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0527 - Der Grausame

0527 - Der Grausame

Titel: 0527 - Der Grausame
Autoren: Jason Dark
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noch Tröstendes sagen sollte.
    »Wie wird es sein, wenn er unsere Seelen geholt hat?« fragte die junge Frau.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Ob wir etwas spüren, Marcel?«
    »Wie meinst du das denn?«
    »Schmerzen…«
    Er hob die Schultern. »Tut mir leid, Arlette, ich möchte nicht daran denken.«
    »Aber ich muß es immer wieder. Ich kann einfach nicht vergessen, wie diese Bestie die tote Simone die Treppe herab und in die Halle geschleift hat. Tut mir leid…«
    Marcel wandte sich ab. Er griff in seine Tasche und holte eine kleine Blechschachtel hervor, in der sich dünne Zigarillos befanden.
    Schon bald wehten blaugraue Rauchwolken dem Licht entgegen.
    Arlette starrte ins Leere. Manchmal zuckte die Haut auf ihrer Stirn, als wäre ihr etwas Besonderes eingefallen.
    Marcel Wächter lehnte rauchend an der Wand. »Vielleicht«, sagte er leise, »gibt es noch eine Chance für uns.«
    »Und welche?«
    »Wir sind zu zweit, verstehst du? Wenn dieser van Akkeren kommt, müssen wir über ihn herfallen.«
    »Er ist stärker als wir.«
    Marcel hob die Schultern und sah sich im Zimmer um. »Das mag sein. Aber was ist, wenn wir uns bewaffnen? Wie würde die Sache dann aussehen?«
    »Bewaffnen?« wiederholte Arlette flüsternd. »Du bist gut. Womit? Wir haben keine Waffen!«
    »Die benötigen wir nicht.«
    »Dann nimmst du die Hände?«
    »Nein.« Marcel ging zu einer barocken Konsole und nahm einen eisernen Kerzenständer hoch. »Glaubst du nicht, daß man van Akkeren damit den Schädel einschlagen kann?«
    Die Frau bekam große Augen und schüttelte sich gleichzeitig.
    »Würdest du dir das zutrauen, oder könntest du dich überwinden, damit auf einen Menschen einzuschlagen?«
    Er nickte. »Wenn es um mein oder dein Leben geht, ganz sicher. Das glaube mir!«
    Sie ließ sich Zeit mit einer Antwort. »Ich weiß nicht, ob ich das könnte.«
    Er ging zu ihr. Seine Hände legte er auf die Rundungen der Schultern. »Du mußt, Mädchen! Du mußt es einfach! Wir werden über unseren eigenen Schatten springen. Ich habe in der letzten Stunde das gleiche durchgemacht wie du. Eine verfluchte Hölle. Seelenterror, schreckliche Angst, einfach alles. Eines ist sicher, und das ist irgendwie ein positives Ergebnis. Ich werde mich nicht ohne Gegenwehr töten lassen. Nicht von van Akkeren oder dieser komischen lebenden Leiche. Das kann ich dir versprechen. Wenn du klug bist, Arlette, darum bitte ich dich, handle ebenso. Springe über deinen eigenen Schatten!«
    »Ich will es versuchen.«
    Marcels Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Die Antwort gefällt mir schon besser. Zeigt sie mir doch, daß du jetzt anfängst, dir Gedanken zu machen.« Er trat rückwärts gehend tiefer in den Raum hinein und sah sich genau um.
    »Suchst du was?« fragte Arlette. »Eigentlich ja. Die beste Stelle, wo ich mich hinstellen kann, wenn dieser van Akkeren erscheint.«
    Marcels Blick hatte an Schärfe gewonnen. Die Angst war überwunden. Er wirkte fast so wie sonst.
    »Ich weiß nicht, ob es dir recht ist, Marcel«, sprach Arlette mit leiser Stimme. »Nur könnte ich mir vorstellen, daß ich den Lockvogel spiele, wenn van Akkeren hereinkommt. Ich… ich könnte ihn von dir ablenken – okay?«
    Wächter staunte sie an. »Verdammt, Arlette, du denkst ja mit. Die Idee ist ausgezeichnet.«
    »Wirklich?«
    »Ja, so sollten wir es machen.« Er lief auf die Tür zu und zeigte an, wie sie sich öffnen würde. »Sie geht nach innen auf. Ich werde im toten Winkel stehen und lauern. Wenn van Akkeren die Schwelle übertritt, muß sein Blick auf dich fallen. Aber auf eine etwas andere Arlette…«
    »Was meinst du damit?«
    Marcel holte tief Luft. »Ich weiß, Arlette, was ich verlange, ist nicht normal, aber in diesem Fall müssen wir es tun. Van Akkeren ist auch nur ein Mann, begreifst du?«
    Sie nickte zeitlupenhaft und gab ebenso langsam die Antwort.
    »Ja, ich weiß, was du meinst. Ich… ich soll mich wohl etwas freimachen?«
    »Genau.«
    Arlette schluckte. »Das ist hart.«
    »Für unser Leben ist nichts hart genug, denk daran. Wir müssen ihn schaffen.«
    »Und wenn nicht?«
    »Tja, dann weiß ich mir auch keinen Rat mehr – ehrlich.«
    Arlette überlegte noch. »Gut«, stimmte sie nach einer Weile zu.
    »Ich werde es versuchen.«
    »Danke.« Marcel lief hin und küßte sie. Er merkte, daß selbst ihre Lippen zitterten.
    Sehr hart preßte sich die Frau an ihn. »Halt mich fest, Marcel, halt mich nur fest…«
    »Das verspreche ich dir. Ich…« Diesmal war es
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