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0510 - Der Leichenzug

0510 - Der Leichenzug

Titel: 0510 - Der Leichenzug
Autoren: Jason Dark
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Bürgermeister, der aber nicht da war. Die Partei hatte ihn zu einem Kongreß in die Hauptstadt Bukarest eingeladen. Danach wollten die Funktionäre noch zum Schwarzen Meer fahren und eine Woche Urlaub machen.
    Blieb das Telefon in der Post.
    Es war genau vier Uhr morgens, als Marek seine Jacke überstreifte und das Haus verließ. Das Knarren der Tür hatte die Katze erschreckt. Sie sprang mit einem Satz von der Fensterbank und huschte davon.
    Der Pfähler schritt allein der Hauptstraße entgegen, die den Ort praktisch in zwei Hälften teilte. Um diese Stunde nahm die Kälte immer zu. Besonders im Herbst und im Winter. Da drückte sie dem Boden entgegen, da kam der Frost und brachte den ersten Rauhreif.
    Auch jetzt dampfte vor Mareks Lippen der Atem. Er strich an seiner Oberlippe hoch, und der Pfähler merkte noch, daß er den scharfen Schnaps getrunken hatte.
    Die Häuser duckten sich in die Schatten der unheimlich wirkenden Berge. Sie waren dicht bewaldet. Oft genug standen die Bäume so nahe zusammen, daß sie schon einen regelrechten Dschungel bildeten. In den Wald führten schmale Wege, die zumeist von Holzfällern benutzt wurden. Auch in Petrila lebten die Menschen vom Holz. Tagsüber hallten die Schläge der Äxte über den Ort und auch das Kreischen und Knattern der Motorsägen.
    Die meisten Häuser waren aus Steinen und Holz erbaut worden.
    Auch die Posthalterei, die einen hölzernen Anbau besaß, in dem der Posthalter mit seiner Familie wohnte.
    In Petrila gingen die Menschen meist früh zu Bett. Sie standen auch entsprechend früh auf. So war es für Marek nicht verwunderlich, daß hinter einigen Fenstern bereits Licht brannte. Der matte Schein fiel durch die Scheiben und zeichnete helle Flecke auf die Straße und die schmalen Gehsteige.
    Nicht so an der Poststelle. Dort war noch alles dunkel. Dennoch mußte der Posthalter aufgestanden sein. Marek kannte dessen Gewohnheiten seit Jahren.
    Der Mann hieß Jossip Karescu, war über 50 und versah seinen Dienst schon jahrelang. Er hatte ebenfalls alle Höhen und Tiefen des Ortes Petrila mitbekommen.
    Marek sah hinter den Scheiben des Anbaues Licht brennen. Die Familie wohnte dort.
    Der Pfähler klingelte.
    Zweimal drückte er auf die alte Schelle, um die Wichtigkeit seines Vorhabens zu unterstreichen.
    Schritte hörte er nicht. Dafür einen Fluch. Er klang so laut, wie ihn nur jemand ausstoßen konnte, der am offenen Fenster stand und nach draußen schaute.
    Marek trat so weit zurück, daß er im Licht zu erkennen war.
    Lässig winkte er hoch.
    »Was willst du denn zu dieser Zeit?«
    »Telefonieren, Jossip.«
    Der Posthalter lachte. »Das darf doch nicht wahr sein. Weshalb denn, zum Henker, und wohin?«
    »Ferngespräch.«
    »Schon wieder London?«
    »Ja.«
    Jossip Karescu zog sich zurück, weil ihn fröstelte und er nur im Unterhemd am offenen Fenster stand. »Warte zwei Minuten«, rief er noch. »Dann komme ich runter.«
    »Gemacht.«
    Er kam tatsächlich in der angegebenen Zeit. »Wenn ich dich ja nicht kennen würde, Frantisek, hätte ich das ja für Spinnerei gehalten. Aber bei dir nicht.«
    »Es geht um Leben und Tod!«
    Jossip blieb stehen und rieb seine Augen. »Sag nur nicht, daß es sich wieder um Vampire dreht.«
    »So ist es aber.«
    »Bist du sicher?«
    »Fast.«
    Der bärtige Posthalter bekam eine Gänsehaut. »Als ob wir nicht beim letztenmal genug davon gehabt hätten.« Er schüttelte den Kopf und holte den Türschlüssel aus der Tasche. Zusammen mit Marek ging er um das Haus, um vorn aufzuschließen. Er machte Licht.
    Es roch wie immer leicht muffig in der kleinen Poststation. An den feuchten Wänden klebte teilweise gelbgrüner Schimmel. Von den Wartebänken blätterte der Lack ab, auf dem Boden lagen regelrechte Schmutznester.
    Es gab keine Direktwahl in ein westliches Land. So etwas existierte in der tiefen Provinz nicht. Hier wurde noch mit der Hand vermittelt und gestöpselt.
    »Die Nummer hast du?«
    »Ich schreibe sie dir auf.«
    Marek notierte sie auf einem Blatt Papier und schob es Jossip rüber. »Dann mach mal.«
    »Er ist auch da?«
    »Bestimmt.«
    »Trotz Zeitverschiebung?«
    »Los, tu deine Arbeit!«
    Marek hatte auf der Wartebank Platz genommen und holte die alte Pfeife hervor, die er stopfte. Als der Tabak brannte, durchzog ein würziger Duft das alte Postzimmer und vertrieb den muffigen Geruch zunächst. Er würde bald wiederkommen.
    »Kann länger dauern.«
    Marek schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht. Um diese Zeit ist
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