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0492 - Dem Henker gestohlen

0492 - Dem Henker gestohlen

Titel: 0492 - Dem Henker gestohlen
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Zeuge benannt worden. Er verlas den Abschlußbericht, den ich schon kannte. So weit, so gut. Dann kamen andere Zeugen. Zeugen der Verteidigung. Es waren acht Männer. Jeweils zwei von ihnen beschworen ein Alibi für Touchney. Es waren vier Alibis. Eines für jeden der von der Anklage genannten Mordfälle.«
    »Die Alibis müssen falsch sein, Euer Ehren«, sagte ich aufgeregt.
    Hart schlug der Hammer des Richters auf die Schreibtischplatte. »Ich glaube Ihnen das, Cotton. Aber der Spruch der Geschworenen allein ist maßgebend. Der lautete: nicht schuldig. Es ist dem Staatsanwalt in seinem Plädoyer nicht gelungen, die Jury davon zu überzeugen, daß acht Zeugen acht Meineide geschworen haben.«
    »Aber die Beweise«, rief Phil dazwischen.
    Richter Emerett nickte. »Ja, es gibt Beweise. Es sind Indizienbeweise. Als ich bei der Vorbereitung der Verhandlung die Akten las, war ich davon überzeugt, daß der Staatsanwalt anhand dieser Beweiskette den Angeklagten überführen könnte. Aber niemand wußte etwas von den acht Zeugen!«
    »Wer war der Verteidiger?«
    »Rechtsanwalt Nicholson«, antwortete Richter Emerett. »Ein hervorragender Anwalt. Teuer.«
    Ich verstand den Wink. »Als wir Touchhey festnahmen, besaß er 152 Dollar und ein paar Cent. Wir ermittelten seine Wohnung. Dort fanden wir weitere 500 Dollar. Sonst konnte kein Vermögen Touchneys festgestellt werden.«
    »Touchney hatte kein Vermögen«, bestätigte Richter Emerett. »Sein Bargeld befand sich in Verwahrung bei der Haftanstalt, in der er auf seinen Prozeß wartete. Er ließ sich für den Einkauf von Zigaretten und so weiter nur einen Teil ausbezahlen. Den Rest bekam er bei seiner Entlassung.«
    »Das will noch nichts besagen, Euer Ehren«, erinnerte Phil. »Es könnte sein, daß Touchney die Anwaltskosten erst jetzt bezahlt.«
    Richter Emerett schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Anwalt Nicholson übernimmt keine Verteidigung in einem Mordprozeß, wenn seine Kosten nicht gedeckt sind.«
    »Wer hat denn die Kosten bezahlt?« fragte ich.
    Richter. Emerett schaute mich über seine blinkenden Brillengläser an. »Ich weiß es nicht, Mr. Cotton. Das Gesetz gestattet mir auch nicht, entsprechende Überlegungen anzustellen. Meine Meinung ist auch nicht maßgebend, wenn es um die Frage ,schuldig' oder ,nicht schuldig' geht.«
    »Wenn der Spruch ,schuldig' gelautet hätte, Euer Ehren«, fragte ich. »wie hätte dann Ihr Urteil gelautet?«
    Richter Emerett schaute mich einen Moment nachdenklich an. Dann ließ er seinen Hammer mit aller Kraft auf den Schreibtisch donnern. »Wissen Sie, Mr. Cotton, Webster Touchney wollte nicht sterben. Er wäre gestorben, wenn er sich im Sinne der Anklage als schuldig bezeichnet hätte. Zu diesem Zeitpunkt wußte er noch nichts von den acht Zeugen, die zu seinen Gunsten aussagten. Als sie es taten, erhob er keinen Widerspruch. In jenen Sekunden, als er diese acht Männer widerspruchslos ihre Aussagen beschwören ließ, verkaufte er seine Seele.«
    »Ich danke Ihnen, Euer Ehren!« sagte ich.
    Draußen, vor der Tür des Richterzimmers, steckten wir uns Zigaretten an.
    »Das hat er gut gesagt«, meinte Phil. »Ob er es Touchney auch so deutlich gesagt hat?«
    »Vermutlich, denn sonst hätte Touchney mich nicht heute nacht angerufen. Er weiß schon, daß er trotz des Freispruchs zum Tode verurteilt ist!«
    ***
    »Rechtsanwalt Nicholson befindet sich im Court-House«, sagte mir die kühle Stimme am Telefon. »Seine Sprechstunden sind, nach Vereinbarung, nur nachmittags und…«
    »Wo im Court-House kann ich Mr. Nicholson treffen?«
    »Bedaure, Rechtsanwalt Nicholson schätzt es nicht, zwischen den Terminen gestört zu werden!« klang es um noch etliche Grade kühler zurück.
    »Miß, Sie scheinen mich nicht genau verstanden zu haben. Hier spricht Cotton vom FBI! Es ist wichtig, daß ich Mr. Nicholson schnellstmöglich treffe!« sagte ich mit Nachdruck.
    Sie überlegte einen Moment. »Bedaure«, sagte sie dann, »ich kann am Telefon Ihre Angaben nicht nachprüfen. Sie müßten sich schon mit den üblichen Unterlagen hierherbegeben. Ich danke für Ihren Anruf!«
    »Hast du ihn?« fragte Phil, als ich wieder aus der Kabine kam.
    »Nein«, sagte ich und erzählte ihm, was mir passiert war.
    »Ich fahre hin, stelle das Notwendige fest und rufe dich hier an«, schlug er vor. Doch im gleichen Moment bog Rechtsanwalt Thomas Malcolm um die Ecke.
    »Hallo«, begrüßte er uns. »Sucht ihr neuerdings die schlimmen Menschen schon
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