Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0510 - Der Leichenzug

0510 - Der Leichenzug

Titel: 0510 - Der Leichenzug
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
geworden, daß sich die Luft zusammenpreßte. Sie peitschte gegen mein Gesicht, wühlte in den Haaren, schleuderte sie hoch. Ich zwinkerte mit den Augen, da der Fahrtwind auch den am Boden klebenden Staub aufwirbelte und mir die graue Schicht ins Gesicht blies, wo sie klebenblieb.
    Und weiter rollte der einsame Wagen. Ich hatte mich etwas zurückgelehnt. Die Felswand war mittlerweile so dicht an die Seite herangekommen, daß ich davor Angst bekam, gestreift zu werden.
    Das Rattern hatte sich verstärkt. Die Geräusche hüllten den Leichenzug ein. Sie wurden von beiden Wänden zurückgeworfen. Die Dunkelheit war fast so dicht wie in einem Grab.
    Der Zug rollte in eine Kurve. Ich hielt mich noch rechtzeitig genug fest, sonst wäre ich von den Beinen geholt worden. Der Wagen schwankte, die Särge überkam das große Zittern, aber sie blieben trotzdem in ihren Schräglagen stehen.
    Nach der Kurve beruhigte sich die Fahrt wieder ein wenig. Wir rollten jetzt in eine Ebene geradeaus weiter. Ich riskierte wieder einen Blick aus dem Fenster und sah das Licht!
    Ein goldgelbes Schimmern am Ende der Schlucht. Es streifte nicht nur über den Boden, es glitt auch an den Wänden entlang, ließ die Schienen geheimnisvoll schimmern, glitt über den Schotter zwischen den Strängen und drang aus einem zweiflügeligen Tor, das bis zum Anschlag hin offenstand. Das Tor bildete den Eingang in einen Berg.
    Genau in der Mitte stand jemand.
    Ein weißes Skelett!
    ***
    Ich war von diesem Anblick, mit dem ich ja nie gerechnet hätte, so überrascht worden, daß ich alles andere darüber vergaß. Auch das Aussteigen.
    Zudem hatte ich mich in der Dunkelheit mit der Entfernung verschätzt, und das war gefährlich.
    Als ich handeln wollte, befand sich die Lok bereits auf gleicher Höhe mit dem Tor. Das Skelett war wie ein Hauch verschwunden, so daß ich schon an eine Täuschung dachte.
    Die pechschwarze Finsternis, die mich Sekunden später wie eine Haube umgab, war keine Täuschung.
    Der Berg hatte nicht nur die Lok geschluckt, auch den Wagen mit mir und den Särgen.
    Ich blickte zurück und bekam mit, wie sich die beiden Torhälften schlossen. Beinahe provozierend langsam, als wollten sie mir beweisen, daß ich keine Chance hatte.
    Der Spalt zerkleinerte sich zusehends. Ich hätte nicht einmal mehr hindurchgepaßt, Sekunden später keine Maus mehr, danach war das verdammte Tor zu.
    Fugendicht!
    Und der Zug rollte noch immer. Die Lok ratterte über das alte Gleis, der Wagen bekam die Stöße mit, er wurde geschüttelt. Die mich begleitenden Geräusche verhallten im Berg, so daß ich den Eindruck bekam, mich in einem gewaltigen Felsendom zu befinden.
    Ich verließ meinen Platz am Fenster und bewegte mich auf die rechte Eingangstür zu, durch die ich auch gekommen war. Dort blieb ich stehen. Irgendwann mußte der verflixte Zug ja mal langsamer werden.
    Das geschah auch.
    Intervallweise bremste die Maschine ab. Die Stöße übertrugen sich dabei auch auf den Wagen, ich wurde ebenfalls erwischt und konnte das Hin und Her kaum ausgleichen.
    Noch ein letztes Rucken – Lok und Wagen standen.
    Es wurde still.
    Keine Grabesruhe. Irgendwo knackte und knarrte noch immer etwas. Dann quietschte die Tür, als ich sie aufstieß. Ich wollte keine Minute länger in diesem Wagen bleiben.
    Mit dem rechten Bein hatte ich den Wagen verlassen. Meine Sohle berührte schon sehr bald die harte Unterlage.
    Es war der blanke Fels. Ich stand im Dunklen, holte wieder die Lampe hervor und ließ den Strahl wandern. Er zuckte über den Wagen berührte auch die Särge, stach tief in den Berg hinein, aber er fand kein weiteres Ziel.
    Das Skelett war verschwunden.
    Ich holte durch die Nase Luft. Sie war kühl und schmeckte nach Feuchtigkeit und Moder.
    Es hatte einen Sinn gehabt, daß der Zug in diesen Berg hineingelenkt worden war. Auch das Skelett war keine Täuschung gewesen.
    Es mußte sich irgendwo versteckt halten.
    Ich sah es trotzdem nicht.
    Der Wagen und vor ihm die Lok standen wie eine Wand. Den Waggon hatte ich untersuchen können, jetzt war die Lok an der Reihe. Ich enterte das Führerhaus.
    Diesmal roch es nach Öl. Nicht nach Kohle oder anderem Verbrannten, nur eben nach Öl.
    Die Lok besaß auch keinen Tender. Sie brauchte nicht auf mechanische Art und Weise gelenkt zu werden. Magie trieb sie an.
    Ich verließ sie auf der anderen Seite – und sah das Skelett!
    Es schwamm wie eine Filmprojektion in der dichten Finsternis.
    Auf mich machte es den Eindruck, als würde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher