Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0492 - Dem Henker gestohlen

0492 - Dem Henker gestohlen

Titel: 0492 - Dem Henker gestohlen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Luft.
    Bevor er sich noch weiter darüber auslassen konnte, kam unser Mann vom Haupteingang heran. »Morgen«, sagte er, »und einen schönen Gruß vom Chef. Ihr möchtet sofort zu ihm kommen, bevor ihr etwas anderes anfangt.«
    »Haben wir was ausgefressen?« meinte Phil scherzhaft.
    »Weiß ich nicht«, sagte der Kollege. »Vielleicht. Hattet ihr etwas mit einem gewissen Touchney zu tun?«
    ***
    Helen, die Vorzimmerdame unseres Chefs, sprang von ihrem Patentstuhl hoch und riß die Tür zum Chefbüro auf, noch bevor wir richtig »Guten Morgen« sagen konnten.
    Und der Chef erhob sich feierlich, kam um seinen Schreibtisch herum und begrüßte uns noch in der Tür. Es war direkt ein großer Bahnhof. Phil bekam Augen von der Größe einer Navy-Untertasse, denn der Chef deutete mit einer einladenden Geste auf den runden Besuchertisch.
    Auf diesem Repräsentationsmöbel standen eine Whiskyflasche, zwei Gläser, ein Topf mit Eiswürfeln, ein Sodasiphon und ein Kasten mit Zigaretten.
    Mr. High, der Chef des FBI-Distrikts New York, umsorgte uns, als hätten wir Geburtstag oder etwas Ähnliches.
    Er goß uns sogar höchstpersönlich die Gläser voll.
    »Man muß die Feste feiern, wie die Feste fallen«, rezitierte Phil.
    Der Chef sagte nichts darauf, sondern bot uns aus seiner Lederkiste, die ihm mal der Kripochef von Marokko verehrt hatte, seine feinsten Besucherzigaretten an.
    »Auf euer Wohl«, sagte er dann und nickte uns aufmunternd zu. Er selbst trank allerdings auch diesmal keinen Whisky. Dafür leerte Phil sein Glas mit einem genießerischen Schluck.
    Mich traf fast der Schlag. Nicht wegen Phil. Der macht gern einen tiefen Zug und verträgt auch allerhand. Mich wunderte nur der Chef. Der schüttelte nicht einmal den Kopf, sondern goß meinem Freund Phil einen neuen Drink ein.
    Auch Phil war einen Moment sprachlos. Dann holte er tief Luft. »Ich kann mir denken, was los ist«, sagte er. »Wenn wir hier behandelt werden wie regierende Fürsten, dann gibt es dafür nur eine Erklärung!«
    »Welche, Phil?« fragte der Chef.
    »Wir sind sicher abkommandiert und sollen die Beatles auf ihrer Reise durch die Staaten beschützen, wobei wir uns zweimal täglich diese Konzerte anhören müssen«, vermutete Phil.
    Doch Mr. High schüttelte den Kopf. »Noch schlimmer«, sagte er nur.
    »Noch schlimmer?« wunderte sich Phil. »Das gibt es nicht!«
    »Doch«, sagte Mr. High.
    Ich schaute ihn gespannt an und glaubte, einen bedauernden Ausdruck in seinen Augen zu sehen.
    »Wir sind hart im Nehmen, Mr. High«, sagte ich.
    Er nickte. »Ich weiß. Trotzdem.«
    Noch einmal machte er eine Pause.
    »Webster Touchney!« sagte er dann mit Nachdruck.
    Ich fuhr aus dem Besuchersessel hoch, und Phil stellte das Glas hart auf den Tisch zurück. Auch er starrte Mr. High überrascht an. Ruckartig wandte er dann sein Gesicht zu mir.
    »Ist er entkommen?« fragte ich nach ein paar Sekunden Mr. High.
    »Nein«, sagte der Chef leise. »Es ist einfach unglaublich, an der Tatsache ist nichts zu ändern. Ich nehme es euch nicht übel, wenn ihr mich laut auslacht, und ich nehme es auch nicht übel, wenn ihr vor lauter Ärger meinen Schreibtisch aus dem Fenster werft. Schließlich wart ihr beiden die letzten in der langen Reihe von Polizisten und G-men, die wochenlang hinter diesem Mann her waren, Kopf und Kragen riskierten, um ihn zu fassen und…«
    Er stand auf und ging mit großen Schritten durch sein Büro. Am Fenster blieb er stehen, schaute einen Moment hinaus in die Straßenschlucht und drehte sich dann wieder um.
    »Webster Touchney ist gestern abend, kurz vor Mitternacht, von der Jury als nicht schuldig bezeichnet und von Richter Emerett pflichtgemäß sofort auf freien Fuß gesetzt worden«, sagte Mr. High.
    ***
    Richter Emerett spielte mit seinem Holzhammer. Er saß hinter seinem Schreibtisch und klopfte mit dem Hammer auf die Schreibunterlage, als säße er hinter dem Richtertisch und wolle einen Spruch verkünden.
    »Ja, meine Herren — so ist das«, seufzte er. »Ich kann Sie verstehen. Für Sie vom FBI ist Touchney ein Mann, der vier Morde begangen hat. Ich habe den Abschlußbericht des FBI gelesen. Er war lückenlos. Er ist klar formuliert, und er gab der Anklage festes Material in die Hand. Aber Sie kennen unsere Prozeßordnung. Wenn sich ein Angeklagter als nicht schuldig bezeichnet, muß verhandelt werden. Wenn verhandelt wird, müssen unsere Zeugen gehört werden. Ihr Distriktchef, Mr. High, war von der Zentrale Ihrer Organisation als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher