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0529 - Der Würgeadler

0529 - Der Würgeadler

Titel: 0529 - Der Würgeadler
Autoren: Jason Dark
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strömte durch das Viereck, aber auch die verdammten Vögel reagierten.
    Zu dritt hackten sie zu.
    »Weg mit der Hand!« schrie Jacques.
    Es war schon zu spät. Paul hatte die Berichte seines Vaters noch immer nicht ernst genug genommen. Aus diesem Grund reagierte er auch zu langsam.
    Zwar zog er die Hand weg, zwei Schnabelhiebe aber erwischten ihn auf den Fingerkuppen. Sie hackten kleine Löcher hinein, aus denen sofort das Blut strömte.
    Eine Krähe flog in das Haus. Die andere schlug Paul weg, doch die im Haus flatternde Krähe war aggressiv und suchte sich den nächstbesten aus.
    Das war Jacques.
    Er hatte aufgepaßt. Als sie zuhackte, war seine Faust schon unterwegs.
    Der Schlag wuchtete gegen den Körper und trieb ihn so hoch, daß er unter die Holdecke klatschte. Die Krähe schrie fast wie ein Mensch. Sie fiel dem Boden entgegen, aber sie war noch nicht erledigt, und Jacques’ schneller Tritt war nicht schnell genug geführt worden, denn er verfehlte das Tier um Haaresbreite.
    Es flatterte hoch, huschte an Paul vorbei und flog durch das noch offene Fenster.
    Erst jetzt knallte Grenier es zu, atmete tief ein, lehnte sich gegen die Wand und starrte auf seinen Handrücken, wo sich zwei kleine, blutende Wunden befanden.
    Sein Vater kam auf ihn zu. Er hörte unter dessen Sohlen die Bohlen leise knarren. »Glaubst du mir jetzt?«
    Paul hob den Blick. Er schaute in das ernste Gesicht des ältesten Grenier und nickte. »Ja, ich glaube dir. Die Vögel spielen wirklich verrückt. Irgend etwas muß sie aufgescheucht haben.«
    »Piccé sprach von dem alten Fluch.«
    »Wir haben einen Jahrhundertschnee bekommen, das wird es sein. – Vater, du kannst sagen, was du willst. Ich glaube dir einfach nicht. Diese Krähen oder Raben, was immer sie auch sein mögen, sie sind aggressiv wegen des Wetters geworden. Vielleicht haben sie keine Nahrung mehr gefunden und greifen deshalb die Menschen an.« Er hatte ein Taschentuch hervorgeholt und preßte es auf die beiden Wunden.
    »Was willst du denn tun?« fragte Eliette.
    »Ganz einfach. Ich rede mit den Nachbarn, ob ihnen die Vögel auch aufgefallen sind.«
    »Das ist nicht schlecht.«
    »Was sagst du, Vater?«
    Jacques schaute seinen Sohn an. »Nun, du mußt es wissen, aber meine Meinung dazu kennst du.«
    »Natürlich.« Paul warf noch einen Blick durch das Fenster. Er schaute nur den schneebedeckten Hang hoch. Von den Vögeln entdeckte er nicht eine Feder.
    Zwar hatte er seine Ansicht dem Vater gegenüber stark verteidigt, so hundertprozentig davon überzeugt war er nicht. Irgendwas war anders geworden, stimmte nicht. Über dem Ort schien der Schatten einer bösen Vorahnung zu liegen.
    Eliette und Pierre hatten die Treppe schon verlassen und waren wieder in die Küche gegangen. Die beiden Männer gesellten sich zu ihnen. Madame Grenier hielt wieder einen breiten Pflasterstreifen bereit, den sie auf den Handrücken ihres Mannes klebte. »Allmählich fühle ich mich wie eine Krankenschwester.«
    Paul streichelte die Wange seiner Gattin. »Du bist die beste Schwester, die ich mir vorstellen kann.«
    »Wenn du das sagst.«
    Jacques hatte sich an den Tisch gesetzt. Er starrte ins Leere und drehte die Pfeife zwischen den Fingern. »Wenn wir die nächste Nacht überstehen, haben wir Glück gehabt«, sagte er in die Stille hinein. »Wenn wir sie überstehen!«
    »Was spricht denn dagegen, Großvater?«
    »Der Fluch, mein Junge, der Fluch.«
    »Dieser Riesenadler?«
    »Jawohl.«
    »Wer hat ihn denn gesehen?« Pierre setzte sich nach dieser Frage neben seinen Großvater.
    »Keiner von uns. Auch aus dem Ort hat ihn noch niemand zu Gesicht bekommen. Aber wir kennen die alten Geschichten, verstehst du? Wir sind genau darüber informiert. Die Legende hat sich über lange Jahre gehalten…«
    »Wie lange denn?« fragte Pierre. »Jahrhunderte?«
    »Das kann man wohl sagen.«
    Pierre wischte über seine Stirn. »Wahnsinn«, flüsterte er. »Das ist einfach irre.«
    »Und wie!«
    Die nächste Frage stellte er so leise, daß ihn seine Eltern nicht hören konnten. »Und wenn er tatsächlich kommt, was… was sollen wir dann machen?«
    Jacques Grenier schaute seinen Enkel an und lächelte etwas verloren. »Was wir dann machen sollen? Ich kann es dir nicht sagen, mein Lieber. Vielleicht beten…«
    »Vater!« mischte sich Paul ein, »bitte, mach doch den Jungen nicht verrückt…«
    »Ich mache ihn nicht verrückt. Ich sage nur die Wahrheit. Sollte der Würgeadler freikommen, dann Gnade uns
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