0452 - Udexa kommt
Pfarrer. Und ihr könnt mich davon nicht abbringen…«
***
Hatte nicht der blinde Fenton von einer Kröte gesprochen, die Haushöhe erreichen würde?
Ja, so war es gewesen, und ich mußte gestehen, daß er sich keinesfalls getäuscht hatte.
Was da aus den trüben Fluten des Sumpfs in die Höhe wuchs, war ein so monströses Gebilde, daß mir fast die Worte fehlten, um es zu beschreiben. Jedenfalls kroch eine Riesenkröte hervor. Ein Monstrum mit Ausmaßen, wie ich sie noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Schrecklich, grauenhaft, einfach fürchterlich.
Hoch wie ein kleiner Turm, dabei sehr breit und mit einem Maul ausgestattet, für das der Vergleich eines offenstehenden Scheunentores in Frage käme.
Über dem Maul sah ich die Augen. Zwei auf den Kopf gestellte Ovale, die mich an Laternen erinnerten. Von gelbem Licht ausgefüllt, mit einem leichten roten Schimmer darin, der mir vorkam wie eine erstarrte Flamme. Da beide Maulhälften offenstanden, sah ich die mächtigen Zähne, die an gekrümmte Schwerter erinnerten.
Dieser Anblick verschlug mir nicht nur die Sprache, er schuf auch eine Gänsehaut, die einfach nicht von meinem Rücken weichen wollte. Sie zog sich hoch bis zum Hals, um sich dort zu manifestieren.
Wir sahen das Maul, und der dazu im schrägen Winkel stehende Körper verschwand fast unter dem Schatten, den das gewaltige Maul warf. Die Kröte hockte jetzt auf dem Sumpf, der Blick glitt über uns hinweg. Sie war auch noch ziemlich weit entfernt, doch ich konnte mir vorstellen, daß sie uns mit einem einzigen Sprung erreichen und in die Tiefe des Sumpfs pressen würde.
Tat sie das?
Suko und ich kamen uns winzig vor. Wir hatten die Köpfe in den Nacken gelegt, um überhaupt in das Gesicht der Kröte schauen zu können. Vor uns wuchs sie auf wie ein gewaltiges Gebirge, das auch nicht mehr verschwinden wollte, denn irgend etwas hatte sie vor.
Ihr Helfer war gestorben. Wir trugen daran die Schuld. Würde sie sich rächen?
Noch blieb das Maul in dieser Haltung. Sie öffnete es nicht mehr weiter. Im Gegenteil, sie klappte es sogar zu. Als die schwertartigen Zähne gegeneinander rieben, glaubte ich sogar, die schleifenden Geräusche zu vernehmen, die dabei entstanden.
Würde sie jetzt springen?
Nein, die blieb hocken, aber sie bewegte sich, und durch ihren Körper rann ein Zucken.
»Jetzt!« raunte Suko.
Er irrte sich. Die Kröte tat nichts. Sie blieb auf der Oberfläche sitzen, sie ignorierte uns einfach, als wären wir nur Würmer und ihrer sowieso sicher.
»Wie willst du die stoppen?« fragte Suko.
»Ich kann ihr ja ins Maul spucken.«
»Ja, aber mit Feuer.«
Wir schwiegen, denn die Kröte bewegte sich. Es sah aus dieser Entfernung träge aus, wie sie ihren Körper zur Seite wuchtete und sich dann abstieß.
Beide bekamen wir noch größere Augen. Es war uns, als würde ein gewaltiges Geschoß durch die Luft fliegen, sich dabei drehen, um dann ein neues Ziel zu erreichen.
Sie klatschte wieder in den Sumpf.
Diesmal hörten wir das Geräusch. Wieder spritzten Schlamm- und Wasserfontänen in die Höhe. Wellenberge entstanden, die in vier verschiedene Richtungen rollten und auch unsere nicht ausließen.
Da kam eine regelrechte Wand aus Gras, Schlamm und Wasser, die sehr schnell unser Boot erreichte, es durchschüttelte, anhob, wieder in die Tiefe senkte und es zu einem regelrechten Spielball degradierte.
Zum Glück war der Kahn stabil gebaut. Die Massen machten ihm nichts, als sie gegen die Bordwand hieben, sie schüttelten ihn nur mehr durch, ansonsten mußten wir uns festklammern, um nicht über Bord gestoßen zu werden.
Udexa verschwand.
Sie tauchte einfach unter. Es sah so aus, als hätte sie die gewaltige Fläche verschluckt, denn sie war noch größer als das Monstrum.
Wir atmeten tief aus, waren zunächst einmal beruhigt, aber das drückende Gefühl blieb trotzdem.
»Ich komme mir vor wie Kapitän Ahab, als er in seinem Boot saß und Moby Dick fangen wollte. Plötzlich schoß der Wal hoch und der Kahn auch. Das kann uns mit der Kröte ebenfalls passieren.«
Suko sprach dagegen. »Glaube ich nicht, John. Die Kröte ist kein Wal, die hat auch andere Ziele.«
»Und welche?«
»Sie wird sich alles holen wollen. Bisher hat ihr Helfer für den Nachschub gesorgt. Der ist tot. Nun holt sich Udexa die Leute selbst. Wye wird das Grauen erleben.«
»Dann rechnest du also damit, daß Udexa in die Stadt einfallen wird, oder wie?«
»Nicht nur in die Stadt. Erinnere dich an den
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