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053 - Der Brigant

053 - Der Brigant

Titel: 053 - Der Brigant
Autoren: Edgar Wallace
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müssen Sie für die nächsten fünf Jahre in England bleiben, mein lieber Frenchan, ob Sie sich nun darüber ärgern oder nicht. Das muß Ihnen doch Ihr eigener Verstand sagen. Dann müssen Sie eben selbst die Verteilung des Geldes überwachen.«
    »Das ist ganz ausgeschlossen«, erwiderte Mr. Frenchan nachdrücklich. »Außerdem bin ich doch selbst kein Altmethodist.«
    Er sah auf Anthony. »Sehen Sie, hier ist ein Mitglied dieser Gemeinde.«
    »Sie wollen doch aber nicht damit sagen, daß Sie diese schwere Verantwortung einem jungen Mann übertragen wollen, der erst noch vorwärtskommen will? Der vielleicht nicht einmal die Zeit und die Neigung hat, sich solchen mildtätigen Aufgaben zu widmen?«
    Anthony hörte schweigend zu und verstand allmählich die Zusammenhänge.
    »Mr. Whipplewhite«, sagte Frenchan scharf, »ich kann Ihnen nicht gestatten, daß Sie beleidigend von Mr. Newton sprechen. Sie kennen mich nun schon lange Jahre und wissen, daß ich mich in meinem Urteil über Menschen noch nie getäuscht habe. Ich kenne Mr. Newtons Charakter ebensogut wie den Ihrigen.«
    »Ich gebe gern zu, daß Sie gewöhnlich das Richtige treffen«, meinte der Rechtsanwalt zögernd. »Aber hier handelt es sich um ein etwas phantastisches, wenn ich so sagen soll, um ein verrücktes Testament, dessen einzelne Bestimmungen nur von einem -«
    »Nur von einem Ehrenmann ausgeführt werden können, so wollten Sie sicher sagen«, unterbrach ihn Mr. Frenchan.
    Aber der Rechtsanwalt schüttelte den Kopf.
    »Die Ehrenhaftigkeit ist ja gut und schön«, sagte er mürrisch.
    »Aber vor allen Dingen ist bares Geld notwendig. Wenn dieser Herr uns ein Vermögen von zehntausend Pfund nachweisen kann ...«
    Anthony Newton wagte kaum, einen solchen Glücksfall auszudenken. Er war etwas heiser, als er sich jetzt in die Unterhaltung mischte.
    »Wenn Sie sich die Mühe machen und zu meiner Bank mitkommen wollen ...« begann er, zögerte einen Augenblick und fuhr dann fort: »Ich weiß nicht, ob ich einen solchen Auftrag annehmen kann. Bitte bestehen Sie nicht darauf, Mr. Frenchan. Aber sollten Sie irgendwelche Zweifel an meinen Vermögensverhältnissen haben, dann begleiten Sie mich bitte zur Bank von England, und sprechen Sie mit einem der Direktoren. Ich zweifle nicht, daß Sie dann in dieser Beziehung beruhigt sein werden.«
    »Was habe ich gesagt?« rief Mr. Frenchan triumphierend.
    »Wollen Sie so liebenswürdig sein und Mr. Newton zur Bank begleiten?«
    »Ich habe jetzt nicht die Zeit, nach Burlington Gardens zu gehen«, sagte der Rechtsanwalt. »Ich sagte Ihnen doch schon vorhin, daß ich nachher einen Termin habe.« Bei diesen Worten erhob er sich. »Aber wenn Mr. Newton in der Lage ist, bis heute abend fünftausend Pfund als sein Vermögen nachzuweisen, dann will ich als Testamentsvollstrecker Ihres Bruders Ihrer Wahl zustimmen.«
    »Sie sind aber schrecklich kleinlich. Ich möchte meinen Freund nicht um dergleichen Dinge bitten.«
    »Aber das hat ja nichts zu sagen«, entgegnete Anthony höflich. »Ich halte den Einwand, den Mr. Whipplewhite macht, für vollkommen berechtigt. Und wenn Sie mir eine Zeit und einen Ort angeben, dann will ich Ihnen gerne die Summe von fünftausend Pfund bringen. Aber ich kann sie nicht als Bürgschaft hinterlegen.«
    »Ich habe ja auch gar nicht die Absicht, das zu verlangen«, erwiderte Mr. Whipplewhite. »Es genügt mir, wenn ich die Summe in Ihrem Besitz sehe.«
    Anthony atmete tief.
    »Es ist gerade noch genügend Zeit, zur Bank zu gehen. Also wo soll ich Sie wieder treffen?«
    »Kommen Sie um halb acht zum Restaurant Cambrai in der Regent Street. Ich bin leider nicht früher fertig. Paßt Ihnen diese Zeit, Frenchan?«
    »Ich protestiere eigentlich gegen die ganze Abmachung«, sagte Mr. Frenchan. »Aber wenn Mr. Newton so liebenswürdig ist, auf Ihren Vorschlag einzugehen, der meiner Meinung nach ebenso exzentrisch ist wie das Testament meines Bruders, dann habe ich schließlich gar nichts dagegen.«
    Anthony eilte aus dem Café. Er hätte gerne vor den Augen seines neuen Freundes ein Mietauto bestiegen und dem Chauffeur den Auftrag gegeben, zur Bank von England zu fahren, aber er hatte ja nicht einmal mehr das Geld zu einer Autobusfahrt. Er ging also zu Fuß durch den Park und sah sich nach Zeitungen um, die die Leute weggeworfen hatten. Als er einige aufgesammelt hatte, ließ er sich auf einer einsamen Bank nieder und schnitt das Papier mit seinem Taschenmesser in gleichmäßig lange Streifen, legte
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