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0471 - Im Wartesaal des Todes

0471 - Im Wartesaal des Todes

Titel: 0471 - Im Wartesaal des Todes
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kurze Autobiographie des ermordeten Minton. Leider ließ sich aus dem Text nicht entnehmen, über welchen Kriminalfall Harry geschrieben hatte. Phil wollte die Seite schon umblättern, als sich die Tür zu Tillers Zimmer öffnete und die Blondine herauskam. Sie ließ die Tür einen Spalt breit offenstehen.
    »Mr. Tiller läßt bitten«, sagte sie kühl.
    »Thanks«, murmelte Phil und schob sich durch den Türrahmen.
    Tiller saß hinter einem großen Schreibtisch, auf dem ein hoher Stapel Manuskripte lag. Er erhob sich aus seinem Sessel, als Phil auf ihn zutrat. Seine Hand streckte sich zum Gruß aus. Phil registrierte verwundert den festen Händedruck des Mannes, dessen Körper eigentlich etwas schwammig wirkte.
    Tiller war klein und dick. Er hatte dichtes, schwarzes Haar, das an den Schläfen schon etwas ergraut war. Seine grauen Augen wirkten wässerig kalt. Die Nase war an der Spitze etwas gerötet, die Lippen wirkten wie schmale Striche. Er war ein Mensch, der Aktivität, Willen und Gewandtheit ausstrahlte.
    »Nehmen Sie doch Platz, Mr. Decker.« Tillers Stimme klang hart wie der Händedruck eben.
    »Danke«, sagte Phil. »Ich glaube, Sie wissen, weswegen ich Sie auf suche.«
    »Harry Minton?«
    »Genau. Waren Sie mit Harry befreundet?«
    »Ich hatte stets große Achtung vor seiner Leistung. Aber unsere Beziehungen waren rein geschäftlich. Wir hatten niemals irgendwelche freundschaftlichen Ambitionen. Wissen Sie, ich trenne immer Geschäft und Freundschaft ganz klar voneinander ab. Das muß man, sonst kann man keine Manuskripte beurteilen. Beantwortet das Ihre Frage, Mr. Decker?«
    »Nicht ganz«, gab Phil zurück. »Wie standen Sie zu Harry Minton? Kauften Sie seine Manuskripte, weil er ein nclter Kerl war? Oder war er ein miserabler Mensch, der leider gute Storys schrieb?«
    »Er lieferte mir gute Manuskripte. Ich kann nicht sagen, daß ich ihn nicht mochte. Bestimmt haßte ich ihn nicht.«
    »Kennen Sie jemanden, der ihn haßte?«
    »Nein.«
    »Wie ist das mit seiner Sekretärin Ellen Fitzroy?«
    »Ellen Fitzroy?« Tiller schien über den Namen nachzudenken. Nach einer Weile sagte er dann: »Tut mir leid, Mr. Decker. Da bin ich überfragt. Ich kenne die Dame nicht.«
    »Ellen Fitzroy ist die ehemalige Schreibkraft Harry Mintons. Vor ungefähr einer Woche hat sie bei ihm gekündigt. Leider wissen wir ihre Adresse nicht.«
    »Oh, ja«,' sagte Tiller plötzlich, »jetzt erinnere ich mich. Er kam mit einem handgeschriebenen Manuskript in mein Büro. Ich gab es meiner Sekretärin zum Schreiben. Aber ich erinnere mich nicht, daß Harry jemals eine Ellen Fitzroy erwähnte.«
    »Wir fanden auf Harrys Schreibtisch einen Notizblock. Er war leer, doch es fehlten einige Seiten. Die Bleistifte waren aber abgeschrieben. Es ist anzunehmen, daß Harry einige Seiten geschrieben hat, die sein Mörder verschwinden ließ.«
    »Oh?« Tiller fuhr mit der Zungenspitze über seine Lippen.
    »Woran arbeitete Minton zur Zeit?« fragte Phil.
    »Well, das kann man nicht so genau sagen. Er kann praktisch an allem gearbeitet haben. Wissen Sie, er war ein freiberuflicher Autor.«
    »Aber die meisten Manuskripte schrieb er doch für Sie!«
    »Das stimmt«, entgegnete Tiller ruhig. »Aber trotzdem hatte Harry noch sehr viel andere Verbindungen. Er konnte für jeden schreiben. Wir hatten keinen Vertrag mit ihm.« .
    »Ich bin der Meinung«, sagte Phil, »daß Harry an dem Text einer Kriminalserie arbeitete. Sein Wissen über bestimmte Fälle muß derart gut gewesen sein, daß er deswegen ermordet wurde.«
    »Wie kommen Sie denn auf die Idee, Mr. Decker?«
    »Nun, da sind erst einmal die fehlenden Seiten auf seinem Block. Zum anderen war es doch so, daß Harry nicht der Mensch war, der sich Feinde machte. Harry schrieb Kriminalserien. Der Stoff des Stückes, an dem er arbeitete, muß so heiß gewesen sein, daß irgend jemand aus der Unterwelt Angst bekommen hat. Harry griff ja nur tatsächlich ausgeführte Verbrechen für seine Drehbücher auf. Sie, Tiller, müssen wissen, woran er gearbeitet hat. Also, was war es?« Phils Stimme hatte bei den letzten Worten schneidend geklungen. Er wollte sich von diesem Fernsehproduzenten nicht länger hinhalten lassen. Tiller wußte etwas, das war ganz klar.
    Das Gesicht des Mannes hinter dem Schreibtisch sah mit einem Male eingefallen und müde aus. Die Selbstsicherheit bröckelte langsam ab. Tiller ließ sich in seinen Sessel zurücksinken. Er zuckte resigniert die Schultern. Dann öffnete sich sein Mund
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