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045 - Die Blut GmbH

045 - Die Blut GmbH

Titel: 045 - Die Blut GmbH
Autoren: Hugh Walker
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jedenfalls keiner von denen. Und trotzdem hatte mich dieses fahle Licht vor ein paar Minuten noch wie ein guter Bourbon aufgemöbelt. Ich verstand es nicht.
    Waren sie wirklich Vampire? Jetzt, da ich trotz der seltsamen Umgebung wieder nüchterner denken konnte, schien es mir eher, daß die Angst mit mir durchgegangen war. Der Mond mochte das seine dazu beigetragen haben. Wie schnell man die alten Legenden zu glauben bereit war, wenn man den Kontakt zur Realität ein wenig verlor. Andererseits – diese Gier des Mädchens nach meinem Blut, ihre Kälte, der Geruch nach – Leichen. Ich wußte, wie Leichen nach einer Weile rochen.
    Aber es war verrückt. Natürlich – mit diesen Leuten stimmte irgend etwas nicht. Aber Vampire? Drakulas Privatklinik? Immerhin – ich konnte wieder grinsen.
     

    Ein paar Minuten waren wohl vergangen, da meldete sich eine männliche Stimme.
    „Sie da drinnen … Hören Sie mich?“
    „Gut genug. Wer sind Sie?“ Ich war aufgesprungen und zur Tür gegangen.
    „Ich bin Dr. Lükaar. Es hat wohl wenig Sinn, wenn ich Sie auffordere, herauszukommen?“
    „Allerdings“, stimmte ich zu. „Sehr wenig.“
    „Wir wissen, daß Ihre Freunde schon auf dem Weg hierher sind. Was fürchten Sie also?“
    Ihre durstigen Schwestern, dachte ich. Aber ich sagte es nicht. Ich gab ihm überhaupt keine Antwort darauf. Statt dessen fragte ich: „Was tun Sie eigentlich mit dem Blut, das Sie Ihren Patienten abnehmen?“
    „Trinken“, erwiderte er und lachte schallend. „Das haben Sie doch sicher schon herausgefunden, oder?“
    Ich gab keine Antwort.
    Nach einem Augenblick fuhr er fort: „Haben Sie nicht das Türschild gelesen an meinem Büro?“
    „Nein“, sagte ich.
    „Oh, dann wissen Sie ja gar nicht, wie mein Name geschrieben wird. A. Lükaar. A steht für Alfred. Und Lükaar ist nur eine kleine Marotte meinerseits, um die Wahrheit ein wenig zu verschleiern. Ich bin kein Franzose. Im Gegenteil, ich stamme aus dem Osten. Der Name schreibt sich Lukard – A. Lukard …“
    Als er daraufhin schwieg, fragte ich: „Na und?“
    Er lachte leise, und es klang ein wenig unheimlich. „Sie müssen es von rückwärts lesen.“
    Ich tat es. Darauf war Schweigen – beiderseits.
    Ein Verrückter, dachte ich beinahe erleichtert. Ein Verrückter zog in unserer Stadt eine Gruselschau ab. Es wird Zeit, daß man ihm das Handwerk legt.
    Nach einer Weile zog ich mein Hemd aus, oder was davon übrig war. Wenn ich schon sonst nicht viel an Beweismaterial mitbringen würde, dann wenigstens eine dieser Fledermäuse, auch wenn ihr Wert zweifelhaft war. Ich nahm eines der nächsten Tiere samt Pfahl und Podest und wickelte es sorgfältig in den Hemdrest ein. Dann arrangierte ich die Nächststehenden so, daß das Fehlende nicht sofort bemerkt wurde.
    Dabei kippte eines um.
    Das Tier glitt von seinem Pfahl. Bevor ich danach greifen konnte, begann es zu flattern und tat einen Sprung vorwärts, hinunter vom Tisch. Ich war zu erschrocken, um sofort zu reagieren. Als ich endlich hinterher sprang, schien das Tier seine Lebensgeister voll zurückgewonnen zu haben. Es entglitt meinen Fingern und flatterte hoch, dabei quietschende Laute ausstoßend. Ich stolperte über den Stuhl, der krachend umfiel.
    „Was geht da drinnen vor?“ Das war Lukards Stimme. Aber ich kümmerte mich nicht darum. Denn mit der Fledermaus ging eine merkwürdige Verwandlung vor.
    Sie wuchs.
    Und während sie wuchs, veränderte sie ihre Gestalt.
    „Rühren Sie nichts an! Hören Sie mich? Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, rühren Sie nichts an!“
    Da seine Warnung ohnehin zu spät kam, hatte es wenig Sinn, noch darauf zu antworten. Außerdem lähmte mich, was ich sah.
    Die flatternde Gestalt landete vor mir, groß nun wie eine Raubkatze, und hob den Kopf. Die Travestie eines menschlichen Gesichtes starrte mich an, die Augen lodernd, die Zähne entblößt, alles in die rötliche Glut des Lichtes getaucht. Und während es mich anstarrte, wuchs es weiter. Es richtete sich auf und überragte mich um einen ganzen Kopf. Es war nicht so sehr Furcht, die mich in diesem Augenblick lähmte, sondern Faszination. Hier, vor meinen Augen deutlich sichtbar, wiederholte sich jenes nächtliche Erlebnis, nur im umgekehrten Vorgang. Damals hatte sich die menschliche Gestalt in eine Fledermaus verwandelt, und ich hatte es verleugnet, weil es zu unglaublich gewesen war. Und jetzt wurde aus einer Fledermaus ein Mensch, oder wenigstens eine menschliche Gestalt. Das war der
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