gemeinsamen Einsatz diesem Jäger den Garaus zu machen!
    Doch nichts dergleichen war geschehen. Asmodis schloß faule Kompromisse oder verschanzte sich hinter seiner unverständlichen, schon menschlich wirkenden Ehrlichkeit, und Lucifuge Rofocale schien sich für diese Dinge überhaupt nicht zu interessieren.
    Ausbaden mußten das dann die anderen, die in der Hierarchie viel weiter unten standen und dabei auch noch viel angreifbarer waren.
    So wie in diesem Augenblick Zorak.
    Seine linke Hand strich über seinen gewölbten Bauch. »Es muß gelingen«, murmelte er. »Alle anderen Folgen wären unausdenkbar..«
    Aber da war Zamorra, der unerbittliche Dämonenkiller, bereits mit einem Trick durch die Sperre gedrungen. Und er ging zum Angriff über.
    ***
    Zamorra preßte sich an die Tür.
    Unwillkürlich lauschte er, aber ein Geräusch war nicht zu vernehmen. Hier draußen übertönte das Prasseln des Regens jeden anderen Laut.
    Er zögerte. Wo war der Inspektor? Wenn Kerr von sich aus die Vorgehensweise ändern konnte, konnte auch Zamorra situationsbedingt handeln. Ohnehin waren längst alle Vorplanungen für die Katz’.
    Zur Not, überlegte er, würde Kerr mit seinem ungeliebten Para-Können eingreifen müssen.
    Es gab nur eins, was Vorrang hatte, und daran hätte Kerr ihn vorhin wirklich nicht noch einmal zu erinnern brauchen: Brennan mußte überleben!
    Nur deshalb waren sie hier. Andernfalls hätten sie am kommenden Tag hier nur nach seiner Leiche zu suchen brauchen…
    Zamorra atmete tief durch. Mehrmals hintereinander. Mehr Sauerstoff ins Blut pumpen, den Adrenalinspiegel erhöhen.
    Dann wirbelte er herum, warf sich gegen die Holztür…
    Das Holz wurde fast aus den Angeln gerissen. Zamorra sprang sofort zur Seite, und noch ehe er die Lage überhaupt kalkulieren konnte, rief er das Amulett!
    Er bekam es nicht in die Hand!
    Es folgte seinem Ruf nicht!
    Statt dessen fühlte er in seiner Hand einen teuflischen, brennenden Schmerz, als habe er sie ins lodernde Feuer der Hölle gestreckt.
    Unwillkürlich stöhnte er auf, wollte sich aus dieser Verbindung wieder lösen, nur gelang es ihm nicht! Der Ruf hatte nach wie vor Bestand. Das Amulett wollte dem Ruf folgen, schaffte es aber nicht! Statt dessen kam das Feuer zu Zamorra…
    Rückgängig machen ließ sich der Ruf aber nicht!
    Und das Feuer, das unsichtbar blieb und sich nur als brennender Schmerz zeigte, weitete sich über seinen Arm aus, kroch langsam weiter zum Ellenbogen, zur Schulter hinauf…
    Er versuchte den Schmerz zu ignorieren, seine Nervenbahnen durch eine Willensanstrengung zu blockieren. Aber es gelang ihm nicht.
    Das Feuer trieb ihm die Tränen in die Augen. Obgleich sein Arm äußerlich unversehrt blieb und nicht einmal die nasse Kleidung in dem imaginären magischen Feuer trocknete, wandt sich Zamorra unter Schmerzen, fühlte, wie er von den Flammen verzehrt wurde…
    Wie er verbrannte… Wie durch einen Schleier sah er eine große, kahlköpfige Gestalt in dunkler Kleidung. Das Gesicht ließ nicht erkennen, ob es sich um Mann oder Frau handelte. Bis auf die nach oben zugespitzten Ohrmuscheln war dieses androgyne Gesicht durchaus menschlich, nur störten die gelblichweiß glühenden Augen diesen Eindruck.
    Wie in Zeitlupe schien dieses Wesen sich zu bewegen. Es ragte vor Zamorra auf, groß und drohend.
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