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0413 - Der Nebel-Vampir

0413 - Der Nebel-Vampir

Titel: 0413 - Der Nebel-Vampir
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nichts mehr. Selbst wenn sie sofort Blutersatz bekäme… es würde niemals ausreichen. Es ist vorbei, mein Junge. Kommen Sie erst mal, setzen Sie sich und trinken Sie einen Whisky. Meinetwegen auch drei. Sie brauchen’s jetzt. Und dann müssen Sie mir erzählen, wie das passieren konnte. Da stimmt doch eine ganze Menge nicht…«
    ***
    Der Unheimliche, an dem nichts Menschliches war, hatte sich längst zurückgezogen. In ihm pulsierte neue Kraft, die er in sich aufgesogen hatte. Das Opfer war äußerst vital gewesen. Es hatte ihm seine Angst geschenkt, und sein Blut. Damit kam er erst einmal für eine gewisse Zeit zurecht. Das Blut des zweiten Menschen wäre schon zuviel gewesen. Er hätte es nicht verarbeiten können. Aber er wollte es auch nicht speichern. Er jagte lieber frische Beute, wenn der Durst zurückkehrte.
    Der Unheimliche schwebte über der Nebelnacht, zog seine Kreise. Er war stolz darauf, daß das andere Opfer ihn nicht einmal wahrgenommen hatte.
    Vielleicht würde er es sich später holen.
    Aber Geschöpfe, die wehrlos waren und Angst verspürten, waren ihm weitaus lieber. An ihnen konnte er sich doppelt weiden. Sie mußten seine Nähe spüren.
    Er war zufrieden. Mit gleitenden Schwingenschlägen kehrte er heim.
    Zufrieden und satt…
    ***
    »O nein, mein Junge. Die Story nehme ich Ihnen nicht ab, Stanley.« Doc Murphey schüttelte energisch den Kopf. »Sie flunkern mir etwas vor, um die wahre Todesursache zu verschweigen. Niemand kann einfach so sterben und dabei blutleer werden.«
    »Blutleer… aber wieso?«
    »Ich weiß es auch nicht. Aber ich weiß, wie jemand aussieht, der keinen Tropfen Blut mehr in den Adern hat. Ich schätze, daß sich die Polizei dafür interessieren muß. Eine Obduktion wird nötig sein, und die werde nicht ich vornehmen.«
    »Polizei?« stieß Stanley Cameron hervor. »Aber – aber wieso? Glauben Sie etwa…?«
    »Ich glaube gar nichts«, erwiderte Murphey vorsichtig. »Vor allem nicht ihre Geschichte. Schlüsse zu ziehen, werde ich anderen überlassen, die mehr davon verstehen. Das hier geht über meine Kompetenzen hinaus. Ich bin nur davon überzeugt, daß Ihre Frau weder eines natürlichen Todes noch an einer Krankheit gestorben ist.«
    Stanley fuhr hoch. Die vier Whiskys, die er schnell getrunken hatte, machten sich bemerkbar. Er schwankte leicht, und seine Stimme klang schwerfällig. »Doc, wollen Sie etwa behaupten – ich hätte Juliet ermordet?«
    »Ich behaupte nichts, und ich äußere keine Vermutungen. Ich sage nur das, was ich weiß. Und jetzt rufe ich die Polizei an.«
    Stanley sank in den Sessel zurück. Er schloß die Augen.
    Juliet ermordet…? Aber von wem? Es war doch niemand da gewesen. Da war nur etwas Unsichtbares, vor dem sie Angst gehabt hatte.
    Stanley zitterte. Er gab sich die Schuld an Juliets Tod. Wenn er doch auf sie gehört hätte! Wenn er von Anfang an schneller gefahren wäre… aber er hatte ihre Angst nicht ernst genug genommen.
    Und jetzt war sie tot.
    Einfach neben ihm im Auto gestorben, und er hatte nichts für sie tun können. Sie hatte um Hilfe geschrien, und er hatte ihr nicht geholfen…
    Ihm war alles egal.
    Mochten sie ihn mitnehmen und einsperren. Juliet war tot, und damit war ein Teil von ihm mitgestorben.
    »Warum?« flüsterte er heiser. »Warum Juliet?«
    Er versank in dumpfes Brüten und Selbstvorwürfe. Daß Murphey mit der Polizei telefonierte, bekam er schon gar nicht mehr mit.
    Am liebsten wäre er selbst ebenfalls gestorben…
    Die Morgendämmerung kam und vertrieb den Nebel. Aber Stanley Camerons Kummer konnte sie nicht vertreiben. Nie mehr.
    ***
    Über dem Loire-Tal schien die Sonne.
    Es war zwar nicht mehr ganz so heiß wie in den vergangenen Wochen, aber die Regenfront, die zwei Tage lang über das Land gezogen war, hatte nur wenig Abkühlung gebracht. Professor Zamorra gönnte sich den Luxus, am Swimmingpool von Château Montagne zu faulenzen und sich von den zurückliegenden Strapazen zu erholen.
    »Au wei, mit der Ruhe ist’s vorbei«, murmelte er, als ein Schatten über ihn fiel. Nicole Duval, seine Sekretärin und Lebensgefährtin, war von ihrem Kurztrip nach Roanne zurückgekehrt.
    »So siehst du das also«, stellte sie fest, bückte sich und griff zu. Ehe Zamorra begriff, wie ihm geschah, hebelte Nicole den neben dem Pool stehenden Liegestuhl samt dem darauf liegenden Faulenzer und Lästerer mit schnellem Ruck über die Marmorkante ins kühle Naß.
    Japsend kämpfte Zamorra sich wieder an die Oberfläche,
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