Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0492 - Der Zug aus der Hölle

0492 - Der Zug aus der Hölle

Titel: 0492 - Der Zug aus der Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
geordnete Verhältnisse zu sorgen - auch etwas, das ihm die Bewohner dieses kleinen Dorfes an der Loire niemals vergessen würden. [3] Draußen stoppte ein Auto. Das war ungewöhnlich, weil die einzigen Gäste, die normalerweise mit dem Auto kamen und im Falle zuviel genossenen Alkohols dann auch hier übernachteten, bereits anwesend waren - Zamorra und Nicole. Die Dörfler hatten es zu Fuß einfacher. »Wer kommt denn jetzt?« brummte Mostache verwundert. Da schwang die Tür auf, und ein dürres Männlein mit stechenden Augen, in einen zerknitterten Mantel gewickelt und einen Bogart-Hut tief in die Stirn gezogen, schritt gravitätisch wie der Storch im Salatbeet herein. »Scheußliches Wetter, aber guten Abend allerseits«, keifte er. »Herr Wirt, eine Flasche des besten Cognacs, den Sie haben, für meine Gäste und mich. Und bei Gelegenheit sollten Sie diesen Ozean vor der Tür entfernen. Ich hasse es, wenn meine Schuhe naß werden. Ach ja, vier Gläser zu der Flasche - Sie dürfen mittrinken, Herr Wirt.«
    Mostache schraubte sich langsam hoch.
    »Und eine Zigarre«, fügte das dürre Männlein hinzu. »Ich denke doch, daß Sie eine gute Marke anzubieten imstande sind, ja?«
    Zamorra grinste; er ahnte etwas und nickte Nicole bedeutungsvoll zu. Sie lächelte zurück. Auch sie hatte den späten Gast erkannt.
    »Für das Wasser vor der Tür muß ich um Entschuldigung bitten, Monsieur«, sagte Mostache steif. »Das ist nur vorübergehend; der Abfluß hat die derzeitigen Regenmengen wohl nicht ganz verkraftet.«
    »Und das schon seit sieben oder acht Jahren«, sagte das dürre Männlein schrill, schälte sich aus Hut und Mantel und drückte beides dem verdutzten Wirt in die Hand. »Passen Sie gut drauf auf, damit’s niemand klaut.«
    »Wer sollte denn hier…«, polterte Mostache los, verstummte aber wieder. Fremden Gästen gegenüber war es unklug, grob zu werden; vielleicht kamen die ja wieder oder wollten sich sogar hier ansiedeln. So wenig Mostache von den neuen Bauerschließungsprojekten angetan war, die aus dem verträumten Dörfchen einen weniger verträumten und daher sterileren größeren Ort machen sollten, so war ihm doch an Kunden gelegen. Er hatte zwar sein Auskommen, aber mit ein paar Kunden mehr könnte er endlich seinen 2 CV durch den lange erträumten Maserati ersetzen; ungeachtet der Warnungen seiner Freunde, er paßte mit seiner Leibesfülle nicht in einen Sportwagen hinein. Nicht mal mit dem Schuhlöffel.
    »Wann kommen denn Ihre Gäste, Monsieur?« fragte er.
    »Die sitzen schon hier«, sagte das dürre Männlein und wies auf Zamorra und Nicole, die derzeit einzigen Gäste. »Wo bleibt der Cognac und die Zigarre?«
    Seufzend beeilte sich Mostache, Flasche, Gläser und eine Zigarre herbeizuschaffen. Der Dürre griff in die Tasche, zog ein Messer heraus und schnitt die Zigarrenspitze sorgfältig ab. Dann nahm er den Lungentorpedo zwischen die Lippen, schnipste mit zwei Fingern der linken Hand, und aus diesen zuckte ein Flämmchen hervor, das die Zigarre in Brand setzte.
    Mostache war sprachlos.
    »Darf ich vorstellen?« sagte Zamorra. »Ein Mitglied der Schwarzen Familie - Sid Amos.«
    ***
    »Ein doch recht ehemaliges Mitglied«, bemerkte Sid Amos trocken. »Woran hast du mich erkannt, Zamorra?«
    »Deine Aura«, sagte Zamorra. »Du hast dich nicht gut genug abgeschirmt.«
    Von einem Moment zum anderen veränderte Sid Amos sein Aussehen. Aus dem dürren Hutzelmännchen wurde ein deutlich repräsentativerer Mittvierziger. »Eine neue Figur, die ich ausprobieren wollte«, gestand er. »Man kann nie genug Identitäten haben, in die man bei Bedarf schlüpft. Und je weniger ernst man dabei genommen wird, desto besser ist es.«
    Mostache sah ihn skeptisch an. Sid Amos bewegte die Finger. Unsichtbare Hände öffneten die Cognacflasche und schenkten ein. Aber der Wirt griff nicht zu. »Asmodis«, brummte er. »Ich werde den Teufel tun, mich von Ihnen einladen zu lassen.«
    Sid Amos grinste. »Hat Ihnen mein Freund Zamorra noch nicht gesagt, daß ich der Hölle den Rücken gekehrt habe?«
    Mostache zuckte mit den Schultern und verschanzte sich hinter der Theke. Amos hob entsagungsvoll die Brauen. »Wer nicht will, der hat schon. Nett, Zamorra, daß wir uns hier im Dorf treffen können. Das erspart mir die Mühe, im Château vorzusprechen.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, daß wir einen Gesprächstermin miteinander haben«, erwiderte Zamorra reserviert.
    Amos seufzte. »Ich werde alt«, sagte er. »Ich habe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher