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0517 - Zitadelle des Todes

0517 - Zitadelle des Todes

Titel: 0517 - Zitadelle des Todes
Autoren: Werner Kurt Giesa
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mit sich genommen hatte, war das Schlimmste, was ihnen allen hatte passieren können.
    ***
    »Ich bin wach«, sagte Nicole Duval.
    Zamorra atmete erleichtert auf. Er setzte sie ab. Sie wirkte noch benommen. Heftig schüttelte sie den Kopf und sah sich um. »Was ist passiert?«
    »Wenig atmen«, riet Zamorra und wies auf die dichten Schwaden, die der Wind hinter dem heranschnaufenden Cristofero hertrieb. »Giftgas.«
    Nicole verdrehte die Augen. »Wo kommt denn der her? Konnte es ihn nicht in seine eigene Zeit verschlagen?«
    Zamorra winkte ab. Nicoles Abneigung gegen Cristofero war abgrundtief. Zu oft war er ihr mit seinem adligarroganten Verhalten auf die Nerven gegangen.
    »Erklärungen später«, drängte Zamorra. »Kannst du gehen?«
    Sie nickte. »Was ist denn passiert?«
    »Man wollte uns nur ein bißchen hinrichten. Aber jetzt sollten wir die Beine in die Hand nehmen.«
    »Hauptsache, man schießt uns dabei nicht den Blinddarm weg«, sagte sie. »Wir bewegen uns hier ziemlich offen auf freiem Gelände. Ist dir klar, daß es sich um ein Schlachtfeld handelt?«
    Zamorra nickte. »Mir sind die Granaten und Maschinengewehrkugeln schon um die Ohren geflogen.«
    »Dann laß uns in einen der Schützengräben eintauchen.«
    Zamorra hielt sie fest. »Lieber nicht«, sagte er. »Denk an das Gas.«
    Es strömte heran, dicht über dem Boden. Von einem Moment zum anderen begriff Nicole. Das Giftgas war schwerer als Luft. Es sank nach unten. Solange sie aufrecht blieben, bekamen sie höchstens Spuren davon mit. Aber die Soldaten, die sich in den Gräben befanden, hatten Pech. Sie erwischte das Gas voll.
    Sie eilten weiter. Zamorra rechnete jeden Moment damit, daß die deutschen Truppen das Feuer eröffneten. Aber nichts geschah. Offenbar wollten sie erst abwarten, wie ihr Gasangriff wirkte.
    Cristofero, der an ihnen vorbeigestürmt war, hielt plötzlich inne. Er wandte sich um, ging ein paar Schritte zurück und schaute von oben in einen der Schützengräben, an denen sie gerade vorbeigekommen waren.
    »Mon dieu«, ächzte er. »DeMontagne, sagt mir - sind die etwa alle tot?«
    Zamorra verzichtete darauf, sich das Furchtbare anzusehen. Er nickte nur. Er ahnte, daß dies einer der ersten Gasangriffe des Krieges gewesen war. Die französischen Verteidiger waren darauf noch nicht vorbereitet. Später hatte man an alle Soldaten Gasmasken ausgeteilt. Aber dazu mußte man erst aus bitterer Erfahrung klug werden.
    »Das ist abartig«, murmelte Cristofero. »Sie hatten nicht die geringste Chance. Sie sind gestorben, ohne sich wehren zu können. Wer denkt sich einen solchen Angriff aus? Das sind Tiere, keine Menschen.«
    »Beleidigen Sie nicht die Tiere«, fauchte Nicole ihn an. »Tiere morden nicht. Sie töten aus Hunger oder in Notwehr. In einem von Menschen geführten Krieg ist es aber weder das eine noch das andere. Krieg ist Perversion in Reinkultur.«
    »In etwa dreiundzwanzig Jahren beginnt ein Krieg, der noch schlimmere Auswüchse perverser Fantasie verwirklichen wird«, sagte Zamorra. »Der zweite Weltkrieg wird noch schlimmer. Es wird noch perfektere Vernichtungsinstrumente geben. Und wenn die beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki diesen Wahnsinn nicht gestoppt hätten, wer weiß, was aus der Menschheit geworden wäre.«
    »Wir müssen hier fort«, drängte Cristofero. »Und - wir müssen diesen Knochenmann auseinandernehmen. Mir gefällt nicht, daß der Gnom einfach so mit ihm fortgegangen ist, dieser pflichtvergessene Troll…«
    »Er ist nicht freiwillig mitgegangen«, sagte Zamorra. »Und er ist jetzt tot, Señor. Kommen Sie, wir müssen versuchen, wenigstens uns selbst zu retten.« Sie eilten weiter durch das Gelände. Niemand hielt sie auf. Hinter ihnen hielt der Tod reiche Ernte.
    ***
    Unsichtbar für die Augen der von ihm nicht behelligten Sterblichen schritt der Lachende Tod über das Gelände. Es gefiel ihm, daß der kleine Menschlein mit der außergewöhlichen Hautfarbe ihm solch vehementen Widerstand entgegensetzte. So etwas war ihm noch nie untergekommen. Dieses kleine Wesen wollte sich ihm einfach nicht unterordnen, wollte sein Leben nicht lassen.
    Der Lachende Tod blieb schließlich stehen. Es setzte sich auf einen Baumstumpf. Der Stamm war von einer Sprenggranate einfach weggefällt worden. »Du solltest deinen Widerstand aufgeben, mein Freund«, sagte der Lachende und warf sein Herz noch ein Stück höher als gewöhnlich, um es mit einer lässigen Bewegung, ohne hinzuschauen, wieder
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