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046 - Penelope von der 'Polyantha'

046 - Penelope von der 'Polyantha'

Titel: 046 - Penelope von der 'Polyantha'
Autoren: Edgar Wallace
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verheiraten. Aber ich bin mir selbst noch nie so gram wie jetzt gewesen, nachdem ich dieses Versprechen gab.« Er sah sie wieder an.
    »Warum denn?«
    »Weil ich Sie liebe und mir dadurch das einzige Glück raube, das mir erstrebenswert erscheint. Sie müssen annehmen, daß ich ein recht ungebildeter Mensch bin, Penelope, und ich glaube es beinahe selbst. Ich wollte Sie aus diplomatischen Gründen heiraten, aber ich erkannte auch, daß Sie das Anerbieten Mr. Orfords nicht aus Liebe zu mir annahmen. Wie wäre das auch möglich gewesen? Sie kennen mich erst seit ein paar Tagen und wissen noch nicht einmal das Schlimmste über mich.«
    »Ich glaube, ich weiß es doch.«
    Er schüttelte den Kopf, aber Penelope fuhr unbeirrt fort.
    »Sie fliehen vor jemandem. Haben Sie nicht -«, sie zögerte, aber dann sagte sie doch, »- ein Verbrechen begangen?«
    »Nein, ich bin zwar angeklagt werden - aber es ist doch alles zwecklos ...«
    Sie schaute ihm nach, als er fortging, und fühlte eine sonderbare Leere im Herzen.
    Am Nachmittag fuhren sie an zwei Torpedobootszerstörern vorbei, die anfragten, ob sie nicht die ›Polyantha‹ gesichtet hätten. Es wurde ihnen wahrheitswidrig mit »Nein« geantwortet. Gegen Abend erhielten sie einen Funkspruch, der mit Mr. Orford verabredet worden war.
    »Die ›Polyantha‹ ist angehalten und durchsucht worden«, erklärte Mr. Orford beim Abendessen.
    »Armer Bobby«, flüsterte Penelope. Bobby war an Bord geblieben, um die Rolle des reichen Besitzers zu spielen.
    »Bobby fällt das Lügen nicht schwer«, sagte John ruhig. »Er kann tausend Ausflüchte machen und ist nie um eine Ausrede verlegen. Wie geht es Ihrer Frau, Dorban?«
    Arthur lächelte geheimnisvoll, aber er gab keine Antwort.
    Am Abend saßen sie auf dem Achterdeck zusammen, als der Captain zu ihnen trat. John und Mr. Orford rauchten, Penelope kauerte in ihrem Deckstuhl, denn das Schlingern des Schiffes war etwas ungemütlich geworden. Dorban ging unruhig auf und ab.
    »Soeben habe ich einen Hilferuf aufgefangen, Mr. Orford«, sagte der Captain. »Das Schiff ›Pealego‹ ist auf ein Riff gelaufen und im Sinken.«
    »Was ist das denn für ein Schiff?«
    »Ein Passagierschiff, das von Vigo nach Funchal fährt, ein sonderbares Schiff, ich bin ihm schon mindestens ein dutzendmal in diesen Gewässern begegnet. Natürlich haben wir jetzt den Kurs ändern müssen und fahren auf die ›Pealego‹ zu. Das Unglück passierte ungefähr zwanzig Meilen von uns entfernt. Wir werden sehr bald auf ihre Rettungsboote stoßen.«
    Zwei Stunden waren vergangen, als sie Licht auf dem Wasser entdeckten. Durch Ferngläser erkannten sie zwei Boote, die nebeneinander ruderten.
    »Das ist schrecklich für uns«, sagte Mr. Orford und schüttelte den Kopf, »denn wir müssen diese Leute irgendwo an Land bringen. Und ich wollte meinen Fuß erst wieder auf festen Boden setzen, wenn wir die Mole von Boston erreicht hätten.«
    Die Mannschaft des Tankers hängte eine hellbrennende Lampe über das Fallreep, das heruntergelassen wurde, und sie lehnten sich über die Reling, um die Geretteten zu sehen, als sie an Bord gebracht wurden.
    Zuerst kamen zwei weinende Frauen in Matrosenmänteln, dann ein alter Mann, der ganz durchnäßt war. Hinter ihm tauchte ein großer, schlanker Mann auf, der das Aussehen eines Militärs hatte. Der erste, der ihm an Deck begegnete, war John, in dessen Gesicht kein Muskel zuckte, als der Mann auf ihn zukam.
    »Ich bin Inspektor Spinner - ich denke, wir kennen uns.«
    »Das ist wohl möglich«, erwiderte John kühl.
    »Sie sind der Earl von Rivertor, ein Sträfling, der wegen Herstellung falscher Banknoten zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Und dieses ist James Hollin, auch ein entflohener Sträfling, der fünf Jahre wegen Einbruchs abzusitzen hat. Sie sind beide am Vierzehnten des vergangenen Monats aus Dartmoor entflohen.«
    Mr. Dorban kam heran.
    »Ich kann diese Angabe nur bestätigen. Mein Name ist Arthur Dorban. Und dieser Mann -«, er zeigte auf John, »ist mein Vetter.«
    Zu Penelopes größtem Erstaunen wandte sich John mit einem strahlenden Lächeln an seinen schlimmsten Feind.
    »Jetzt bin ich meines Versprechens ledig, Arthur«, sagte er.
    Für Penelope Pitt war die nächste Nacht ein langer, schrecklicher Traum. Sie war so wenig imstande, Wirklichkeit und Traum voneinander zu unterscheiden, daß sie beinahe ernsthaft an ihrem Verstand zu zweifeln begann. John war der Earl von Rivertor, und er war ein
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