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0493 - Janes Umkehr

0493 - Janes Umkehr

Titel: 0493 - Janes Umkehr
Autoren: Jason Dark
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daß ich auch diese hinnahm und meinen Weg fortsetzte. Die Plattform rückte stetig näher. Sie hatte in der Mitte ein Loch, durch das die Leiter führte. Der Schatten der wartenden Frau fiel ebenfalls durch die Öffnung und auf die Sprossen.
    Ich sah den Saum des Rockes im Wind flattern, die alten, schwarzen Schuhe, aber sonst nichts.
    Sie trat zurück, als ich den Kopf durch die Öffnung steckte. Ich war dabei sehr vorsichtig. Schließlich besaß die Frau ein Messer, mit dem ich nicht erstochen werden wollte.
    Sie ließ mich in Ruhe.
    Die Frau hatte sich einige Schritte weiter aufgebaut. Mit dem Rücken lehnte sie am Plattformgitter.
    Als ich vor ihr stand, winkte ich den Polizisten zu, bevor ich mich an die Frau wandte und dabei beide Arme ausbreitete.
    »Hier bin ich also.«
    »Ja, das ist gut.«
    »Und nun?«
    Ihr Gesicht wurde noch faltiger und verkniffener, als sie lächelte. Hier oben hörten wir schon den Wind. Er wehte rauschend um Schornstein und Gitter.
    »Du weißt nicht, wer ich bin?«
    »Nein.«
    »Ich sage es dir schnell, will aber nicht, daß du dein verfluchtes Kreuz hervorholst, denn eigentlich bin ich eine Feindin von dir. Oder zählen Hexen nicht zu deinen Feinden?«
    »Im Prinzip schon«, erwiderte ich. »Sie sind also eine Hexe!«
    »Ja!«
    »Deshalb Ihr Alter!«
    »Richtig, Geisterjäger.« Sie nickte so heftig mit dem mageren Schädel, daß ich Angst davor hatte, er würde ihr noch abfallen. »Ich bin eine Hexe.«
    »Und weshalb willst du mich sprechen?« Ich ließ die höfliche Anrede jetzt fallen.
    Sie blickte etwas versonnen auf die rostige Messerklinge. »Ich will deshalb ein Ende machen, weil ich mit gewissen Dingen nicht einverstanden bin. Verstehst du?«
    »Nein.«
    »Ach, dann will ich es dir sagen. Ich fühle mich betrogen, Geisterjäger.«
    »Von wem?«
    »Von meinen Hexenschwestern. Es ist etwas in Gang gekommen. Wir haben von neuen Entwicklungen gehört, die bereits stattgefunden haben. Er ist zurückgekehrt.«
    »Wer ist er?«
    Sie gab mir keine konkrete Antwort, sondern sprach von ihren Problemen.
    »Mich hat man übergangen. Sie haben Edwina die Aufgabe übertragen und mich nicht einmal gefragt. Deshalb habe ich mich entschlossen, sie zu verraten.«
    »Nun gut, dann rück mal raus mit der Sprache!«
    Sie starrte mich an. Wieder begann sie zu lächeln. Dann winkelte sie den Arm an, als wollte sie eine Waffe ziehen. Die Hand verschwand auch unter dem Kleid und der Strickjacke, aber sie holte keine Waffe hervor, sondern eine Puppe.
    Die hielt sie so, daß ich nur auf den Rücken schauen konnte. Mit einer Hand umklammerte sie den Gegenstand, streckte den Arm aus, als wollte sie mir die Puppe übergeben.
    Ich griff auch zu.
    Bevor ich jedoch zufassen konnte, ließ die Hexe los. Die Puppe prallte auf den Boden der Plattform und blieb mit dem Bauch nach unten vor meinen Füßen liegen.
    »Pech, Geisterjäger, heb sie auf oder dreh sie um!«
    Ich tat ihr nicht den Gefallen, mich zu bücken. Statt dessen nahm ich den Fuß zu Hilfe und drehte die Puppe auf den Rücken.
    Jetzt sah ich das Gesicht.
    Es war zerkratzt, zerschlagen und an einigen Stellen stark eingedrückt. Risse zeigten sich in der Haut. Trotzdem waren die Gesichtszüge für mich zu erkennen.
    Die Puppe war einem Menschen nachgebildet worden. Einer Frau, die ich gut kannte.
    Jane Collins!
    ***
    »Und du hast wirklich keine Lust, mit einkaufen zu gehen?« fragte Sarah Goldwyn, als sie sich von Jane Collins in den Mantel helfen ließ.
    »Nein, Sarah.«
    Die Horror-Oma schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich nicht. Früher bist du gern mitgegangen, nur in den letzten Tagen hast du dich so verändert.«
    »Man wird eben älter.«
    Sarah Goldwyn wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Älter, das mußt du junge Hüpferin gerade sagen. Als was soll ich mich dann bezeichnen?«
    »Du bist im Herzen jung.«
    »Richtig.« Sarah Goldwyn tippte Jane mit dem Zeigefinger an. »Das solltest du auch sein oder wieder werden. Das Leben ist einfach zu kurz, um in Trübsinn zu verfallen.«
    Jane hob nur die Schultern.
    Die Horror-Oma war noch nicht fertig. »Ich weiß, daß ich dir jetzt nicht viel sagen kann. Deine Veränderung ist nicht schlagartig gekommen. Ich habe dich genau beobachtet, aber ich habe mich auch entschlossen, es nicht so einfach hinzunehmen. Jane Collins, ich kenne dich. Ich kenne dich sogar gut. Wir wohnen hier zusammen, ich werde um dich kämpfen, weil ich dich mag. Außerdem glaube ich, daß du für deinen
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