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0496 - Die Stadt der Toten

0496 - Die Stadt der Toten

Titel: 0496 - Die Stadt der Toten
Autoren: Werner Kurt Giesa
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orientieren. Aber in diesem Moment veränderte sich die Wand gegenüber. Eine Türöffnung entstand, und die Art, wie das geschah, löste in Nicole eine Erinnerung aus. Sie ahnte plötzlich, wo sie sich befand, nur konnte sie sich immer noch nicht erklären, wie sie dorthin gelangt war.
    »Sie haben das Ziel ihrer Reise nicht erreicht, und mindestens einer von ihnen ist dabei umgekommen, nicht wahr?« erklang eine Stimme aus dem Raum, der hinter der so plötzlich entstandenen Türöffnung lag.
    »Julian…?« hauchte Nicole.
    Sie ging auf die Tür zu, trat in den Nebenraum. Er war nämlich karg eingerichtet. Zwei Menschen warteten dort in großen Sesseln auf Nicole; ein dritter Sessel war leer. Beide Männer hielten es nicht für nötig, sich bei Nicoles Eintreten zu erheben, aber der blonde Junge wies auf den freien Sessel.
    »Nimm Platz, Nicole.«
    »Willkommen auf der Silbermond«, sagte der andere. Seine Stimme klang so heiser, wie sein Aussehen vermuten ließ. »Padrig YeCairn«, erkannte Nicole. Sie wandte sich Julian zu. »Was soll das? Hast du mich entführt?«
    »Nun setz dich schon«, erwiderte er etwas ungeduldig. »Du kennst doch das Sprichwort: Wenn der Prophet nicht zum Berg geht, muß der Berg zum Propheten kommen. So, wie ich vorausberechnen konnte, was den Bootsfahrern zustieß, so berechnete ich auch, daß jemand nach mir suchen würde, weil es um den Silbermond geht. Du konntest es sein, oder meine Eltern, oder die Druiden Gryf und Teri. Nun aber bist du hier. Ich habe dich hergeholt, weil wir hier besser plaudern können.«
    »Was ist mit Corda und Calhoun?«
    »Wir brauchen sie hier nicht mehr. Sie würden ohnehin nichts verstehen. Warum sollen wir sie also über das hinaus einweihen, was sie ohnehin schon wissen? Nur um Calhouns Sensationsgier zu befriedigen?«
    »Du hast mich also in deinen Traum geholt«, stellte Nicole fest.
    Julian lächelte. Er griff in die Brusttasche seines Hemdes und zog eine Papierschwalbe heraus, die er etwas entfaltete, teilweise glättete und dann zu Nicole fliegen ließ. Sie fing sie auf, erkannte Bleistiftstriche und faltete das Papier auseinander. Sie sah ihre Porträtzeichnung von Julian.
    »Nicht übel getroffen«, lobte Julian. »Ich wußte gar nicht, daß du so gut zeichnen kannst. Nun, das Papier konnte ich nicht zurücklassen. Reden wir jetzt also über das, was ihr wollt. Weshalb sucht ihr mich so dringend? Wie kann ich euch helfen?«
    »Indem du helfen willst«, schlug Nicole vor. »Hast du das nicht auch vorhersehen können?«
    Er lachte leise. »Ich bin kein Hellseher. Glaube ich wenigstens, äh… daß ich ein paar kleine Prophezeiungen machen konnte, ist eine andere Sache. Das war eher Mathematik. Na ja, eine Mischung aus Mathematik und Magie. Ich habe bestimmte Berechnungen angestellt. Aber sie sind sehr mühselig, und die Trefferquote ist doch sehr gering. Ich glaube nicht, daß ich mich weiter daran versuchen werde. Es gibt vermutlich interessante Dinge, die nicht so pulvertrocken sind. Bitte… wolltest du nicht etwas sagen?«
    Nicole nickte.
    »Ist dir die Echsenwelt ein Begriff?«
    »Ich hörte davon«, lächelte er. »Ich habe ihr bisher selbst noch keinen Besuch abgestattet. Aber das eilt ja sicher nicht. Ein paar hunderttausend Jahre…«
    »Ein paar Tage, Julian«, unterbrach Nicole. »Die Echsenwelt stirbt jetzt -in rasendem Tempo.«
    Julian stutzte.
    »Oh, daher die vielen kurzlebigen Weltentore mit Zwangsaustausch. Ich kann mir vorstellen, daß das für die Echsenleute sehr unangenehm ist.«
    »Und nicht nur für sie. Auch für Zamorra, der bei ihnen ist«, und da war die Angst um ihn wieder in ihr, stärker denn je. Sie spürte auf eine seltsame Weise durch die Schranke der Träume hinweg, daß sich Zamorra in unmittelbarer Gefahr befand!
    »Sie werden alle sterben, wenn sie in ihrer sterbenden Welt bleiben. Der Silbermond ist leer. Sie könnten ihn besiedeln.«
    »Und ich soll das Tor öffnen«, sagte Julian. »Ich soll dafür sorgen, daß sie hierher gelangen können.«
    »Das ist es, worum wir dich bitten«, sagte Nicole leise.
    Der Junge lächelte und sah Padrig YeCairn an. »Du wirst dann nicht mehr ganz so einsam sein, Gevattei«, schmunzelte er. »Wie gefällt dir das, in Gesellschaft einiger Millionen Sauroiden zu leben - oder weniger; ich weiß nicht, wie groß ihre Population ist. Bist du darüber informiert, Nicole?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Hunderttausend, eine Million, hundert Millionen? Ich weiß es nicht. Aber die
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