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0455 - Der Zeit-Zauberer

0455 - Der Zeit-Zauberer

Titel: 0455 - Der Zeit-Zauberer
Autoren: Werner Kurt Giesa
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dorthin, wo am Silberkettchen Merlins Stern lag, das zauberkräftige Amulett, das sie hier draußen vor etwaigen dämonischen Angriffen schützte. Vor langer Zeit, erinnerte Zamorra sich, mußte es einmal einer dieser unzähligen Sterne am Nachthimmel gewesen sein. So lange, bis der Zauberer Merlin diesen Stern vom Himmel holte und daraus das Amulett schuf.
    Zamorra war damals dabei gewesen. Es war zur Zeit des ersten Kreuzzuges gewesen, als Gottfried von Bouillon mit seinem Kreuzritter-Heer gerade Jerusalem erobert hatte. Eine Zeitreise in die Vergangenheit hatte Zamorra das alles miterleben lassen.
    Lange, sehr lange lag es zurück, und seine Erinnerungen verloren sich wieder in farbigen Träumen, als er erneut in tiefen Schlaf sank, bis die Sonne über dem Bergrücken im Osten erschien und nach der erfrischenden Nachtkühle es wieder warm wurde. Innerhalb kurzer Zeit stiegen die Temperaturen, und Zamorra richtete sich auf, schlug die dünne Decke zurück und vermißte Nicole neben sich.
    Augenblicke später sah und hörte er sie im Fluß. Als sie herübersah und feststellte, daß er auch erwacht war, kam sie einer Göttin gleich aus dem Wasser, ließ sich noch tropfnaß neben ihm nieder und begrüßte ihn mit einem Kuß. Zamorra störte sich an der Nässe nicht, zog Nicole zu sich herunter und ließ den neuen Tag mit Liebe und wilder Zärtlichkeit beginnen. Später tobten sie durch flaches Wasser, um sich zu erfrischen, bis es ihnen beiden zuviel wurde und sie sich wieder ans Ufer zurückzogen. Nicole strich ein paar nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht und lachte Zamorra mit glänzenden Augen an. Sie reckte ihren Körper der Sonne entgegen; Wassertropfen funkelten wie Diamanten auf ihrer Haut.
    »Brennglas-Effekt«, warnte Zamorra und griff nach einem Tuch, um sie und sich abzutrocknen. »Wie unromantisch«, lachte Nicole und küßte ihn wieder. »Weißt du, so wie heute und gestern könnte es immer sein.«
    »Das würde langweilig«, befürchtete Zamorra, dem solche Tage und Stunden der Ruhe neue Kraft gaben, die Kämpfe und Schrecken zu überstehen, die er sonst zu bestehen hatte. Doch daran mochte er jetzt nicht denken. »Erst die Abwechslung belebt.«
    »Für Abwechslung würde ich schon sorgen, mein Lieber«, hauchte Nicole und küßte ihn abermals verlangend. Doch diesmal löste er sich aus ihrer Umarmung.
    »He, wenn wir so weitermachen, sind wir heute abend noch nicht wieder im Château!«
    »Und was kann daran falsch sein?« fragte Nicole lächelnd.
    »Daß unsere Vorräte aufgebraucht sind«, stellte Zamorra fest. »Kein Wein mehr, kein Mineralwasser mehr, kein Brot und Käse und Fleisch mehr! Wir brauchen Nachschub. Mein Magen knurrt nach Frühstück.«
    Nicole deutete auf die Funktelefonantenne auf dem Kofferraumdeckel des Wagens. »Wir könnten anrufen und Raffael beauftragen, daß er uns Nachschub bringt.«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Muß nicht sein«, sagte er. »Auf dem Weg zurück können wir die Post abholen und schauen, ob Pascal wieder mal Zeitungsartikel gefunden hat.«
    »Dich drängt's nach neuen Abenteuern, wie?« fragte Nicole. Sie schüttelte den Kopf. Wenn es nach ihr ging, konnte es noch ein paar Wochen so streßfrei weitergehen. Aber wenn Zamorra schon wieder begann, sich für Zeitungsartikel zu interessieren…
    Er hielt ein paar Dutzend in- und vor allem ausländische Zeitungen im Abonnement, darunter auch etliche sogenannte Revolverblätter, in denen Schlagzeilen wie »Kind biß Hund - unser Reporter sprach zuerst mit den Frikadellen«, dominierten. Aber gerade in diesen Zeitungen tauchten Berichte über Spukerscheinungen und andere unerklärliche Vorfälle auf, und um die ging es dem Professor. Oft genug hatte ihn solch ein Zeitungsartikel auf die Spur eines Dämons oder Schwarzmagiers gebracht.
    Da sie aber meistens unterwegs waren, blieb ihm kaum Gelegenheit, diese Zeitungen selbst zu lesen und zu sortieren. Das erledigte ein junger Mann aus dem Dorf, Pascal Lafitte. Manche Artikel übersetzte er direkt, andere erkannte er anhand der Schlagzeilen und Fotos und präsentierte sie Zamorra. Dafür bekam er ein kleines Anerkennungshonorar. Mit der Zeit war zwischen Zamorra und Nicole einerseits und Lafitte und seiner Frau nebst Baby eine innige Freundschaft entstanden.
    Das Pech an der Sache war, fand Nicole, daß Pascal Lafitte fast ständig fündig wurde, was diese »verwertbaren« Artikel anging - und das meist zur unrechten Zeit.
    »Also, die Artikel und die Post holst du
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