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0512 - Der lachende Tod

0512 - Der lachende Tod

Titel: 0512 - Der lachende Tod
Autoren: Werner Kurt Giesa
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schaukelte.
    ***
    Nicole Duval hatte zwar das Schild »Hier beginnt das Ende der Welt« bisher noch nicht gesehen, aber das konnte daran liegen, daß es mit griechischen Buchstaben gemalt war. Kleine, weißgetünchte Häuser drängten sich dich aneinander, und in ihrem Schatten oder unter großen Bäumen saßen alte Männer, spielten mit Würfeln oder Karten und tranken dazu ihren Ouzo, den sie fleißig mit Wasser verdünnten, damit sie länger etwas davon hatten. In diesem Klima empfahl es sich ohnehin nicht, größere Mengen Alkohol zu sich zu nehmen.
    Unglaublich gastfreundlich waren die Menschen hier, bloß gefiel es ihnen nicht, daß einen junge, schöne Frau allein unterwegs war. Hier war die Welt nämlich noch in Ordnung, und Frauen gehörten an den Küchenherd, aber nicht ohne männliche Begleitung auf die Straße. Und auch noch Autofahren, das war ja wohl das allerletzte. Deshalb hatte Nicole im dritten Anlauf das alte Peugeot-Cabrio, mit dem wohl schon Inspector Columbo durch seine Hunderte von Kriminalfilmen getuckert war, draußen vor dem Dorf stehengelassen. Dort war es notfalls nach einem längeren Dauerlauf erreichbar, aber außer Sichtweite. In zwei anderen Dörfern war sie gescheitert, weil man in ihr nicht gerade eine ehrbare Frau hatte sehen wollen.
    Es gab eine Buslinie. Vor dem Ort hatte Nicole es fertiggebracht, das öffentliche Verkehrsvehikel zu stoppen, und nachdem ein größerer Geldschein den Besitz gewechselt hatte, hatte der Busfahrer sie die knappen zwei Kilometer tatsächlich noch mitfahren und dann mitten auf dem Dorfplatz aussteigen lassen.
    Samt Koffer. Und der war verflixt schwer, weil mehr hineingestopft worden war, als Nicole eigentlich brauchte. Bei diesem Prachtwetter, bei dem eine Viertelstunde Aufenthalt im Freien schon ausreichte, um sich bei empfindlicher Haut den wunderscheußlichsten Sonnenbrand einzufangen, hätten ihr Bluse und Shorts gereicht. Aber so bekleidet hier aufzukreuzen, hätte ihre unverzügliche Steinigung durch den Dorfältestenrat der Mümmelgreise und -greisinnen bedeutet. Bequeme Jeans waren ebenfalls nicht standesgemäß; es mußte ein Kleid sein, möglichst knöchellang, hochgeschlossen und mit langen Ärmeln. Dazu Kopftuch oder Hut, weil es ja nicht schicklich war, das Haar offen zu tragen. Nicole wünschte sich ins schöne Athen, wo sie immerhin auch im Minirock oder als Touristin getarnt in Shorts hätte gehen können, aber dieses verdammte Vampir-Ungeheuer zog es nun mal vor, kleine, entlegene Ortschaften heimzusuchen, in denen die Landbevölkerung noch sehr viel von Sitte und Anstand hielt. Was bedeutete: Den Männern war natürlich alles gestattet, und die Frauen hatten zumindest in der Öffentlichkeit züchtig und sittsam zu sein. Und wehe, sie ließen sich nicht von den jungen Helden im Alter von 17 bis 77 verführen…
    So romantisch diese kleinen alten Dörfer auch aussahen, in denen die Zeit vor hundert und mehr Jahren stehengeblieben war - ihre Bewohner sollte doch der Teufel holen. Der aber dachte gar nicht daran, ausgerechnet Professor Zamorras Lebensgefährtin einen Gefallen zu tun. Also hatte sie sich mit den hiesigen Gepflogenheiten abzufinden, wenn sie das Vertrauen der Einheimischen gewinnen wollte.
    Himmel, warum hatte sie sich ausgerechnet für Griechenland entschieden? Zamorra als Mann wäre hier unbedingt besser zurechtgekommen. Aber sie hatte ja nicht nach Rußland gewollt, um nicht schon bei der Begrüßung mit Wodka pur unter den Tisch getrunken zu werden; und Frankreich und den geheimnisvollen Mörder, der dort eine Spur von Leichen zurückließ, die alle eines völlig unerklärlichen Todes gestorben waren, hatte Teri Rheken sich ja schon reserviert.
    Der Bus fuhr ab; seine Staubwolke hüllte Nicole ein, die nicht schnell genug zum Rand des Dorfplatzes kam. Drei Männer, die in diesem Klima und bei ihrer täglichen Arbeit doppelt so schnell gealtert waren, als ihre Geburtsurkunden behaupteten, saßen vor einem zweistöckigen Haus mit schattigem Säulengang und kleinen Fenstern. Kavaliere waren sie nicht, weil sie auf Nicoles Ankunft überhaupt nicht reagierten, aber dann tauchte plötzlich ein etwas zwanzigjähriger Bursche mit tiefblauen, wachen Augen und wildem blauschwarzen Schopf auf, der den drei Alten einen so respekt- wie vorwurfsvollen Blick zuwarf und sich dann vor Nicole leicht verbeugte. »Willkommen. Sie sind fremd hier, was kann ich für Sie tun?«
    Nicole sprach griechisch. Sie verstand auch den landschaftlichen
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