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0479 - Der Blutjäger

0479 - Der Blutjäger

Titel: 0479 - Der Blutjäger
Autoren: Werner Kurt Giesa
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weder unter der Kontrolle der MÄCHTIGEN, noch waren ihre Impulse überhaupt zu spüren.
    Daher ging er davon aus, daß sie alle nicht mehr existierten.
    Der Silbermond bot so, wie er jetzt war, ein recht trostloses Bild. Der Hain der Lebensbäume verdorrt, die Organhäuser zu Staub zerpulvert, die Erde aufgerissen und zerklüftet. Nichts mehr war so, wie es einst gewesen war - eine paradiesisch anmutende Welt, in der magische Wesen wie die Silbermond-Druiden und andere Entitäten in Harmonie zusammenlebten. Es war einmal das Utopia gewesen, der ideale Staat. Aber dieses Utopia befand sich in weit zurückliegender Vergangenheit.
    Eines Tages, beschloß Gryf, würde er den Silbermond neu erforschen. Aber nicht jetzt. Nicht nach den seelischen Wunden, die Merlins tragische Aktion ihm geschlagen hatte. Darüber mußte er erst einmal hinwegkommen. Sie alle, die an der Aktion teilgenommen hatten, hatten sich wieder zerstreut. Momentan wußte Gryf nur von Zamorra, was er tat - der Parapsychologe befand sich auf einer Rundreise über die Erde, um überall nachzuprüfen, ob es nicht doch Veränderungen gegeben hatte, die noch »repariert« werden mußten.
    Der Fluß strömte mit mäßiger Geschwindigkeit dahin. Die Schwäne waren fort; sie hatten ihren Platz offenbar nicht an Gryfs Aussichtspunkt. Statt dessen tauchten Enten auf und tummelten sich am Uferrand und im Wasser.
    Ein Schatten fiel über Gryf. Er hob den Kopf und sah ein leidlich hübsches Mädchen mit langem blondem Haar. »Hallo«, sagte die Blondine. »Wenn Sie etwas zur Seite rücken, habe ich auch noch Platz.«
    »Aber sicher doch«, erwiderte Gryf lächelnd und rückté, wenn auch nicht sonderlich weit. Am hellen Tag ging die Sonne auf. Der Druide sah eines seiner beiden Hobbies in greifbare Nähe gerückt. Das andere, nicht ganz so greifbar nahe Hobby war die Jagd auf Vampire.
    Die Schürzenjagd war aber wesentlich ungefährlicher - es sei denn, die weibliche »Beute« besaß eine Handvoll grimmiger Brüder mit langen, scharfen Messern und war darüber hinaus recht heiratswütig.
    Gryf lächelte das Mädchen an. »Sieht aus, als seien Sie öfters hier«, vermutete er. »Ich bin völlig fremd und auf der Suche nach jemandem, der mir Stadt, Land und Leute zeigt und erklärt.«
    Die Blonde schmunzelte. »Und die Betten?«
    Sekundenlang war Gryf perplex, dann lachte er. »So kann man seine Neugierde allerdings auch definieren«, stellte er fest.
    Die Blonde griff nach seiner Hand. »Du hast deine Fremdenführerin gefunden, Mann«, sagte sie. »Komm mit, ich zeige dir, was du sehen und erleben willst.«
    ***
    Sir Ronald of Teltow, vierter und letzter Sproß seines Geschlechtes, beugte sich über die Fotos. Das Kerzenlicht schuf eine nur mäßige, flackernde Helligkeit, aber sie reichte aus, um den 4. Earl of Teltow die Schönheit des Mädchens erkennen zu lassen.
    »Ist es das, was Ihr wünscht, mein Lord, Sir?« erkundigte sich Brian.
    Brian war der Diener. Wie er weiter hieß, wußte Sir Ronald nicht; er interessierte sich auch nicht dafür. Für ihn war nur wichtig, daß Brian existierte und daß er seinen Pflichten nachkam. Brian war prinzipiell austauschbar; aber Sir Ronald war froh, einen Mann wie ihn in seinen Diensten zu haben. Es würde schwierig sein, einen Ersatzmann anzulernen, der gleichermaßen dumm wie verschwiegen war. Deshalb sah der Earl ihm so manche kleine Frechheit oder auch Schlamperei wohlwollend nach. Brian seinerseits wußte es wohl zu schätzen, daß sein Herr nicht allzu streng mit ihm war.
    Sir Ronald betrachtete wieder die Fotos. Sie zeigten eine hübsche Blondine in äußerst aufreizenden Posen, welche durch einen unübersehbaren Mangel an Bekleidung an Eindringlichkeit gewannen. Sir Ronald gönnte Lady Aurelia, der längst verstorbenen, für wenige Sekunden einen Platz in seinen Gedanken; vermutlich wäre sie beim Anblick dieser Bilder flugs zum Bischof geeilt, um von jenem zu verlangen, daß sowohl jene schamlose Weibsperson auf den Bildern als auch der Künstler, welcher diese angefertigt hatte, unverzüglich zu exkommunizieren seien.
    Sir Ronald genoß besagte Schamlosigkeit. Seit der die Unsterblichkeit erlangt hatte, sah er viele Dinge aus einer ganz anderen Perspektive als früher. Er war, gewissermaßen, volkstümlicher geworden, bodenständiger. Denn nur im gemeinen Volk konnte er sich holen, wessen er bedurfte. In Adelskreisen wäre die Verlustrate viel schneller bekannt geworden.
    Er hob den Kopf und sah Brian
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