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053 - Der Brigant

053 - Der Brigant

Titel: 053 - Der Brigant
Autoren: Edgar Wallace
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möglich«, erwiderte er kurz.
    »In einer halben Stunde habe ich einen Termin bei Gericht.«
    »Ach Unsinn«, rief Mr. Frenchan laut. »Sie haben doch sicherlich einen Vertreter, der für Sie plädieren kann. Kommen Sie mit uns!«
    Mr. Whipplewhite zögerte noch.
    »Ich möchte es lieber nicht tun«, meinte er dann, als er auf die Uhr sah. »Fünf Minuten habe ich für Sie übrig, aber wir dürfen nicht weit von hier weggehen.«
    »Wir werden schon ein Restaurant hier in der Nähe finden, und eine Tasse Tee wird Ihnen auch nicht schaden«, Mr. New-Anthony war zwar so gesättigt, daß er im Augenblick nichts von Essen und Trinken hören wollte, aber er gab selbstverständlich seine Zustimmung, und bald saßen die drei in einem kleinen, nicht allzu hellen Restaurant, in dem Mr. Whipplewhite gewöhnlich verkehrte.
    »Diesen Herrn kenne ich sehr gut von Südafrika her. Es ist Mr. Newton, ich habe Ihnen doch schon öfter von ihm erzählt.«
    Anthony war über alles höchst verwundert. Es war offensichtlich, daß er mit einem anderen verwechselt wurde, aber er ließ ruhig alles über sich ergehen. Die dringende Frage des Mittagessens war ja nun zur Zufriedenheit gelöst, und ein reichliches Abendessen schien ihm auch zu winken, obwohl er weniger Hunger fühlte als seit langer Zeit. Über eins war er sich klar: Er mußte große, wertvolle Gepäckstücke bringen, bevor er den argwöhnischen Portier so weit beruhigen konnte, daß er ihm den Schlüssel zu seinem Zimmer aushändigte. Das war eine Tatsache. Zweitens aber stand fest, daß Mr. Frenchan eine einflußreiche Bekanntschaft für ihn war.
    »Mr. Frenchan, ich habe die Höhe des Vermögens Ihres Bruders genau festgestellt. Es beträgt nicht sechshundertvierzigtausend, sondern nur fünfhundertzwölftausend Pfund und sechs Shilling.«
    Mr. Frenchan schüttelte nur unwillig den Kopf.
    »Ich wünschte, es wären überhaupt nur sechs Shilling«, sagte er böse.
    Der Rechtsanwalt wurde ungeduldig.
    »Ich weiß, daß Sie mich für närrisch halten«, fuhr Mr. Frenchan fort, »aber Walter und ich waren sehr gute Freunde, und so verrückt auch seine letzten Bestimmungen sein mögen, ich habe die Absicht, sie genau auszuführen.«
    »Aber warum übergeben Sie denn nicht das Geld der Kirche und überlassen ihr alles Weitere?« fragte Mr. Whipplewhite.
    »Das ist die einfachste Lösung, und sie wird Ihnen eine Menge Unannehmlichkeiten ersparen. Bei der Kirchenverwaltung weiß man doch viel besser über die Verhältnisse der Gemeindemitglieder Bescheid als Sie.«
    »Das würde mit den Testamentsbestimmungen meines Bruders nicht übereinstimmen. In seinem letzten Willen steht doch ganz ausdrücklich: Am 1. Januar jedes Jahres soll ein Fünftel meines Vermögens einer vertrauenswürdigen, solventen Persönlichkeit übergeben werden, damit es an bedürftige Mitglieder der altmethodistischen Gemeinde verteilt wird.«
    »Am 2. Januar«, verbesserte ihn der Rechtsanwalt. »Aber Sie haben den Absatz nicht ganz richtig zitiert, Mr. Frenchan. Es steht dort: Ein Fünftel meines Vermögens soll sofort nach meinem Tode...«
    »Selbstverständlich. Das zweite Fünftel wird dann am nächsten 2. Januar verteilt. So hatte ich es auch gemeint«, erklärte Mr. Frenchan.
    Mr. Whipplewhite lehnte sich im Stuhl zurück und spielte mit einem Zahnstocher. Seine Blicke schweiften ins Leere.
    »Ich möchte nur wissen«, sagte er langsam, »wo Sie eine achtbare, solvente Persönlichkeit finden wollen, der man so große Geldsummen anvertrauen kann? Es ist ja ganz gut und schön, daß Sie das Geld dem Testament gemäß verteilen wollen. Aber wie sollen Sie denn wissen, ob das Geld nicht in die Hände irgendeines Schwindlers fällt? Ich weiß schon.« Er machte eine abwehrende Handbewegung. »Sie wollen sagen, daß ich ja hier an Ort und Stelle bin und mich darum kümmern kann, daß das Geld richtig angewandt wird. Aber Sie müssen doch einsehen, daß ich ein sehr beschäftigter Rechtsanwalt bin und unter keinen Umständen die volle Verantwortung dafür übernehmen kann, daß jeder Pfennig vom Geld Ihres Bruders an unterstützungsbedürftige Altmethodisten gezahlt wird. Das kann man doch unmöglich von mir verlangen. Sie brauchen einen vermögenden Mann, dem man restlos vertrauen kann und der auch eigenes Vermögen hat. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, würde ich ruhig sagen: Übertragen Sie ihm die ganze Sache und gehen Sie nach Südafrika zurück. Aber sollten Sie einen solchen Mann nicht finden, dann
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